Möglichkeiten, durch Public Anthropology Rassismus in postkolonialen Bezügen sichtbar zu machen


Hausarbeit, 2020

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. „Postkolonialität“ und Rassismus
1.1. „Postkolonialität“ und Postcolonial Studies
1.2. Beziehung Wissenschaft und Öffentlichkeit

2. Ethnographische Methoden und Wissen als Nährwert für die Erweiterung der Öffentlichkeit des postkolonialen Diskurses
2.1. Erinnerungskultur als Spannungsfeld zwischen Public und Counterpublic
2.2 Konflikt und Sichtbarkeit

3. Public Anthropology und "Thinking with and through Dr. Wilhelm Amo"

Fazit

Literaturverzeichnis

In diesem Semester beschäftigt sich das Seminar „Der Verborgenheit abgerungen eine Bewegung sichtbar machen“ mit der Lebensgeschichte und den philosophischen Arbeiten des Philosophen

Dr. Wilhelm Amo, der als erster bekannter Philosoph afrikanischer Abstammung an einer Universität in Deutschland lehrte. Zum Amos Lebzeiten im 18 Jh. waren rassistische Einstellungen und die koloniale Ideologie weitverbreitet. Dies erfuhr Dr. Wilhelm Amo nicht nur durch seine Versklavung als Kind doch auch in seinem späteren Leben als Dozent an der Universität und es war wohl mit ein Grund warum dieser nach Ghana zurückkehrte. Zudem gilt seine Dissertation als frühes Werk antirassistischer Philosophie. So bietet Amos persönlicher und akademischer Lebensweg konkrete Ansatzpunkte um in der geplanten Ausstellung bzw. dem Blog „Thinking with and through Dr. Wilhelm Amo“ die rassistischen Anfeindungen mit welchen Amo konfrontiert war zu thematisieren und die Kontinuität von Rassismus und Kolonialgeschichte sichtbar zumachen.

In den Blog bzw. in die Ausstellung sollen ethnographische Beiträge einfließen, welche durch diese öffentlich werden und sogleich einen archivarischen Aspekt darstellen. Aufgrund des Bezugs zur Öffentlichkeit von ethnographischen Beiträgen stellen sich Fragen aus dem Bereich der Public Anthropology, welche durch die mögliche Thematisierung von Rassismus in Verbindung zu Postkolonialen Diskursen stehen. Somit gestaltet sich es interessant der Frage nachzugehen;

Welche Möglichkeiten bietet Public Anthropology Rassismus in postkolonialen Bezügen sichtbar zu machen?

Zur Beantwortung dieser soll zunächst die Kontinuität von kolonialen Ideologien entstammenden Rassismen deutlich gemacht werden, indem Kolonialismus als herrschaftliches Gewaltverhältnis dargelegt wird, welches sich auf den Rassismus als dessen Legitimationsideologie stützt. Weiter wird mit verschiedenen Beispielen Bezug auf die Kontinuität von Rassismus genommen und darauffolgend der Frage nachgegangen warum sich Rassismus heute fortführt. Folgend soll darauf eingegangen werden wie "Postkolonialität" und die Postkolonial Studies zu dieser Frage in Bezug stehen. Darauffolgend soll die Beziehung vom akademischen Umfeld des postkolonialen Diskursen und der "breiten Öffentlichkeit" thematisiert werden und die Frage nach möglichen Verbindungen behandelt werden. Daran reit sich eine Erläuterung des Nährwerts ethnologischer Methoden bzw. Wissens für die Zugänglichkeit des Postkolonialen Diskurses für außeruniversitäre Öffentlichkeit(en). Fortführend wird dazu auf Ansätze der Diskurstheorie eingegangen. Dazu wird fortführend auf die Wirkung von Konflikt für die Sichtbarkeit postkolonialer Positionen im Diskurs um dies bezüglicher Erinnerungskultur eingegangen. Abschließend sollen in Rückbezug auf die vorangegangen Erläuterungen Möglichkeiten herausgearbeitet werden in Verbindung zu der Arbeit mit dem Blog bzw. der Ausstellung „Thinking with and through Dr. Wilhelm Amo“ Rassismus mit postkolonialen Bezügen sichtbar zu machen.

1.„Postkolonialität“ und Rassismus

Um die heutigen Postkoloniale Gegenwart zu verstehen und die Kontinuität von Rassismen mit kolonialen Bezügen zu veranschaulichen muss zunächst verdeutlicht werden wie Kolonialherrschaft und Rassismus miteinander verwoben sind.

In dessen 500-jährigen Geschichte durchlief der neuzeitliche Kolonialismus unterschiedliche Phasen und zeigte sich in verschiedensten Formen (vgl. Conrad, Sebastian 2012: 1).

Der Prozess der Kolonialisierung beschreibt dabei das Vorgehen der Kolonialisten sich durch Landnahme und Aneignung (vgl. Osterhammel und Jansen 2012: 8) aber etwa auch durch die Etablierung des Kapitalismus als Wirtschaftssystems, die Universalisierung von „westlichen“ Werten sowie die Durchsetzung von europäischen Wissen Kolonien aufzubauen (halle postkolonial 2020: 4). Gemein der Phasen und Erscheinungsformen1 bleibt, dass der Kolonialismus als ein herrschaftliches Gewaltverhältnis wirkt, das nicht ohne Legitimation auskommt (vgl. Hund und Emmernik 2018: 269). „Diese sendungsideologische Rechtefertigungsdoktrinen beruht auf der Überzeugung der Kolonialherren von ihrer eigenen kulturellen Höherwertigkeit“ (Osterhammel und Jansen 2012: 20).

Mit dieser rassistischen Geisteshaltung schafften die Kolonialherrschenden hierarchische sozial Verhältnisse weswegen Theodore W. Allen folgert, dass Rassismus nicht nur eine Ideologie sondern auch ein soziales Verhältnis beschreibt, in dem alle Angehörigen der unterdrückten Gruppe zu einem undefinierten sozialem Status reduziert werden, der unter dem aller Angehörigen einer jedweiligen sozialen Klasse in der Kolonisierenden Gesellschaft liegt (vgl. Hund und Emmernik 2018: 269).

Aber wie wurde diese rassistische Ideologie propagiert, sodass sie als Legitimation für das koloniale Herrschaftssystem in der Bevölkerung der Kolonialisten anerkannt wurde und Unterstützung erfuhr?

Sprache und Bilder, die eine Wirklichkeit von einer vermeintlich unterentwickelten Welt der „Anderen“ erzeugte spielten hierbei eine bedeutende Rolle. Denn

Sprache bzw. auch die Art und Weise, wie über die Realität gesprochen wird, formt und verändert diese wiederum. Sie prägt die Sprecher_innen, ihre Vorstellungen und die Kategorien, in denen gedacht wird […]. Mit Sprache werden immer bestimmte Ziele verfolgt, Interessen vertreten und Meinungen gebildet. (glokal e.V. 2013: 20).

Zum Beispiel wurde verniedlichende Sprache wie etwa die Endung -ling genutzt um die politische RepräsentantInnen der kolonisierten Gesellschaft (Häuptling) ihre Autorität zu nehmen und sie sogleich als unmündig und unterentwickelt einzustufen (vgl. ebd.: 20-27). Damit wurde suggeriert, dass diese sich erst noch entwickeln müssten um auf die gleiche Ebene wie die der RepräsentantInnen der „modernen“ Welt zu gelangen und um mündig zu sein für ein freies selbstbestimmtes Leben.

In diesen abwertenden Differenzierungspraktiken spielten auch frühe ethnographische Arbeiten eine bedeutende Rolle. Wie etwa die des Freiburger Anthropologe Eugen Fischer, der schwarz-weiße „Mischlingsgruppe“ untersuchte und einen vermeintlich wissenschaftlichen Nachweis lieferte, dass die Mendelschen Vererbungslehren auch auf „Menschenrassen“ übertragbar seien und so die Schlussfolgerung für etliche „Rassenkundler“ ermöglichte die weiße Kultur als stärker und höherwertiger als die Schwarzer Menschen und POCs zu betrachten (vgl. Seidler Christoph 2004: 36).

Dies sind nun nur zwei Beispiele von einer Masse an Differenzierungspraktiken die zur Propaganda der Unterentwicklung und Unmündigkeit beitrugen und die koloniale Herrschaft in der „westlichen“ Welt rechtfertigten, da die beschriebenen Gesellschaften dadurch einen sozialen Stand einnahmen der nicht in der „westlichen“ Gesellschaft vorhanden war und durch die Entwicklungsvorstellung der Kolonialisten unter jedweiligen sozialen Stand gestellt wurde der in „modernen“ Gesellschaften existierte.

Die rassistischen Legitimationspraktiken der Kolonialzeit sind heute noch tief verankert im kollektiven Gedächtnis2 und erfüllen immer noch ihr Ziel; die Rechtfertigung von (neo)kolonialen Strukturen durch die Differenzierung und Abwertung der „Anderen“3 Dies wird beispielsweise in rechten Diskursen um die Migrationspolitik deutlich in denen „statt Anerkennung des globalen Wohlstandsgefälles als Fluchtursache [...] Migration als Bedrohung angesehen und kriminalisiert [und] das Narrativ der kollektiven Unfähigkeit zu Fortschritt […] als modernes Narrativ der Unterentwicklung fortgeführt “ wird ( Hund und Emmernik 2018: 296).

Es ist zudem auch kein Zufall und nicht ohne geschichtlichen Hintergrund, dass Menschen mit Fluchterfahrungen oft als „Flüchtling“ bezeichnet werden und damit auf einen Aspekt ihrer Persönlichkeit heruntergebrochen bzw. vereinfacht dargestellt werden4. Auch, dass immer wieder eine Anpassung an die westliche Gesellschaft und Werte gefordert wird steht in rassistisch kolonialer Kontinuitäten, denn dadurch wird Menschen mit Fluchterfahrungen abgesprochen wird, dass ihre eigens anerkannten Werte und Lebensformen nicht gleichwertig der „westlichen“ Werte seien.

Somit kann Rassismus gegen MigrantInnen als Kontinuität der rassistischen Legitimationspraktiken der Kolonialisten gedeutet werden, denn (neo)koloniale Strukturen werden durch Rassismus gestützt, indem die Menschengruppen abgegrenzt werden und die „Anderen“ nicht als vollständiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt werden wodurch diesen eine Perspektive auf sozialen Gleichstellung verwehrt wird. Daraus lässt sich somit folgern, dass weiß sein über sozialen Stand, Anerkennung und ökonomische Möglichkeiten entscheidet (vgl. halle postkolonial 2020: 3) und so das Fortbestehen des Narrativ einer stärkeren weißen „Rasse“ begünstigt respektive einen rassistischen Normalzustand legitimiert.

Aber warum erfährt der erfährt der Rassismus5 in heute postkolonialen Bezügen immer noch solche Kontinuität?

Hier soll gemutmaßt werden, dass dies mit einer Erinnerungspolitischen Leerstelle6 in der Aufarbeitung des Kolonialismus7, die koloniale Erinnerungsabwehr fördert sowie mit der Unsichtbarkeit8 von der Geschichte der „Anderen“9 und somit einer mangelnden Repräsentation dieser zusammenhängt. Damit wird „die Loslösung des Wissens um die koloniale Vergangenheit von aktuellen Problemen […] und das weitgehend unreflektierte Fortwirken kolonialer Rassismen“ begünstigt (Hund und Emmernik 2018: 292), denn wie Freiburg postkolonial es formuliert: „In der bundesdeutschen Gesichtspolitik [wird] '[e]twas, das sehr präsent war, heute […] systematisch nicht mehr gesehen oder gar aktiv ausgeblendet,2'wenn nicht gar positiv revisionistisch verklärt [...]'“ (Buche Manuela 2010 zitiert nach Freiburg postkolonial: https://phase-zwei.org/hefte/artikel/postkolonialer-aktivismus-und-die-erinnerung-an-den-deutschen kolonialismus134/fbclid=IwAR1uyAspjNMSuZGrrlYZhSLlJX5s2P0tAQhOYFaRAX7SVpmASTCPxSGlbi0).

Die koloniale Erinnerungsabwehr und die mangelnde Repräsentation wird besonders deutlich in den Diskursen rund um die Forderungen von postkolonialen Initiativen10 nach Umbenennung von Straßen, welche nach Funktionären des Kolonialismus benannt wurden.

Diesen Forderungen liegt zugrunde, dass Straßenschilder ein Denkmal darstellen (vgl. Biermann Kai 2018: http://www.zeit.de/wissen/2018-01/strassennamen-kolonialismus-rassismus-umbenennung-initiativen#strassennamen-info-4-tab), womit ein bewusst ehrendes Gedenken verbunden ist, da deren Benennung Überlegungen über den kollektiven Erinnerungswert einer historischen Persönlichkeit vorangehen.

Daraus lässt sich folgern, dass es auch eine bewusste Entscheidung ist eine weiße Perspektive auf Geschichte dominieren zu lassen und dadurch die Kämpfe gegen die Kolonialherrschenden nicht zu repräsentieren. Aus dieser Folgerung ergibt sich, dass weiße Gesichtsschreibung bzw. weißes Wissen als mehr Wert angesehen wird als die Kämpfe derer gegen diese Gewaltherrschaft.

Jene rassistische Repräsentationspolitik11, welche antikoloniale Kämpfe Unsichtbar macht und Kolonialisten ehrt wird somit bei der Forderung nach Straßenumbenennungen der postkolonialen Initiativen kritisiert.

Die Reaktionen der Öffentlichkeit und betroffenen Nachbarschaft auf die Forderungen nach Straßenumbenennungen von Kolonialismus glorifizierenden Straßennamen lassen wiederum auf die Erinnerungspolitische Leerstelle hindeuten. Sehr offensichtlich ist die Loslösung und Verdrängung von kolonialen Zusammenhängen in Aussagen wie „'Die Diskussion ist unnötig!'“oder „'Die Geschichte liegt schon zu lange zurück und hat keine Relevanz!'“ (Bechhaus-Gerst, Marianne 2018: 49-50). Aber auch in Aussagen wie „'Wir haben doch schon die NS-Zeit zu verarbeiten!“ (Bechhaus-Gerst, Marianne 2018: 50) lassen Schlüsse auf eine Erinnerungspolitik ziehen, die den romantisierenden bis apologetischen Haltungen, welche dem Bedürfnis eines Teils der Bevölkerung nach einen positiven identitätsstiftenden Part der deutschen Geschichte, der im Gegensatz zu der des Nationalismus steht, Ausdruck verleiht (vgl. Bechhaus-Gerst und Zeller 2018: 16), wenig entgegenzusetzen hat. In Verbindung hierzu stehen auch Aussagen wie „'Es war doch nicht alles schlecht!'“, „'Wir haben aber doch Schulen, Krankenhäuser und Straßen da unten gebaut!'“ (Bechhaus-Gerst Marianne 2018: 53) was eine Romantisierung bzw. Verniedlichung des Kolonialismus darstellt und dadurch wieder die rassistische Zuschreibung der Unterentwicklung und Unmündigkeit gegenüber den Kolonisierten Gesellschaften hervortritt (s. o). und die Mangelnde Aufarbeitung der Kolonialgeschichte hervorhebt.

Die koloniale Erinnerungsabwehr, welche aus einer Erinnerungspolitischen Leerstelle heraustritt und rassistische Repräsentationspolitiken die antikoloniale Kämpfe unsichtbar machen und sogleich den Kolonialismus glorifizieren „ermöglichen bis heute das weitgehend unbeantwortete Fortwirken von kolonial rassistischen Topoi in der deutschen Kultur, in der globalen Entwicklungszusammenarbeit sowie im Umgang der deutschen Mehrheitsgesellschaft mit Einwanderung und Geflüchteten“ (Hund und Emmernik 2018: 297).

1.1 „Postkolonialität“ und Postcolonial Studies

Aufgrund der vorangegangen Erläuterung der Erinnerungsabwehr und rassistischer Repräsentationspolitik kann es als eine wichtige Zielsetzung zur Dekolonisierung12 gesehen werden „auf die Kontinuitäten in den Diskursen und Präsentationen von der Kolonialzeit bis heute hinzuweisen“ (Bechhaus-Gerst und Zeller 2018: 16), was auch eine grundlegende Bestrebung der Postcolonial studies und Postkolonialen Initiativen darstellt.

Weswegen auch hier „Postkolonialität“ bzw. Postkolonial als ein diskurskritischer und nicht chronologischer Begriff definiert werden soll. Wodurch „„'Postkolonialität'“ […] nicht als ein zeitliches nacheinander sondern als ein Darüber hinaus verstanden“ (Bechhaus-Gerst und Zeller 2018: 13) wird. Sogleich soll dabei Diskurs als sozial konditioniert und konstruiert verstanden werden womit das Verhältnis von Sprache und Macht verdeutlicht werden soll (vgl. Bechhaus-Gerst und Zeller 2018: 14-15).

Nun abgesehen von der wissenschaftlichen und aktivistischen Behandlung der Kontinuität von Rassismen mit postkolonialen Bezügen ist der Diskurs um „Postkolonialität“ von wenig anderen Gesellschaftsgruppen geprägt und es klingt ein geschichtsrevisionistischer13 Durchschnittston in der Bevölkerung weiter.

Weswegen Gerst und Zeller attestieren, dass „man noch weit entfernt [davon sei] die „breite Öffentlichkeit“ in den Diskurs miteinzubeziehen und die Kontinuität von kolonialen Rassismen auch in der breiten Öffentlichkeit zum Thema zu machen“ (Bechhaus-Gerst und Zeller 2018: 16).

Aber warum läuft der Postkoloniale Diskurs so fernab der „breiten Öffentlichkeit“14 ?

1.2. Beziehung Wissenschaft und Öffentlichkeit

Hierzu kann die Akademisiertheit des Diskurses um Postkolonialität angeführt werden, da sich zum einen in den Postcolonial Studies weniger mit der lokal kolonialen Geschichte auseinander gesetzt wird (Bechhaus-Gerst, Marianne 2018: 52), wo Bezugspunkte zur Lebenswirklichkeit auch für Themenfremde bestehen und wissenschaftliche Publikationen oft allgemeine oder überregionale Bezüge setzen.

Zudem kommt, dass ein Großteil von Veröffentlichungen der Postcolonial Studies nicht die „breite Leserschaft“ adressiert und das hohe sprachliche Niveau Abwehrreaktionen der außeruniversitären Leserschaft hervorruft (Bechhaus-Gerst, Marianne 2018: 54).

Außerdem werden von postkolonialen Initiativen Infoveranstaltungen, Websites und Ausstellungen, die sich genau das Ziel setzten die „breite Öffentlichkeit“ anzusprechen, meist nur Leute angesprochen die schon für ähnliche Themen sensibilisiert sind und oft aus dem universitären Umfeld kommen (Bechaus-Gerst, Marianne 2018: 53).

Dies kann in Verbindung dazu gesehen werden, dass oftmals keine Vernetzung zu sozialen Bewegungen stattfindet, die sich mit der Kontinuität der Ungleichheitsverhältnisse konfrontiert sehen und diese mit bestimmten Forderungen nach sozialer Gleichstellung sichtbar machen wollen. So kontrastiert Manuela Buche „Die Forderungen nach Repräsentation [der postkolonialen Initiativen] und sozialer Gleichstellung als zwei Pole einer neuen postkolonialen Bewegung“ (Buche, Manuela 2010: https://phase-zwei.org/hefte/artikel/postkolonialer-aktivismus-und-die-erinnerung-an-den-deutschen kolonialismus134/fbclid=IwAR1uyAspjNMSuZGrrlYZhSLlJX5s2P0tAQhOYFaRAX7SVpmASTCPxSGlbi0).

Wenn die „breite Öffentlichkeit“ in den Postkolonialen Diskurs mit eingebunden werden soll müssten also neue Wege gefunden werden, lokale Bezüge in den Postcolonialstudies zu thematisieren, wissenschaftliche Werke so zu „übersetzen“, dass sie für eine außeruniversitäre Leserschaft verwertbar bleibt und diese anspricht sowie die Vernetzung zwischen Postkolonialen Initiativen und sozialen Bewegungen und somit die Verbindung von Forderungen nach Repräsentation und sozialer Gleichstellung gefördert werden.

All diesen Ansprüchen steht einbeschrieben in den Konflikt zutreten mit bislang gesetzten Normen, Konventionen und Differenzen.

In die Ausstellung „Thinking with and through Dr. Wilhelm Amo“ sollen auch ethnologische Beiträge einfließen. So stellt sich in Bezug auf die vorangegangen Erläuterung zur Öffentlichkeit postkolonialer Themen die Frage: Welchen Nährwert ethnologisches Wissen bzw. ethnographische Methoden für die Zugänglichkeit postkolonialer Themenfelder für die „breite Öffentlichkeit“ haben und inwiefern durch Public Anthropology15 die Kontinuität von Rassismus sichtbar werden kann.

[...]


1 Die Phasen und Erscheinungsformen werden hier nicht weiter aufgeführt, da sich in dieser Arbeit auf die Stützung des Kolonialen Herrschaftssystems durch rassistische Ideologie fokussiert wird. Literatur hierzu; Jürgen Osterhammel und Jan C. Jansen Kolonialismus Geschichte, Formen, Folgen

2 Hierzu; Erll Astrid Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen Eine Einführung 3. Auflage 2016

3 Zu „Kolonialer Diskurs als (Selbst-)Legitimationsstrategie“ auch Frank, C. Michael 2012: 40-41. In Schlüsselwerke der Postcolonial Studies

4 Vereinfachte Darstellung von komplexen Zusammenhängen in Gesellschaften war auch eine oft verwendete Legitimationspraxis, wodurch Gesellschaften in Gegensatz zu der komplexen „modernen“ Gesellschaft betrachtet werden konnten (vgl. glokal e.V. 2013: 20-27).

5 Es soll nicht ausgeschlossen werden, dass Rassismus zwar immer auch mit postkolonialen Zusammenhängen steht bzw. gesehen werden kann (vgl. Bahl, Pfeiffer und Ruhland 2018: 381), aber die Frage nach warum Rassismus heute in bestimmten Kontexten fortbesteht auch mit anderen Bezugspunkten beantwortet bzw. bearbeitet werden kann

6 Hierzu; Deutscher Bundestag Drucksache 19/5130 19. Wahlperiode 18.10.2018

7 In dieser Arbeit wird dabei nur auf die Bundesdeutsche Politik Bezug genommen

8 Hierzu Spivak „Can the subaltern speak“

9 Mit „Anderen“ soll hierbei auf die Differenzierungspraktiken des „Westens“ verwiesen werden, die Stuart Hall in seinem Essay „Der Westen und der Rest“ aufführt. So sollen die „Anderen“ fort folgend für den „Rest“ stehen

10 Es werden auch von PolitikerInnen und anderen Gruppen Forderungen nach Straßenumbenennungen von Kolonialismus glorifizierenden Straßenschildern gestellt. Hier wird sich doch nur auf die der postkolonialen Initiativen bezogen, da diese eine Mehrheit der Forderungen stellen.

11 „Für den Soziologen Stuart Hall ist die Produktion und das Regieren von Differenz die Hauptleistung eines Repräsentationsregimes […] Differenzpolitik ist also im Sinne Halls Repräsentationspolitik “ http://www.bpb.de/apuz/180863/repraesentationspolitik-in-der-postmigrantischen-gesellschaft?p=all#footnode1-1

12 Dekolonisierung soll hier als „Dekonstruktion populärer Konstruktionen von vermeintlich „'Anderen'“ (Bechhaus-Gerst, Marianne 2018: 54) und damit den Abbau von postkolonialen Strukturen definiert werden.

13 Geschichtsrevisionistisch wird hierbei als Relativierung Kolonialer Vergangenheit gesehen

14 „Die „Öffentlichkeit“ als einheitliches Zielpublikum gibt es allerdings nicht, weshalb der Begriff hier durchweg nur in Anführungszeichen verwendet wird“ (Bechaus-Gerst, Marianne 2018: 53).

15 “Public Anthropology“ zielt darauf ab für ethnologische Themen, die oft noch wenig im öffentlichen Diskurs zu finden sind Bewusstsein und Interesse zu schaffen beziehungsweise einen Diskurs über jene in der Öffentlichkeit anzuregen. Sie beschäftigt sich also zentral mit der Frage wie anthropologische Themen Eingang in den öffentlichen Diskurs finden können.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten, durch Public Anthropology Rassismus in postkolonialen Bezügen sichtbar zu machen
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Seminar für Ethnologie)
Veranstaltung
Going public? - Ethnologie an der Schnittstelle von Forschung, Praxis, Politik und Intervention
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
19
Katalognummer
V978287
ISBN (eBook)
9783346334336
ISBN (Buch)
9783346334343
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dr. Anton Wilhelm Amo, postkolonial studies, Rassismus, Public Anthropologie
Arbeit zitieren
Tanja Mögerle (Autor:in), 2020, Möglichkeiten, durch Public Anthropology Rassismus in postkolonialen Bezügen sichtbar zu machen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/978287

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