Der afrikanische Staat

Problemanalyse und Lösungsansätze


Essay, 2009

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Problemanalyse

3. Lösungsansätze

4. Zusammenfassung - Mehr Problem als Lösung?

5. Anhänge
5.1 Freie, teilweise freie und unfreie afrikanische Staaten (Stand: 2008)
5.2 Verhältnis zwischen freien, teilweise freien und unfreien Staaten heutzutage und den Kolonialmächten zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung eines afrikanischen Staates

6. Quellenangaben

1. Einleitung

Der vorliegende Essay analysiert im ersten Teil die Probleme des afrikanischen Staates. Basierend auf der Problemanalyse werden im zweiten Teil Lösungsansätze aufgezeigt. Meine These ist, dass der Problemanalyse des afrikanischen Staates eine Vielzahl von Lösungsansätzen inhärent sind. Dieser Essay versteht sich ausschließlich als eine Einleitung in das komplexe Themenfeld der Problem- und Lösungsanalyse des afrikanischen Staatsgefüges. Eine weiterführende Recherche bleibt unerlässlich.

2. Problemanalyse

Laut Freedom House galten im Jahr 2008 insgesamt 11 afrikanische Staaten als frei (liberale Demokratien), 24 Staaten als teilweise frei (hybride Regime zwischen autoritärer und demokratischer Herrschaft) und als nicht frei (autoritärer Staat) wurden 18 Staaten beurteilt (Siehe Anhang 1).[1] Demnach wird noch immer „die Mehrheit der afrikanischen Staaten autoritär regiert“[2]. Als Gründe für die andauernde Existenz autoritärer Regime gelten allgemein das Ausüben von „Repressionsinstrumenten[3] (...), Ressourcenreichtum, Neopatrimonialismus und eingeschränkter Mehrparteienwettbewerb“[4]. Der Ressourcenreichtum gewährt das Überleben autoritärer Regime (Rentierstaatshypothese), da zum einen umfängliche neopatrimoniale Bindungen unterhalten werden können und zum anderen ausländische Interventionen zur strategischen Ressourcensicherung (insbesondere China, USA, Franreich, Indien, Japan) getätigt werden.[5] Es kommt zu zwei makroökonomischen Phänomenen, zum einem zum „Ressourcenfluch“[6] und daraus resultierend, zur „Holländischen Krankheit“[7].

Der Neopatrimonialismus (eine Mischform aus klassisch patrimonialer und legal-rationaler Herrschaft) ist einer der Eckpfeiler autoritärer Regime. Die herrschende Elite oder der ‚big man’ an der Staatsspitze (Patron) sichern sich ihre Macht durch das Verteilen von persönlichen Gefälligkeiten und Staatsressourcen an ihre Anhänger (Klienten).[8] Die Konsequenzen sind „Korruption“[9], Nepotismus, sowie „Verfallsprozesse der modernen, bürokratisch-rationalen Staatselemente“[10]. Die Gewährung eines kontrollierten Mehrparteienwettbewerbs (elektoraler Autoritarismus) oder die Zulassung von Wahlen zählen zu den „beliebtesten Absicherungsstrategien autoritärer (...) Herrschaft“[11]. Doch insbesondere die schwache, neopatrimoniale Staatlichkeit hat gravierende Auswirkungen. Sie „ist letztlich die strukturelle Ursache für die Prozesse des Staatsversagens, Staatsverfalls und schließlich des Staatszerfalls“[12]. Immerhin sind „drei Viertel der Staaten Afrikas (...) von strukturellen Defiziten betroffen oder gar als Staaten nicht mehr existent“[13]. Das Staatsversagen ist davon gekennzeichnet, dass zwar das Gewaltmonopol intakt ist, jedoch Performanzdefizite bestehen und die Legitimität des Staates angezweifelt wird. Beim Staatsverfall ist das Gewaltmonopol territorial begrenzt, der Staat wird als para-souverän beschrieben. Wenn der Staat sein Gewaltmonopol verliert, spricht man von Staatszerfall.[14] Staatsversagen und Staatsverfall führen zur schwindenden Fähigkeit des Staates, seine Kernaufgaben[15] wahrzunehmen. Der Bürger verliert den Glauben an den Staat und an dessen Legitimation.[16] Staatszerfall resultiert in der Etablierung einer Kriegsherrschaft durch Kriegsherren. Die Demokratie ist dauerhaft ausgehebelt, Bodenschätze werden ausgebeutet, das Land wird geplündert.[17]

Ein weiteres Problem für den afrikanischen Staat: die Entwicklungshilfe, die sich den Vorwurf gefallen lassen muss, grundlegende Veränderungen zu erschweren statt zu befördern.[18] So schwächt die Entwicklungshilfe[19] nationale Mobilisierungsanstrengungen (beispielsweise beim Aufbau und der Umsetzung von Steuererhebungsinstrumenten), sie beeinflusst das Verhältnis der Partnerregierungen zur jeweiligen Bevölkerung, sie begünstigt rentier-staatliche Strukturen, sie trägt dazu bei, dass öffentlich soziale Dienstleistungen ausgeweitet werden, sie bindet erhebliche Kapazitäten von Regierungen und Verwaltungen für die Kommunikation mit den Gebern und schließlich kann sie dysfunktionale Anreize auf die in der öffentlichen Verwaltung Beschäftigten ausüben.[20] Weitere negative wirtschaftliche Faktoren sind: niedrige Auslandsinvestitionen[21], hohe Verschuldung[22], die starke Urbanisierung und damit verbunden die Schwächung der Landwirtschaft, überhöhte Wechselkurse für Landeswährungen, Bevorzugung von staatlichen Vermarktungsmonopolen, die Benachteiligung des lokalen Handwerks und der Klein- und Mittelunternehmen, die Import-Substitutions-Industrialisierung (ISI), Auswanderung überschüssiger Fachkräfte[23] und schlussendlich die neoliberale Strukturanpassungspolitik[24].

Auch der Kolonialstaat trug zur prekären Staatlichkeit bei, denn er „hinterließ keine legal-bürokratische Tradition, keine breite Kultur bürokratischer Herrschaft, die sich auf Fachbeamtentum und rationales Recht stützen konnte“[25]. Während Großbritannien eine ‘indirekte Herrschaft’ (mit Hilfe der einheimischer Autoritäten) ausübte, praktizierten Frankreich, Belgien und Portugal die ‚direkte Herrschaft’ (ausschließlich mittels europäischer Kolonialbeamter und gekennzeichnet durch Zerschlagung traditioneller Herrscherfunktionen).[26]

Allgemeine Herausforderungen an den afrikanischen Staat stellen folgende Problemfelder dar: Naturkatastrophen wie Dürre und Flut[27], die Seuche Hunger, die Seuche HIV/AIDS (geschätzte 22 Millionen HIV-Infizierte in Subsahara-Afrika, 2008)[28], die hohe Zahl der Flüchtlinge (insgesamt 10,484 Millionen, 2007)[29], die Ausweitung des internationalen Terrorismus, Drogen-, Waffen- und Menschenhandels[30], das niedrige Bildungs- und Ausbildungsniveau, Arbeitslosigkeit, Armut, die endemische Kriminalität[31], aber auch die politisierte ethnische Identität[32].

[...]


[1] Freedom House, Map of Freedom in the World. URL: http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=363&year=2008. Stand: 05.01.2009.

[2] Erdmann, Gero: Demokratie in Afrika. In: GIGA Focus Afrika, Jg. 2007, Heft 10, S. 7.

[3] Erdmann, Gero / Soest, Christian von: Diktatur in Afrika. In: GIGA Focus Afrika, Jg. 2008, Heft 8, S. 4. Lt. Erdmann/Soest sind Repressionsinstrumente „ein breit gefächerter Repressionsapparat, der die Armee, eine brutal agierende Polizei, die Geheimpolizei, Spitzelnetzwerke, paramilitärische Schlägertrupps, eine willfährige Justiz und Staatsverwaltung umfasst wie auch staatlich kontrollierte Medien, die für Indoktrination, Falschinformation und Propaganda sorgen“.

[4] Ebd. Erdmann / Soest (2008), S. 1.

[5] Ebd. Erdmann / Soest (2008), S. 5-6.

[6] Eigen, Peter: Arm im Überfluss – Ressourcenfluch in Afrika? URL: http://www.forumeinewelt.de/servlet/PB/show/ 1699916/Peter%20Eigen%20Arm%20im%20berfluss%20-%20Ressourcenfluch%20in%20Afrika.pdf. Stand: 07.01.2009.

[7] Klingebiel, Stephan: Mehr Geld - mehr Wirkung? Neue Risiken durch vermehrte Entwicklungshilfe. In: GIGA Focus Afrika, Jg. 2006, Heft 11, S. 2. Die Holländische Krankheit ist ein ökonomisches Konzept, das zu erklären versucht, wieso durch die Ausbeutung natürlicher Ressourcen die internationale Wettbewerbsfähigkeit im verarbeitenden Sektor abnehmen kann.

[8] Ebd. Erdmann / Soest (2008), S. 5.

[9] Noack, Paul: Korruption und Demokratie - eine perverse Beziehung. In: Internationale Politik, Jg. 1998, Heft 4, S. 37-43.

[10] Erdmann, Gero: Apokalyptische Trias: Staatsversagen, Staatsverfall und Staatszerfall - strukturelle Probleme der Demokratie in Afrika. In: Bendel, Petra / Croissant, Aurel / Rüb, Friedbert (Hrsg.), Demokratie und Staatlichkeit, Systemwechsel zwischen Staatlichkeit und Staatskollaps, Opladen: Leske+Budrich 2003, S. 280.

[11] Ebd. Erdmann / Soest (2008), S. 6.

[12] Ebd. Erdmann (2003), S. 280.

[13] Ebd. Erdmann (2003), S. 268.

[14] Engel, Ulf / Tull, Denis M.: Staatszerfall in Afrika. URL: http://www.politische-bildung-brandenburg.de/programm/ veranstaltungen/2005/staatszerfallafrika.pdf. Stand: 02.01.2009.

[15] Ebd. Erdmann (2003), S. 282. Lt. Erdmann sind die Kernaufgaben des Staates: „Sicherheit der Staatsbürger, Kontrolle des Staatsgebietes, Garantie von Sicherheit und Ordnung, Bereitstellung der physischen Infrastruktur, Gewährung einer Grundversorgung für Bildung und Gesundheit.“

[16] Ebd. Erdmann (2003), S. 287.

[17] Ebd. Erdmann (2003), S. 281.

[18] Maull, Hanns W.: Deutsche Außenpolitik - Hanns W. Maull über Deutschland zwischen Afrika und Europa. In: Internationale Politik, Jg. 2007, Heft 3, S. 131-132.

[19] Klingebiel, Stephan: (2006), S. 3. Lt. Klingebiel ergibt sich folgender Finanzzufluss für Subsahara-Afrika: 55 % Entwicklungshilfe, 25% ausländische Direktinvestitionen, 15 % Überweisungen von Gastarbeitern und 5 % sonstige private Zuflüsse.

[20] Ebd. Klingebiel, Stephan: (2006), S. 5.

[21] Waller, Peter P.: Der Durchbruch Afrikas im 21. Jahrhundert? Das „Millennium Africa Renaissance Programme“. In: Internationale Politik, Jg. 2001, Heft 11, S 6.

[22] Ebd. Erdmann / Soest (2008), S. 5.

[23] Kappel, Robert: Weiter so in der Afrika-Kooperation? - oder warum eine neue Diskussion im Lichte neuer Theorien ansteht. In: E+Z - Entwicklung und Zusammenarbeit, Jg. 1999, Heft 12, S. 339. Die Auswanderung überschüssiger Fachkräfte wird auch „Brain Drain“ genannt.

[24] Ebd. Erdmann (2003), S. 278.

[25] Ebd. Erdmann (2003), S. 279.

[26] World Bank: Improving Governance, Managing Conflict, and Rebuilding States. 2000, S. 56.

[27] Ebd. Erdmann (2007), S. 2.

[28] UNAIDS: Status of the global HIV epidemic - 2008 Report On The Global Aids Epidemic. URL: http://data.unaids.org/ pub/GlobalReport/2008/jc1510_2008_global_report_pp29_62_en.pdf. Stand: 08.01.2009.

[29] UNHCR: Auf einen Blick. URL: www.unhcr.de/fileadmin/unhcr_data/pdfs/aktuell/AufeinenBlick08b. Stand: 31.12.2007. Die Zahl berücksichtigt: Flüchtlinge (2,721 Mio.), Asylsuchende (0,252 Mio.), Rückkehrer (1,971 Mio.), Binnenvertriebene (5,888 Mio.), Staatenlose (0,1 Mio.).

[30] Kühne, Winrich: Krisenherd vor Europas Tür. Deutsche und europäische Verantwortung für Afrika. In: Internationale Politik, Jg. 1996, Heft 9, S 23.

[31] Leistner, Erich: Südafrika-Jahresüberblick für 2001. URL: www.austrianbc.co.za/html/dec2001.htm. Stand: 04.01.2009.

[32] Ebd. Erdmann (2003), S. 275.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der afrikanische Staat
Untertitel
Problemanalyse und Lösungsansätze
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Afrikanistik)
Veranstaltung
Der Staat in Afrika
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
16
Katalognummer
V140938
ISBN (eBook)
9783640479412
ISBN (Buch)
9783640479603
Dateigröße
370 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Staat, Problemanalyse, Lösungsansätze
Arbeit zitieren
Thomas Seifert (Autor:in), 2009, Der afrikanische Staat , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140938

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