Franz Kafkas "Die Verwandlung" - Ein Roman der frühen Popliteratur?


Hausarbeit, 2004

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Charakteristika von Popliteratur
2.1 Äußere Charakteristika
2.2 Innere Charakteristika

3. Popliteratur und „Die Verwandlung“
3.1 Inhalt der Erzählung „Die Verwandlung“ von Franz Kafka
3.2 Anwendung der Charakteristika

4. Fazit

1. Einleitung

Der französisch-österreichische Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Franz Kafka veröffentlichte 1912 die berühmt gewordene Erzählung „Die Verwandlung“[1], die Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Diese Erzählung stellt insofern eine Besonderheit in der Literaturlandschaft dieser Zeit dar, weil sie die groteske Geschichte des Gregor Samsa auf sehr originelle Weise erzählt. Aus der Sicht des Protagonisten bekommt der Leser einen tiefen Einblick in die bisherigen äußeren Umstände seines Lebens und in seine innere Gefühlswelt.

Die Arbeit soll diese Erzählung untersuchen, im Hinblick auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu der modernen Literaturgattung, der so genannten Popliteratur. Die These die dieser Arbeit vorangehen soll, ist, dass „Die Verwandlung“ aufgrund ihres Schreibstils und ihrer Offenbarung von Innerlichkeit in dieses Genre einzuordnen ist und als eine Art Vorläufer betrachtet werden kann.

Zur Überprüfung dieser These sollen zunächst die Charakteristika und Besonderheiten der Popliteratur dargelegt werden, unter besonderer Berücksichtigung des von Johannes Ullmaier herausgegebenen Buches „Von Acid nach Adlon“, das 2001 erschienen ist[2], um dann in einem zweiten Teil auf Franz Kafkas „Die Verwandlung“ einzugehen.

Aus strukturellen Gründen werden die angewandten Charakteristika in zwei Gruppen eingeteilt. Zum einen die „inneren“ Charakteristika, die sich auf einer stilistisch-inhaltlichen Ebene bewegen, zum anderen die „äußeren“ Charaktereigenschaften, die beispielsweise auf Autor und Veröffentlichungsaspekte eingehen. Beide ergeben sich aus der erschienenen Sekundärliteratur und aus eigenen Beobachtungen, die vor allem an den Veröffentlichungen bekannter Autoren, wie Benjamin v. Stuckrad-Barre, Benjamin Lebert, Alexa Hennig v. Lange, Florian Illies und Christian Kracht gemacht werden, da diese die typischen Vertreter ihrer Gattung sind. Allerdings sollen auch die Vorläufer und Begründer der Popliteratur, z.B. Rolf Dieter Brinkmann, zum Vergleich herangezogen werden.

Anschließend wird der Inhalt vorgestellt werden, um dann anhand einiger Textauszüge die angeführten Charakteristika der Popliteratur prüfend anzuwenden.

Abschließend soll in einem Fazit überprüft werden, ob die These zu bestätigen oder auch zu widerlegen ist und inwieweit sie einer literaturkritischen Analyse standhalten kann. Die Frage ob Franz Kafka die Intention verfolgt hat, in einer dem Pop verwandten Art und Weise zu schreiben ist dabei nicht relevant. Insbesondere das Produkt seiner Arbeit soll im Zentrum der Ausführungen stehen.

2. Charakteristika von Popliteratur

In Johannes Ullmaiers „Von Acid nach Adlon“ sind zahlreiche Merkmale von Popliteratur aufgeführt, die im Folgenden zusammenfassend genannt werden sollen. Dabei muss man hinzufügen, dass diese Eigenschaften nicht vollständig sind, sondern nur eine Auswahl darstellen.

2.1 Äußere Charakteristika

Popliteratur zielt ab auf Verkaufserfolg, vor allem bei einem jungen Publikum. Dies wird unterstützt durch Inszenierungs- und Promotionsformen, die an die Hitparade erinnern und durch die heutige Möglichkeit in der Massenkultur eine Vielzahl von Lesern anzusprechen. In Titelgebung und Design schlägt sich dies ebenfalls nieder. Popliteratur nimmt oftmals Bezug auf Popmusik und ihre Künstler. Es herrscht eine antibürgerliche, renitente und „freche“ Attitüde, die auch in der Jugendlichkeit des Autors begründet ist.[3]

Ein weiteres äußeres Merkmal ist der meistens geringe Umfang popliterarischer Veröffentlichungen.

2.2 Innere Charakteristika

Auf der inhaltlichen Ebene kreist Popliteratur vor allem um Schilderungen aus der Popwelt und um die Thematik des Erwachsenwerdens, sowie um jugendliche Subkulturen. Dabei ist es typisch, dass Popliteratur sich von der bürgerlichen Norm distanziert und vom Unterwegssein, der Ekstase und dem Exzess berichtet.

Die Bezüge zum Pop können aber auch auf einer stilistischen Ebene stattfinden, durch die Einbeziehung von Slang, Szene- oder Alltagssprache. Popliteratur macht beispielsweise stilistische Anleihen an die Welten des Science-Fiction oder der Pornographie und orientiert sich an Mustern des Fernsehens, sowie der Popmusik. Jörgen Schäfer geht in seiner Dissertation sogar soweit, dass Popliteratur ausschließlich das Ergebnis einer „Transformation der Literatur im Zeichen von Pop“[4] sei. Dabei benutzt die Popliteratur modernste Stilmittel, so z. B. die Montage oder die Collage. Der Text wird erweitert zu einem Text-Bild-Ensemble mit Performance-Charakter.[5] Oft sind Autor und Hauptakteur identisch, was zu einem oftmals autobiographischen Charakter führt.

Die Sprache orientiert sich dabei stark an Bildern und am Alltag. Ähnlich wie in der Beat-Literatur findet der Alltag eine besondere Rolle in der Popliteratur. Ihm wird eine verstärkte Bedeutung zugewiesen.

Schon Rolf Dieter Brinkmann räumte der Alltagsbeschreibung viel Platz ein und er lenkte vor allem auf Abweichungen das Augenmerk. Sein Ziel ist es gewesen, „Dichtung“ zum Gebrauchsartikel zu machen und er hat nicht stark zwischen einer Zigarette und einem Gedichtband unterschieden. Ein Elitebewusstsein wollte er vermeiden. Der Dichter sollte auch „Massenmensch“ sein.[6] Er begründete mit der Popliteratur ein Genre, das genau hinschaut. Anders als die Beatniks lehnen sich die Popliteraten allerdings nicht in großem Umfang gegen die gesellschaftlichen Normen auf, sondern gehen eher konform mit diesen.

Weitere für Brinkmann bedeutende Merkmale von Popliteratur lassen sich an seiner Kritik des Lyrikbandes „Lunch Poems“ von Frank O´Hara festmachen, demnach sei Popliteratur u. a. gekennzeichnet durch eine „Tiefe des Banalen“, „freche Kleine-Jungen-Sprache“, „unmittelbare Präsenz“ und „das Bildhafte des täglichen Lebens“.[7]

Für den Musiker Thomas Meinecke hingegen bedeutet Pop „in erster Linie einen produktiven Umgang mit bereits vorgefundenen Oberflächen“[8].

Niels Werber spricht in seinem Aufsatz „Die Form des Populären“ dem Populären, und damit auch der Popliteratur eine hohe Reizqualität zu, allerdings spricht er ihr eine ideologiekritische oder ironische Botschaft ab.[9] Wobei man an dieser Stelle vorsichtig sein muss, da man sich bei der Ideologiekritik schnell in einem Bereich befindet, dessen Ausprägung nur relativ gemessen werden kann. So kann man sicherlich auch einem Mecki-Comic eine gewisse Ideologiekritik zusprechen. Werber schreibt auch, Bezug nehmend auf Richard Shusterman, dass die Trennung zwischen populärer und hoher Kultur nur „unheilvoll“ zu ziehen sei. Er geht sogar soweit, dass er um der Sprengung der Klassengrenzen willen diese Trennung nicht vollziehen möchte. Shusterman sieht in der Verteidigung populärer Kunst, sowohl „den Stimulus als auch die Hoffnung für weitergehende Sozialreform“.[10]

Auf eine weitere Dichotomie macht Ullmaier aufmerksam, nämlich die Trennung von Establishment und Underground. Die Popliteratur Rolf Dieter Brinkmanns bewegt sich im Bereich des Undergrounds, hat also da auch ihre Ursprünge. Daraus folgt ein Anspruch, der sich außerhalb des literarischen Systems bewegt und der die Literatur in ein „möglichst intensives, autonomes Leben einmünden [lässt]“.[11]

[...]


[1] Kafka, Franz: Die Verwandlung. Stuttgart 1978.

[2] Ullmaier, Johannes (Hrsg.): Von Acid nach Adlon und zurück. Eine Reise durch die deutschsprachige Popliteratur. Mainz 2001.

[3] vgl. ebda., S. 16f.

[4] Schäfer, Jörgen: Pop-Literatur. Rolf-Dieter Brinkmann und das Verhältnis zur Populärkultur in der Literatur der sechziger Jahre. Stuttgart 1998. S. 11.

[5] vgl. ebda., S. 17f.

[6] Hermand, Jost: Pop International. Eine kritische Analyse. Frankfurt am Main 1971. S. 30 ff.

[7] ebda., S. 31.

[8] Ullmaier, Johannes (Hrsg), S. 14.

[9] Werber, Niels: Die Form des Populären. Zur Frühgeschichte fantastischer und kriminalistischer Literatur. In: Hecken, Thomas (Hrsg.): Der Reiz des Trivialen. Künstler, Intellektuelle und die Popkultur. Opladen 1997. S. 81.

[10] ebda., S. 80.

[11] vgl. Ullmaier, Johannes, S. 49 f.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Franz Kafkas "Die Verwandlung" - Ein Roman der frühen Popliteratur?
Hochschule
Universität Lüneburg  (Angewandte Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Popliteratur von den 1960ern bis in die Gegenwart
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V21201
ISBN (eBook)
9783638248716
ISBN (Buch)
9783656732020
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ein gewagter Versuch die Kriterien von Pop auf Kafkas Erzählung anzuwenden. Zitierung über Fußnoten, daher kein Literaturverzeichnis.
Schlagworte
Franz, Kafkas, Verwandlung, Roman, Popliteratur, Gegenwart
Arbeit zitieren
Jan Schüttler (Autor:in), 2004, Franz Kafkas "Die Verwandlung" - Ein Roman der frühen Popliteratur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21201

Kommentare

  • Gast am 10.7.2015

    Franz Kafka ist kein Literatur-Nobelpreisträger.

Blick ins Buch
Titel: Franz Kafkas "Die Verwandlung" - Ein Roman der frühen Popliteratur?



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