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„Wandel durch Annäherung“? Gesellschaftliche Konflikte im Kontext der Flüchtlingsunterbringung im ländlichen Sachsen

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FluchtMigration und gesellschaftliche Transformationsprozesse

Zusammenfassung

Im Zuge erhöhter Fluchtmigration nach Deutschland seit dem Jahr 2014 sind Gemeinden und Bevölkerung damit konfrontiert, Zugewanderte unterzubringen. So werden auch Regionen einbezogen, die bis dato stark von Abwanderung geprägt waren, sodass die Neu-Zugewanderten theoretisch zu einer demografischen Stabilisierung beitragen könnten. Die alteingesessene Bevölkerung steht diesem Wandel jedoch teils kritisch gegenüber. In der Analyse einer Bürgerversammlung im Vorfeld einer Ansiedlung von Asylsuchenden lässt sich exemplarisch zeigen, wie lokal-globale und gesellschaftstheoretische Argumente vorgetragen werden, um gegen Zuwanderung zu argumentieren. Den Argumentationen liegen essenzialisierende Identitätskonstrukte zugrunde, mit denen im öffentlichen Raum Gemeinsamkeit gesucht und hergestellt wird. Die Feindlichkeit gegenüber Ausländer/innen ist nicht monokausal zu erklären. Aus den Redebeiträgen lassen sich Aspekte der relativen Deprivation ebenso erkennen, wie eine Überhöhung der Eigengruppe und stereotype rassistische Bilder.

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Notes

  1. 1.

    So weist die polizeiliche Kriminalstatistik für 2015 insgesamt 279 Attacken gegen Flüchtlingsunterkünfte auf, davon allein 74 oder ein Viertel aller Übergriffe im Freistaat Sachsen.

  2. 2.

    MDR Info berichtete am 25.04.2016: „In Sachsen hat die Zahl politisch motivierter Straftaten zugenommen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, aus dem die Leipziger Volkszeitung vorab zitiert. Danach wurden im vergangenen Jahr mehr als 4000 solcher Delikte erfasst – ein Drittel mehr als 2014. Rechtsextreme Fälle machen etwa zwei Drittel aus.“

  3. 3.

    An der TU Chemnitz forscht eine interdisziplinäre Forscher/innen-Gruppe seit 2014 zu „Flüchtlingen in Sachsen“ (FIS) und nimmt regionalpolitische, verwaltungstechnische, organisationale Perspektiven auf FluchtMigration ebenso in den Blick, wie die Perspektiven der ortsansässigen Bevölkerung, sozialer Gruppen und der FluchtMigrant/innen. Die Forschungsgruppe ist angegliedert an die Europäische Forschungsinitiative „Refugees in European Localities: Reception, Perceptions and Policies“, die sich mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Flüchtlingsaufnahme und ihrer Integration in den verschiedenen Staaten und Regionen Europas befasst.

  4. 4.

    Ipsen spricht in diesem Zusammenhang von einer „Digitalisierung des metaphorischen Stammtischs“ (ebd. 2015, S. 97), in welchem sich Menschen in „homogenen Diskursgruppen“ zusammenschließen (ebd.) und im Web 2.0 nur die Inhalte teilen, die ihr jeweiliges Weltbild stützen.

  5. 5.

    Verwendete Sprecherbezeichnung/Transkriptionszeichen: Cm die Buchstabenkombination kennzeichnet den jeweiligen/die jeweilige Sprecher/in (Großbuchstabe fortlaufend nach Alphabet, m/w für männlich bzw. weiblich); „└“: Beginn einer Überlappung bzw. direkter Anschluss beim Sprecher/inwechsel; „(.)“: Pause bis zu einer Sekunde; „(1)“ Anzahl der Sekunden, die eine Pause dauert; „nein“: betont; „.“: sinkende Intonation; „;“: leicht sinkende Intonation; „,“: leicht steigende Intonation; „?“: stark steigende Intonation; „[…]“: Auslassung; „ja:“: Dehnung (TiQ Richtlinien). Das Transkript bildet das Gehörte ab und folgt daher nicht den Regeln der deutschen Rechtschreibung.

  6. 6.

    Unterschiedliche Gründe, den Hassreden nicht zu widersprechen, sind denkbar und hinsichtlich des demokratischen Austausches auch zu problematisieren. An dieser Stelle beziehen wir uns allein auf empirisch nicht vorkommende Gegenrede, ohne über Beweggründe zu spekulieren.

  7. 7.

    Einen (auch quantitativ) ähnlichen Mythos konstatiert Treber in Bezug auf die Wiederaufbauleistung der deutschen „Trümmerfrauen“ (2014).

  8. 8.

    „Unter Enttraditionalisierung ist jedoch alles andere zu verstehen als eine Gesellschaft ohne Traditionen. Der Begriff bezieht sich vielmehr auf eine Gesellschaftsordnung, in der sich der Status der Tradition gewandelt hat: Aufgrund der voranschreitenden Globalisierung müssen sich die Traditionen gegen ständige Infragestellung behaupten“ (Beck et al. 1996, S. 13).

  9. 9.

    Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde am 29.09.2015 von der Bundesregierung Deutschlands beschlossen (siehe: Bundesrat Drucksache 447/15).

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Glorius, B., Schondelmayer, AC., Dörfel, R. (2018). „Wandel durch Annäherung“? Gesellschaftliche Konflikte im Kontext der Flüchtlingsunterbringung im ländlichen Sachsen. In: Goebel, S., Fischer, T., Kießling, F., Treiber, A. (eds) FluchtMigration und gesellschaftliche Transformationsprozesse. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19036-1_6

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