Togo zwischen 1960-1993- Demokratische Klopfzeichen

Die westafrikanische Republik Togo unter dem Diktator Gnassingbé Eyadéma (1938-2005) - zwischen der „Macht der Ohnmacht“ und „Critical Juncture“ - Zwischen staatlicher Erstarrung und der Er-Findung der Zivilgesellschaft.


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Eine kleine Einführung – Das Ende vom Anfang

2 Keime des togolesischen Demokratisierungsprozesses
2.1 Internationale Ereignisse und deren Einflussnahme auf afrikanische Staaten
2.2 Entwicklungen Togos unter Gnassingbé Eyadéma in Politik und Gesellschaft (1960-1991)
2.2.1 Historische Entwicklungen Togos (1960-1991)
2.2.2 Das staatliche Chamäleon: Togos Herrschaftssysteme zwischen 1960 bis 1991
2.2.3 Eyadéma zwischen Neopatrimonialismus, Zivilgesellschaft‚ Ethnopolitik und ‚extractive corruption'
2.2.3.1 Der Neopatrimonialismus – maßgeschneidertes Machtmodell für Eyadéma
2.2.3.2 Diskriminierende „Ethnopolitik“: Kabyè vs. Ewe - ein Machtgarant Eyadémas
2.2.3.3 Die togolesische Zivilgesellschaft, die keine war
2.2.3.4 ‚extractive self-enrichment’: Kontrolle der Staatsressourcen zur Selbstbereicherung des Clans

3 Quellenangabe

1 Eine kleine Einführung – Das Ende vom Anfang

Als Gnassingbé Eyadéma „am 25. August 1993 die Präsidentschaftswahlen mit 96,42% der Stimmen“[1] für sich entschied, war Togo am Ende vom Anfang angelangt. Zwei Jahre blutigen und bitteren Kampfes gegen die Despotie Eyadémas und für die Demokratie, geführt von der Opposition und dem zivilen Widerstand, fanden ein jähes Ende. Togo kapitulierte vor der ‚Chance to Change’ und wurde schlagartig in das Herrschaftssystem der präsidialen Allmacht zurückgeschleudert, dekoriert mit pseudodemokratischen Attitüden. Togo verharrte unter Eyadéma im Dilemma, während die demokratischen Klopfzeichen verhallten.

Wie kam es dazu, dass Togo, in Person einer ‚relativ’ vereinten Oppositionsbewegung und den Massenprotesten eines Großteils der Bevölkerung, Präsident Eyadéma nicht überwinden konnte? Trotz der bedeutsamen „Abschaffung des Einparteiensystems“[2] hatte der bis dahin bereits seit 26 Jahren regierende Eyadéma „seine komplette Entmachtung [...] mit Terrorkampagnen gegen Demonstranten, der gezielten Ermordung von Oppositionsaktivisten und regelmäßigen Plünderfeldzügen seiner Soldateska“[3] vereitelt. Den nach Leonardo A. Villalón sogenannten historischen “critical juncture”[4] [kritischer Moment] hatte Eyadéma ausgesessen. „An [seiner[ dominierenden Stellung [hatte sich] nichts geändert.“[5] Die neu zugelassenen Parteien durchbrachen nicht das Machtmonopol der Eyadéma-Partei, der Rassemblement du Peuple Togolais (RPT). Die Wahlen, die zugelassen wurden, entsprachen zu keinem Zeitpunkt demokratischen Maßstäben, sondern ausschließlich „den eigenen, unfairen Bedingungen“[6] durch „systematischen Wahlbetrug“[7]. Trotz ihrer Niederlage durch die Repressionen des Eyadéma-Regimes, gab einzig die “discovery or invention of the African ‚civil society’”[8], beziehungsweise die ‚Selbst-Findung’ der togolesischen Zivilgesellschaft, die sich 1992 zur Coalition de l'Opposition Démocratique zusammenschloss, Anlass zur Hoffnung auf zukünftige Veränderungen.

Ziel meiner Hausarbeit ist es, den Demokratisierungsprozess Togos darzustellen und kritisch zu hinterfragen. Hierfür werde ich sowohl die Ursachen, die weit bis vor die 90ziger Jahre reichen, beleuchten, als auch den Demokratisierungsprozess, wie er zwischen 1991 und 1993 in Erscheinung trat, veranschaulichen. Um die Ereignisse von 1991 zu verstehen, ist es notwendig, dessen Ursachen, die sowohl in der innenpolitischen Entwicklungen Togos liegen, als auch in verschiedenen, internationalen Ereignissen, zu studieren. In diesem Sinne gleicht der Demokratie-Ausbruch 1991 nur der Spitze des berühmten Eisberges, der gleichfalls nicht viel von seinem Unterwasserrest verrät. Villalón beschreibt dieses Problem folgendermaßen: “the choices or strategies embarked upon in the critical period, which will shape the new arrangements, must be understood as themselves constrained by past choices”[9], und weiter zitiert er Paul Collier: “[the past choices] arise from and are ‘embedded in antecedent conditions’”[10]. Und Villalón ergänzt: “the social origins of transformations in African states lie much earlier than the 1989-1990 period”[11] und “an understanding of the changes in African politics must thus also be rooted in an examination of the transformations in social structures”[12].

Im zweiten Teil konzentriere ich mich sozusagen auf die ‚Eisbergspitze’ der Thematik, also den Zeitraum vom Aufkeimen, Ausbrechen bis zum abrupten Abbrechen des Demokratisierungsprozesses. Wichtig wird sein, die Rolle des Militärs und die der internationalen Gemeinschaft (insbesondere Frankreichs) herauszustellen, zwei ‚important-player’, um Eyadémas Macht zu garantieren. Zum Leid Togos, was „negative Wachstumsraten (2000: fast –2%)“[13] aufwies, eine Inflation von offiziell 2,9 Prozent (2001) ereichte und sich mit einem stetig sinkenden Bruttoinlandsprodukt konfrontiert sah.[14] Das Schulwesen entwickelte sich unzureichend. 41% der Bevölkerung gelten als Analphabeten.[15] Fazit: „Togo blieb unter der Herrschaft von Gnassingbé Eyadéma arm und unterentwickelt.“[16]

2 Keime des togolesischen Demokratisierungsprozesses

2.1 Internationale Ereignisse und deren Einflussnahme auf afrikanische Staaten

Zwischen der ‚1st wave of independence’ Ende der 50ziger und Anfang der 60ziger Jahre gab es mehrere internationale Ereignisse, die auf Afrika und seine Staaten mal mehr und mal weniger Einfluss nahmen. Ein epochaler Moment jedoch erschütterte die afrikanische Staatengemeinschaft in ihren Grundzügen und veränderte die politische Landkarte Afrikas fundamental: das Ende des Kalten Krieges. Patrick J. McGowan schrieb hierzu:

“Another politically significant turning point occurred at the end of the 1980s. The Berlin Wall and the European Communism collapsed between November 1989 and the end of 1991, thus ending the Cold War. (…) With democratisation and the end of the Cold War interventions, the political environment in SSA [Sub-Saharan Africa] in the 1990s was dramatically different from earlier post-colonial decades.”[17]

Diesem ‚globo-politischen’ Wendepunkt schloss sich die Neuordnung westlicher Interessenssphären in Afrika an. Chris Marsden und Chris Talbot meinten hierzu:

„Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wird die Bipolarität, die bisher die Afrika-Politik bestimmte, von einem neuen Wettlauf um Afrika abgelöst: Amerika wähnt sich in der Lage, seine Interessen direkter zu sichern, und die ehemaligen europäischen Kolonialmächte sind weniger geneigt, sich den Bedürfnissen der US-Außenpolitik unterzuordnen.“[18]

Und im Bezug auf die für Togo so einflussreiche, ehemalige Kolonialmacht Frankreich, heißt es: „Frankreich benutzt seine ehemaligen Kolonien, um Einfluss auf neue diplomatische Initiativen zu nehmen (...)“[19], um laut Vladislav Marjanovic „seine wirtschaftlichen Interessen in Afrika beizubehalten. Immerhin war Afrika im Jahr 1998 der dritte Exportmarkt Frankreichs und sein Handelsüberschuss mit Afrika erreichte 33,5 Milliarden Dollars“[20].

Sowohl das Ende des Kalten Krieges, als auch das wirtschaftspolitische, „neue Spiel um Afrika“[21], mit Frankreich als einem entscheidenden Protagonisten, sind ‚absolute Ursachen’ der Demokratiebewegung zu Beginn der 90ziger Jahre in Togo, und nicht nur dort. Die weiteren, noch zu benennenden Ereignisse gelten dagegen als ‚relative Indikatoren’, da ihre Einflussnahme nicht als wissenschaftlich gesichert gilt und meine Quellenanalyse keine konkreten Erkenntnisse erbrachte.

Zwei wirtschaftlich einschneidende Ereignisse der 70ziger und 80ziger Jahre benennt Patrick J. McGowan als Faktoren, die auf afrikanische Staaten einwirkten:

After 1979 the knock-on effects of the OPEC oil price hikes of 1973 and 1979 and the collapse of commodity prices in the mid-1980s took effect and SSA entered its post-1980 period of marginalisation and crisis.[22]

Abschließend sei noch ein weiteres, ausschlaggebendes, in seiner Wirkung aber schwer zu bestimmendes ‚top-topic’ zu erwähnen: die Globalisierung. Chris Allen sieht in der Globalisierung, in dem er Mary Kaldor zitiert,

the product of globalisation’s destructive impact on national levels of political and economic organisation. This results in the decline of central authority (...) and the growth of a variety of sources of authority and power, together with a growing informalisation of the economy, and the erosion of economic and social security for the majority of people. One common political response is the emergence of violent ‘identity politics’ – movements which mobilise around ethnic, racial or religious identity for the purpose of claiming state power’, or indeed power at sub-state level.[23]

[...]


[1] Ananou, Gabin Kouévi: „40 Jahre Republik Togo“ unter http://www.togo.de/report/rep2000-4.htm, ohne Datum, 04.04.2005.

[2] Johnson, Dominic: „Togos Kampf der Diadochen“ unter http://www.taz.de/pt/2005/02/07/a0192.nf/text; vom 07.02.2005, 27.03.2005.

[3] Ebd.

[4] Villalón, Leonardo A.: „The African State at the End of the Twentieth Century: Parameters of the Critical Juncture” in „Villalón & P.A. Huxtable (eds.): The African State at a Critical Juncture. Between Disintegration and Reconfiguration.” Boulder/CO: Lynne Rienner, S. 7, 1999.

[5] Ohne Autor: „Politische Parteien in Togo: Wird ihre Zerstrittenheit den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen verhindern?“ http://www.kas-benin.de/Togo_Parteien.html, vom 07.02.05, 27.03.2005.

[6] Johnson, Dominic: „Togos Kampf der Diadochen“ unter http://www.taz.de/pt/2005/02/07/a0192.nf/text; vom 07.02.2005, 27.03.2005.

[7] Toulabour, Comi M.: „Togo und seine Nachbarstaaten“ in „Le Monde diplomatique“, S. 9, 15.4.2005.

[8] Clapham, Christopher: „Discerning the New Africa” in „International Affairs 14” (2), S. 265, 1998.

[9] Villalón, Leonardo A.: „The African State at the End of the Twentieth Century: Parameters of the Critical Juncture” in „Villalón & P.A. Huxtable (eds.): The African State at a Critical Juncture. Between Disintegration and Reconfiguration.” Boulder/CO: Lynne Rienner, S. 7, 1999.

[10] Ebd, S. 7.

[11] Ebd, S. 21.

[12] Ebd, S. 21.

[13] Toulabour, Comi M.: „Togolité und Tribalismus: Der Dinosaurier von Lomé“, vom 04.11.03, 27.03.05.

[14] Ebd.

[15] Ohne Autor: ohne Titel, unter http://www.aufenthaltstitel.de; ohne Datum, 04.04.2005.

[16] Ohne Autor: ohne Titel, unter http://www.erdkunde-wissen.de; ohne Datum, 04.04.2005.

[17] McGowan, Patrick: „African military coups d’etat, 1956-2001: frequency, trends and distribution” in „Journal of Modern African Studies 41” (3), S. 348, 2003.

[18] Marsden, Chris und Talbot, Chris: „Ein neues Spiel um Afrika“ unter http://www.wsws.org/de/2000/mai2000/ sier-m27.shtml; vom 27.05.2000, 01.05.2005.

[19] Ebd.

[20] Marjanovic, Vladislav: „Auf dem Weg zu einer neuen Weltwirtschaftsordnung?“ unter http://www.radioafrika.net/pEc040924.html, vom 24.09.2004, 01.05.2005.

[21] Marsden, Chris und Talbot, Chris: „Ein neues Spiel um Afrika“ unter http://www.wsws.org/de/2000/mai2000/ sier-m27.shtml; vom 27.05.2000, 01.05.2005.

[22] McGowan, Patrick: „African military coups d’etat, 1956-2001: frequency, trends and distribution” in „Journal of Modern African Studies 41” (3), S. 347, 2003.

[23] Allen, Chris: „Warfare, Endemic Violence & State Collapse in Africa” in „Review of African Political Economy” (81), S. 373, 1999.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Togo zwischen 1960-1993- Demokratische Klopfzeichen
Untertitel
Die westafrikanische Republik Togo unter dem Diktator Gnassingbé Eyadéma (1938-2005) - zwischen der „Macht der Ohnmacht“ und „Critical Juncture“ - Zwischen staatlicher Erstarrung und der Er-Findung der Zivilgesellschaft.
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Afrikanistik)
Veranstaltung
Einführung in die Politik Afrikas
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V140936
ISBN (eBook)
9783640479405
ISBN (Buch)
9783640479597
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Togo, Demokratische, Klopfzeichen, Republik, Togo, Diktator, Gnassingbé, Eyadéma, Ohnmacht“, Juncture“, Zwischen, Erstarrung, Er-Findung, Zivilgesellschaft
Arbeit zitieren
Thomas Seifert (Autor:in), 2005, Togo zwischen 1960-1993- Demokratische Klopfzeichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/140936

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