Die Zeit tritt uns in der Geschichte in vielfältiger Form entgegen. Die Unterschiede sind nicht nur oberflächlich; sie reichen bis in ihre kategoriale Struktur. Wir können nicht sicher sein, dass wir fremde Zeiten überhaupt verstehen. Weshalb dachten sich die Arunta die Vorzeit als eine Zeit des „dreaming“? Und weshalb dachten die Maya die Zeit als Gott, von einem Gott auf dem Buckel getragen? Und warum suchte Parmenides aus der Zeit das Werden auszuschließen? Jede Frage nach dem „Warum“ einer historischen Zeit fragt nach Gründen, die ihrerseits historischer Natur sind. Ersichtlich versteht man die Zeit nur, wenn man sie in ihrer Geschichte versteht. Nur versteht man ihre Geschichte erst, wenn man sie in einer umfassenderen Geschichte des Geistes versteht. Die Zeit in der Geschichte verfolgt dieses doppelte Ziel: die Entwicklungslogik der Zeit aus einer Entwicklungslogik der Geschichte verständlich zu machen.

Der Autor: 
Dr. Günter Dux ist Prof. emeritus am Institut für Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.