Pierre Bourdieu (1930-2002), als Soziologe ebenso berühmt wie als Globalisierungskritiker umstritten, hat uns Fragen hinterlassen: Was war der Treibsatz seiner Karriere, seiner vielen Veröffentlichungen und seines politischen Engagements? Wer war er wirklich: der scharfsinnige Denker seiner Studienjahre, der rastlose Forscher der Folgezeit, der spätere Verkünder einer künftigen Katastrophe oder nur ein extrem ehrgeiziger Intellektueller? Wie passt das alles zusammen? Kein Wunder, dass auch Experten bis heute hierüber streiten. War er doch – je nach den Umständen – mal mehr das Eine, mal mehr das Andere, manchmal auch alles zugleich. Stets aber hat er verborgene Formen sozialer Benachteiligung und Unterdrückung aufgedeckt und gebrandmarkt. So erschließen die Einheit und Größe seiner Lebensleistung und Person sich erst aus der moralischen Perspektive einer Achtung aller Menschen, gerade auch derer, denen unsere Gesellschaft die Anerkennung versagt.