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Die Fußballweltmeisterschaft 2002 wurde in der japanischen Presse als ein Thema unter anderen behandelt, dem kein besonderes Interesse galt.239Gründe für die fehlende Begeisterung sind u.a. darin zu suchen, dass nach erfolgreichen früheren Mega-Events eine gewisse Sättigung eingetreten war.240Auch hatte der Profi-Fußball in Japan nur eine kurze Tradition. Er befand sich seit der Gründung der J. League Anfang der 1990er Jahre erst in der Aufbauphase. Die für Japan unerwartete Vergabe-Entscheidung der FIFA trug ebenfalls zum geringen Interesse bei, denn die gemeinsame Ausrichtung mit Südkorea wirkte sich auf erhoffte wirtschaftliche Impulse negativ aus. Image-, Produkt- und Tourismuswerbung sind auch für eine Wirtschaftsgroßmacht wie Japan Motive, die mit der Ausrichtung eines Mega-Events verbunden sind. Die Voraussetzung dafür hatte sich jedoch durch die gemeinsame Ausrichtung verändert. Das Interesse der internationalen Medien war nicht mehr allein auf Japan gerichtet, sondern verteilte sich auf zwei Gastgeber. Auch die Anzahl der Spiele halbierte sich. Die gemeinsame Ausrichtung bedeutete für Japan deshalb vor allem eins: eine erhebliche Reduzierung der Einnahmen. Desinteresse und Lustlosigkeit wurden auch durch diese Frustration hervorgerufen.
Im Vergleich zum koreanischen WM-Diskurs wurden in Japan Erwartungen und Hoffnungen weitaus seltener und weniger deutlich ausgesprochen. Es ist auffallend, dass die Formulierung konkreter Erwartungen in Japan lebenden Koreanern überlassen blieb. Sie wurden in der April-Ausgabe 2000 der CK dazu befragt, was sie Japanern im Hinblick auf die gemeinsame WM sagen möchten oder was sie für die Verbesserung der Beziehungen für nötig halten.241Besonders die jüngeren Befragten betonten, dass für ein besseres gegenseitiges Verständnis persönliche Erfahrungen mit der anderen Kultur wichtig seien. Sie erwarteten, dass die Weltmeisterschaft den direkten Austausch zwischen den Menschen erleichtern und viele Möglichkeiten zur Begegnung schaffen werde. Allein die Entscheidung, die WM gemeinsam auszurichten, habe das Verhältnis bereits erheblich verbessert, so ihre Einschätzung. Als Beispiel wurde angeführt, dass im November 1997 bei der letzten Vorauswahlrunde für die Fußball-WM 1998 in Frankreich junge Koreaner im Stadion ein Transparent mit der Aufschrift „Gehen wir zusammen nach Frankreich!“ ausgerollt hatten. Der 31-jährige koreanische Fußball-Nationalspieler Hong Myŏng-bo, der seit 1997 in der japanischen J. League spielt, erklärte:
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„Zu der Zeit haben die Koreaner wirklich gedacht: ,Gehen wir zusammen nach Frankreich!’ Die Entscheidung der gemeinsamen Ausrichtung hat die Einstellung gegenüber Japan verändert. Das freut mich. [...] Da es schon allein durch die Entscheidung eine solche Veränderung gab, habe ich keinen Zweifel daran, dass die gemeinsame Ausrichtung einen unglaublichen Einfluss ausüben wird. Ich wünsche mir von Herzen, dass Japan und Korea zusammenarbeiten und [die WM] zu einem Erfolg machen.“242 |
Er bezog sich auf seine eigenen positiven Erfahrungen während seiner Spielertätigkeit in Japan, als er sagte:
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„Damit Japan und Korea von jetzt ab gute Beziehungen aufbauen, halte ich es für wichtig, dass es viele Berührungspunkte gibt. Man darf nicht nur nach dem urteilen, was in den Medien geschrieben wird, sondern es ist sehr wichtig zu verstehen, indem man hautnah fühlt und seine eigenen Erfahrungen macht. Um Japan kennenzulernen, sollten Koreaner nach Japan kommen, und Japaner sollten Korea besuchen, um Korea kennenzulernen. In dieser Hinsicht ist die gemeinsame WM-Ausrichtung eine wirklich gute Gelegenheit, damit Japan und Südkorea sich in eine gute Richtung wenden können. Deshalb denke ich, dass jetzt für die beiden Länder eine wichtige Zeit ist.“243 |
Die WM allein werde nicht sofort alles ändern, aber sie sei ein guter Anfang, um die Beziehungen langsam und Schritt für Schritt zu verbessern, sagte Hong. Japan müsse Mut haben, um diesen Weg zu gehen. Für besonders wichtig hielt er, dass Konflikte benannt werden, dass die Japaner aussprechen, was sie denken. Die japanische Art, auf die möglichen Reaktionen und Empfindungen des Gesprächspartners Rücksicht zu nehmen, erschwere die Kommunikation. „Um die WM zu einem Erfolg zu machen, ist es wichtig, dass die beiden Länder ihre Meinungen noch offener austauschen. Es wäre gut, wenn Japan nicht so viel abwägen, sondern geradeheraus seine Gefühle ausdrücken würde“, empfahl Hong.244
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Das Potenzial von Events wie der WM für den Ausbau der persönlichen Begegnungen betonte auch der 30-jährige Student und Firmenrepräsentant Yi Myŏng-u. Er unterschied dabei zwischen der Generation, die die Kolonialherrschaft erlebt hat, und der jungen Generation von heute:
„Für die ältere Generation, die in der Vergangenheit viele Dinge erlebt hat, ist es vielleicht unmöglich, aber wir Jüngeren sollten ein besseres Verhältnis haben. Jetzt kommt die WM, und es gibt immer mehr Gelegenheiten, wo man zusammenarbeiten kann. Ich möchte, dass die Japaner bei der Gelegenheit solcher Big Events mit vielen Koreanern Freundschaft schließen.“245 |
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Es gab auch andere Meinungen. Dass die WM eine gute Gelegenheit sei, zusammenzukommen, verneinte der 47-jährige Hong Nae-ryun nicht, der in Japan koreanische Studenten betreut. Er sah dies aber an Bedingungen geknüpft. Die WM könne zwar „zu einer wirklich guten Gelegenheit werden, sich zu treffen und [etwas über] die Kultur des anderen zu lernen.“ Voraussetzung dafür sei aber, dass die japanischen Politiker sich explizit entschuldigten, forderte Hong.246
Ähnlich sah es auch der 74-jährige Yi In-ha. Der Ehrenpfarrer und Vorsitzende des Ausländerbeirats der Stadt Kawasaki warnte davor, zu viel von der WM zu erwarten, denn das sei „nichts als ein außergewöhnlich oberflächlicher Gedanke.“247Er beobachtete, dass heute junge Koreaner ein stärkeres Interesse für Japan entwickeln und sich gut mit ihren japanischen Altersgenossen verstehen. „In einer solchen Zeit erwarte ich auch von den jungen Japanern, dass ihnen bewusst wird, dass es in ihrer Vergangenheit abscheuliche Dinge gegeben hat. Die heutige junge Generation von Japanern denkt, dass sie mit der Vergangenheit überhaupt nichts zu tun hat“, kritisierte Yi.248Er wünschte sich, dass die gemeinsame Ausrichtung zu einem Anlass werde, das zu ändern, und er betonte, dass die Verantwortung dafür bei Japan und Korea liege. Yi fuhr fort:
„Wenn die beiden Länder sich Zeit nehmen und der im Entstehen begriffene Prozess mit den Punkten, die ich bisher angesprochen habe, verbunden wird, kann man auch zum nächsten Schritt übergehen. Japan und Korea haben eine viele Jahrhunderte lange Geschichte der Freundschaft. Die sieben Jahre von Hideyoshi und die 36 Jahre der Kolonialzeit sind innerhalb der Geschichte Wunden wirklich kurzer Abschnitte. Aber vielen Leuten ist nicht bewusst, dass in dieser kurzen Zeit Menschen sehr große Schmerzen zugefügt wurden. Wenn man diese Leute übergeht und nur ein großes Theater macht, wird man kein gutes Ergebnis erzielen können. Durch die gemeinsame Ausrichtung werden wir wahrscheinlich Freude miteinander teilen können. Aber das, was die beiden Länder wirklich miteinander teilen müssen, ist die Trauer der Leute, ihre Pein und ihr Schmerz.“249 |
Von Japanern formulierte Erwartungen waren selten und meist allgemein gehalten. Der Vorsitzende der J. League, Kawabuchi Saburō, sah die Chance der WM darin, dass ganz normale Leute beginnen, sich für das Nachbarland zu interessieren. Schon allein durch die Tatsache, dass man ein oder zwei Dinge über den anderen lerne, die man vorher nicht wusste, werde sich das Bewusstsein der Menschen verändern.250
Neben Fragen wie dem Ticketverkauf, die im Vorfeld fast aller Fußballweltmeisterschaften zu Diskussionen führen, erweckten die WM-Camps, d.h. die Trainingslager, in denen die ausländischen Mannschaften nach ihrer Ankunft in Japan beherbergt wurden, Aufmerksamkeit. Ein weiteres Thema war die Furcht vor illegaler Einwanderung.
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Jeder Gemeinde stand es offen, sich als Gastgeber für die Unterbringung der zur WM anreisenden Nationalmannschaften zu bewerben, sofern bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Verkehrsanbindungen, der Trainings- und Unterkunftsmöglichkeiten erfüllt wurden. Obwohl die Regierung keine Zuschüsse für die Bereitstellung der Infrastruktur gewährte, reichten etwa 100 Städte und Gemeinden eine Bewerbung ein, von denen 84 offiziell anerkannt wurden.251 Die Journalisten Nogawa Haruo und Mamiya Toshio vermuteten, dass viele von ihnen sich an den Erfahrungen der französischen Stadt Aix-les-Bains orientierten, in der die japanische Nationalmannschaft während der Fußballweltmeisterschaft 1998 untergebracht war. Dutzende von Medienvertretern berichteten damals ständig aus der Stadt, was zur Folge hatte, dass sie in Japan sehr bekannt und zu einem beliebten Reiseziel wurde. Das bescherte der Stadt ökonomische Impulse von geschätzten 25 Millionen Dollar und ließ viele Gemeinden davon träumen, ein japanisches Aix-les-Bains zu werden, erklärten Nogawa und Mamiya.252
Obwohl der Journalist Moronaga Yūji für viele sprach, als er sagte, für die PR gäbe es keine bessere Chance, als WM-Camp zu werden,253zogen etliche Gemeinden aufgrund der finanziellen Belastungen und des ungewissen Ausgangs ihre Bewerbung zurück.254 Kritik wurde laut, dass unnötige Investitionen hätten vermieden werden können, wenn das japanische Organisationskomitee die Zahl der Kandidaten von Anfang an stärker beschränkt hätte.255Bis zum 13. Dezember 2001 hatten sich schließlich 15 Mannschaften dafür entschieden, ihr Quartier in Japan aufzuschlagen.
Für Nakatsuemura, ein abgelegenes Dorf in der Präfektur Ōita, hatten sich die Anstrengungen in doppelter Hinsicht gelohnt. In der knapp 1400 Einwohner zählende Gemeinde steht das „Taio-Sport-Zentrum“, das als Sportzentrum für Grund- und Mittelschüler errichtet worden war. Als nach zehn Jahren eine Sanierung anstand, suchte das Organisationskomitee gerade nach Camp-Kandidaten. Da die Besucherzahlen stagnierten, hielt die Gemeinde es für eine gute Idee, sich mit dem Titel „offiziell anerkannte Camp-Site“ zu schmücken, in der Hoffnung, dadurch attraktiver zu werden. Teile der Neu- und Umbauten konnten durch Fördergelder zur Verbesserung der Infrastruktur in abgelegenen Gegenden der Präfektur Ōita realisiert werden. Als sich Kameruns Nationalmannschaft tatsächlich für das Dörfchen entschied, war das für die Gemeinde eine große Überraschung. „Ja, wenn wir nur den Namen als offiziell anerkannte Campsite bekommen hätten, wären wir schon froh gewesen, das war unsere eigentliche Absicht. Aber dann wurden wir tatsächlich ausgewählt ...“, sagte Hase Shunsuke, der Leiter des Sportzentrums.256 Für diese Gemeinde war die Bewerbung ein Glücksfall. Das Sportzentrum wurde mit Fördergeldern renoviert, der Ausbau den FIFA-Anforderungen angepasst und darüber hinaus konnte Nakatsuemura tatsächlich eine Gastmannschaft begrüßen.
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Andere Gemeinden umwarben von Anfang an ein bestimmtes Land, dessen Mannschaft sie willkommen heißen wollten. Die Stadt Fujieda in der Präfektur Shizuoka hatte sich als potenziellen Gast Kolumbien ausgesucht. Kolumbien, das nacheinander an drei Fußballweltmeisterschaften teilgenommen hatte, schien ein vielversprechender Kandidat zu sein, zu dem intensive Kontakte aufgebaut wurden. Die kolumbianische Botschaft wurde einbezogen, die Cafés der Stadt schenkten kolumbianischen Kaffee aus und zum Muttertag kamen 300 Rosen aus Südamerika als Geschenk. Leider konnte sich Kolumbien nicht für die WM qualifizieren und Fujieda musste auf Ecuador als neuen Kandidaten ausweichen. Unter der Leitung eines kolumbianischen Trainers hatte diese Mannschaft ihre erste WM-Teilnahme erkämpft.
Erfolgreich in ihrer Werbung um die mexikanische Nationalmannschaft war die Gemeinde Kuriyama in Hokkaidō. Mehrmals reisten Delegierte nach Mexiko. Bei der Vorauswahlrunde war der japanische Bürgermeister persönlich mit einem Plakat im Stadion, auf dem auf Spanisch zu lesen war: „Kämpfe, Mexiko – wir warten auf deinen Besuch 2002 – Japan, Kuriyama.“ Kuriyama hatte sich unter 14 Bewerberstädten durchgesetzt, wobei jedoch von einem Bewerbungsgeld in Höhe von 60 Millionen Yen die Rede war, das die Entscheidung beeinflusst haben soll.
Der Bürgermeister der Stadt Izumo in der Präfektur Shimane begründete seine Werbung um Irland mit ökonomischen Gründen. Selbst bei einem Aufenthalt von nur zehn Tagen bis zur Eröffnung der WM sei „das wirtschaftliche Ergebnis eine Milliarde Yen“, rechnete er vor. Ferner sei es danach leichter, Wirtschaftskontakte zu vertiefen.257
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In der Stadt Ibusuki waren die Interessen eines privaten Wirtschaftsunternehmens ausschlaggebend für die Anwerbung der französischen Nationalmannschaft. Die Eigeninitiative des Unternehmens ging so weit, dass die Stadtverwaltung erst aus der Zeitung erfuhr, dass „Zidane kommt!“258Initiator der Anwerbung der Franzosen war Iwasaki Yoshitarō, Vize-Chef der Unternehmensgruppe Iwasaki Sangyō, zu der etwa 60 Unternehmen und auch ein Hotel in Ibusuki gehören. Um mit dem Titel „Offizielle Camp-Site der Nationalmannschaft der französischen WM-Champions“ für das Hotel werben zu können, reiste Iwasaki nicht nur selbst nach Paris, um dort Gespräche zu führen. Als der französische Nationaltrainer Roger Lemerre nach Ibusuki kam, um die Anlagen persönlich in Augenschein zu nehmen, ließ Iwasaki ihn mit einem firmeneigenen Hubschrauber am Flughafen abholen. Darüber hinaus soll er angeboten haben, dass sein Unternehmen für Transport, Unterkunft, Verpflegung usw. der Mannschaft sorgen und aufkommen werde. Er soll ferner angeboten haben, eine Kreditgebühr zu bezahlen. Mit diesem Angebot konnte er den letzten Mitbewerber, die Stadt Fukuoka, ausstechen. Die Stadtverwaltung wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, da aber der Name Ibusuki in der Welt bekannt werden würde, ohne dass dafür ein Yen vom Haushaltsbudget aufgewendet werden müsste, „kann man nicht meckern.“ Den wirtschaftlichen Effekt, der durch das französische Trainingslager hervorgerufen werde, schätzte eine Bank in Kagoshima auf 800 Millionen Yen.
Der Journalist Moronaga recherchierte, aufgrund welcher Beziehungen diese Entscheidung zustande kam. Er stieß auf enge Verbindungen zwischen dem Sportartikelhersteller Adidas, der Unternehmensgruppe Iwasaki Sangyō, der französischen und der japanischen Nationalmannschaft. Adidas war nicht nur offizieller Ausstatter des japanischen Nationalteams mit einem Fünfjahresvertrag über geschätzte drei Milliarden Yen. Adidas hatte ebenfalls einen Vertrag mit der französischen Nationalmannschaft und einen Werbevertrag mit Philippe Troussier, dem französischen Trainer der japanischen Nationalmannschaft. Gleichzeitig war Adidas geschäftlich mit dem Unternehmen Iwasaki Sangyō verbunden. Zwei Adidas-Geschäfte, die in Kagoshima und in Tōkyō eröffnet wurden, befanden sich in Büros oder Gebäuden, die der Iwasaki Sangyō-Gruppe gehörten. Diese Zusammenarbeit scheint durch eine persönliche Verbindung geebnet worden zu sein. Henmi Yoshihiro, Vize-Firmenchef und bei Adidas für die Eröffnung dieser Geschäfte zuständig, war früher bei Mitsui Bussan angestellt. Auch Iwasaki Yoshitarō, nun Vize-Chef bei Iwasaki Sangyō, hat zuvor acht Jahre lang dort gearbeitet hat. „Yoshitarō und Yoshihiro sollen Arbeitskollegen gewesen sein. Wenn sie sagen, lass uns das zusammen machen, führen die Gespräche sofort zum Erfolg“, kommentierte der Journalist Moronaga.259
Auch wenn hinter allen Bewerbungen, Trainingscamp für eine ausländische Nationalmannschaft zu werden, der Wunsch stand, von der Gastgeberrolle zu profitieren, wird aus den Beispielen deutlich, wie verschieden die Motivationen und die Herangehensweisen in den einzelnen Gemeinden waren. Abhängig davon, ob und wie die Bewohner in die Gastgeberrolle einbezogen wurden, und abhängig davon, wie intensiv sich die Gemeinde auf die ausländischen Gäste einließ, war sicher auch, welcher Profit aus dem Unternehmen gezogen werden konnte. Dass die Bewohner eines Dorfes, konfrontiert mit der unerwarteten Zusage Kameruns, sich darauf einließen, für ihre Gäste Französisch zu lernen, deutet darauf hin, dass hier ein sehr persönlicher Austausch stattfand260und die Gemeinde in einer ganz anderen Art vom Kampieren der Ausländer profitieren konnte als in dem Fall, in dem die Anwerbung einer Mannschaft auf privatwirtschaftlichen Motiven beruhte.
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Bei der Gruppenauslosung der WM wurde nicht nur darüber entschieden, welche Mannschaften gegeneinander antreten, sondern es wurde auch festgelegt, welche Spiele in Japan und welche in Südkorea stattfinden würden. Den anreisenden ausländischen Fußballfans sah man in Japan mit gemischten Gefühlen entgegen. Während die Fans als Touristen einerseits Einnahmen versprachen, wurden sie andererseits abhängig von ihrer Nationalität als Hooligans, als Ziele von Terroranschlägen oder als illegale Einwanderer, kurz: als Sicherheitsrisiko wahrgenommen.
Dass die Spiele der USA in Korea stattfinden würden, wurde aufgrund der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen mit Erleichterung aufgenommen. Anders war die Reaktion in Falle Chinas. Einerseits herrschte Bedauern darüber, da mit vielen chinesischen Fans und mit großen Einnahmen gerechnet worden war. Andererseits wurde Erleichterung ausgedrückt, weil nicht nur mit großen Einnahmen, sondern auch mit verstärkter illegaler Einwanderung gerechnet worden war. Illegale Einwanderung wurde zwar als ein allgemeines Problem wahrgenommen, das sich bereits bei anderen großen Sportveranstaltungen gezeigt hatte und nicht auf Chinesen beschränkt war.261 Dennoch wurden vor allem chinesische WM-Touristen verdächtigt.
Obwohl Südkorea angesichts zur WM anreisender chinesischer Fans vor dem gleichen Problem stand, war die Wahrnehmung dort eine andere. Die Chinesen wurden als willkommene Gäste gesehen, wie die koreanische STA es kurz vor der Gruppenauslosung in einem Titel zum Ausdruck brachte: „Das 200 Millionen schwere China oder die USA und die Terrorangst.“262In dem Artikel wurde deutlich, dass Korea bereits im Vorfeld der WM für Chinesen zu einem beliebten Reiseziel geworden war, besonders, seit China sich für die WM qualifiziert hatte, hieß es in der STA. Ein weiterer Grund dafür, dass Südkorea im Vergleich zu Japan in der Beliebtheit chinesischer Touristen steige, liege einerseits darin, dass die Preise niedriger seien als in Japan. Andererseits sei ein wichtiger Grund, dass südkoreanische Popkultur in China sehr beliebt ist. Da ein chinesischer Tourist in Korea im Durchschnitt mindestens 2000 Dollar ausgibt, lagen die für 10 000 chinesische WM-Besucher geschätzten Einnahmen bei etwa 200 Millionen Dollar, die Korea nur ungern Japan überlassen hätte. In dem Artikel wurde vor diesem Hintergrund ausgeführt, dass Japan sich in seiner Touristikwerbung lieber auf WM-Touristen aus Westeuropa konzentriere, von denen auch hohe Einnahmen erwartet würden. Nach dem Motto: „Reisen in Japan, Fußball in Südkorea“ wolle Japan versuchen, westeuropäische WM-Touristen ins Land zu locken, analysierte die STA.263
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Wie Südkorea und China hatte sich auch Japan dafür entschieden, die sportliche Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft einem Ausländer anzuvertrauen. Auf den Schultern des Franzosen Philippe Troussier ruhten die Fußballhoffnungen der Nation. Bei der Auseinandersetzung mit Troussier stand jedoch nicht sein Trainingskonzept im Mittelpunkt. Was die japanischen Medien am meisten beschäftigte, war der Charakter Troussiers.264 Bis hin zu psychologischen Erklärungen und dem Versuch, Charaktereigenschaften auf Vater und Mutter zurückzuführen, wurde er mit großer Hingabe diskutiert.
Es wurde betont, dass Troussier kein erfolgreicher Fußballspieler gewesen sei, bevor er die Trainerlaufbahn einschlug. Er habe es nicht weiter als bis in die 2. französische Liga gebracht. Auch seine Karriere als Trainer zeugte in den Augen der japanischen Presse von Zweitklassigkeit. Immer wieder wurde erwähnt, dass Troussier die Nationalmannschaften verschiedener afrikanischer Länder trainiert habe, ohne es jedoch zu nennenswerten Erfolgen zu bringen und ohne internationales Ansehen zu erlangen. Er sei stets ein „eineinhalbklassiger“ Trainer geblieben, der in ein „zweitklassiges“ Fußballland gekommen sei.265 Auch das Niveau des japanischen Fußballs wurde als international wenig konkurrenzfähig angesehen. Zwar konnte Japan im Jahr 2000 den Asien-Cup gewinnen, aber die Gegner seien „Fußball-Entwicklungsländer“ gewesen.266Von der japanischen Elf wurde erwartet, dass sie bei der WM das Achtelfinale erreicht. Diese Erwartung gründete weniger auf gesteigertem fußballerischen Können, als vielmehr auf der Gewohnheit, dass es
„in der gesamten WM-Geschichte noch nie vorgekommen ist, dass ein Ausrichtungsland die Vorrunde nicht überstanden hat. Wenn man die Vorrunde übersteht, heißt das Weiterkommen in die Hauptrunde, d.h. [sic!] also Einzug ins Achtelfinale. Das ist eine Japan auferlegte ,Pflicht’. Deshalb ist es auch egal, was für ein Fußball gespielt wird. Hauptsache, wir kommen in die Hauptrunde. Auch wenn es langweilig wird, wird sich niemand beschweren.“267 |
Dieser japanische Fußball ging eine Liaison mit einem französischen Trainer ein, der als schwierig galt und dem von der japanischen Presse Selbstliebe, Egoismus und unerschütterlicher Stolz als Attribute zugeschrieben wurden.268 Er sei „emotional“269und unbeherrscht, hieß es. „Zusammenstöße“ mit seinem Arbeitgeber, dem Japanischen Fußballverband, mit Journalisten oder Spielern waren nicht selten. Man sei daran gewöhnt, dass über Troussier berichtet werde, er habe „gebissen“.270Spieler soll er geschubst und nach dem Spiel einzeln namentlich aufgerufen und kritisiert haben.271
Dennoch konnten manche Beobachter Troussiers Stil positive Aspekte abgewinnen. Okada Takeshi, ein früherer Trainer der japanischen Nationalmannschaft, stellte sich zwar nicht bedingungslos hinter Troussier, verwies aber auf
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„[...] die Tatsache, dass er uns durch seine Exzentrik gezwungen hat, tough zu werden.“272„Es scheint doch so zu sein, dass Japaner sich nicht ändern können, wenn es keinen Druck von außen gibt. Zum Beispiel der Fußballverband: Wenn sie zusammen [mit den Spielern] essen und mit deren Familien Kontakt pflegen, dann hat der Verband keine Macht und kann deshalb seinen Standpunkt nicht ändern. Dann kommt Troussier und sagt: ,Sowas brauchen wir hier nicht!’“273 |
In der Gegenüberstellung von Troussiers Methoden und dem Charakter des japanischen Fußballs klingt ein Thema an, das im Verlauf der WM stärker diskutiert wurde. Stand während der Vorbereitungen auf die WM noch die Person des Trainers im Vordergrund des Medieninteresses, war es nach dem Beginn des Turniers das Fußballspiel der Japaner, das im Vergleich zu dem der Koreaner die Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Meinung des ehemaligen Nationaltrainers Okada, dass den japanischen Spielern etwas Entscheidendes fehle, nahm das Hauptthema der späteren Diskussion vorweg. Er vermisse den Kampfgeist, sagte Okada, den unbedingten Willen zu gewinnen, und die Hingabe, auch aus scheinbar verlorenen Situationen noch etwas herausholen zu wollen. Seine Beobachtungen hatten ihn zu dem Schluss kommen lassen, dass die japanischen Spieler nicht motiviert und nicht hart genug seien. Als er eine Gruppe von ihnen einmal begleiten konnte, dachte er zunächst: „Wow, sind die gut.“ Aber nach ein paar Tagen verstärkte sich das Gefühl, dass den Spielern irgendetwas fehle:
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„Sie sind gut, sie sind smart, aber irgendetwas hatte sich abgekühlt. Sie agieren ohne wahre Begeisterung. [...] Wenn sie verlieren, sagen sie nicht: ,Wir müssen noch einen Punkt holen!’ Das halte ich für tödlich. Beim Fußball muss man [...] unbedingt den Willen haben, Dreck zu fressen, ,Du Arsch!’ zu sagen, sonst hat das keinen Sinn. In Europa sind besonders die englischen Spieler beim Kämpfen wirklich toll. [...] Auch wenn sie sich verletzt haben, sagen sie immer: ,Is okay, is okay’. In Japan heißt es immer: ,Ahh, hier habe ich was abbekommen.’ Da ist die Mentalität völlig anders. Ob man das Toughness nennen kann ..., so etwas ist es jedenfalls.“274 |
An dieser Einstellung versuchte Troussier, mit seiner weit über das Spielfeld hinausreichenden Trainingsphilosophie zu arbeiten. Um die Kraft der Gruppe zu stärken, brachte er die Spieler in Situationen, in denen sie ihr soziales Verhalten trainieren sollten. Als beispielhaft galt seine Vorbereitung auf die Junioren-Weltmeisterschaft U 20 im Jahr 1999. Mit der Mannschaft fuhr er in ein afrikanisches Trainingslager. Die Spieler trafen den König und den ehemaligen Präsidenten des Landes und sie besuchten ein Kinderheim. Troussier ließ die Spieler außer Haus essen und ihre Schuhe selbst pflegen. Auf Partys durften sie sich „nicht in der hintersten Ecke verkriechen, sondern er hat angeordnet, dass sie unter die Leute gehen und sich unterhalten.“275
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Troussier beschrieb die Grundidee, nach der er eine Mannschaft aufstellt, so: „Bei der WM ist es nicht so, dass man die besten 23 Spieler versammelt und kämpfen lässt. Man bringt die Spieler zusammen, die als Organisation die beste Gruppe werden.“276Aus diesem Grund testete er zahllose Spieler. Um deren Konzentration und Konkurrenzwillen zu erhalten, vermied er es so lange wie möglich, sich auf eine Mannschaft festzulegen und motivierte die Spieler stets mit dem Hinweis: „Die Tür ist noch nicht geschlossen.“277 Dieses Vorgehen wurde scharf kritisiert und Troussier vorgeworfen, dass viele Spieler sich aufgrund der dauernden Belastung Verletzungen zuzogen.278Gleichzeitig wurde die Frage aufgeworfen, in welchem Maße Troussier, der die Spieler mit ständigen Forderungen konfrontierte, selbst bereit war, sich auf die japanische Mentalität einzulassen und den Spielern, die sich sehr bemühten, seinen Anweisungen nachzukommen, mit Zugeständnissen entgegenzukommen.279
Trotz aller Kritik konnte Troussier nicht nur Verbesserungen erreichen, sondern er erhielt dafür auch Anerkennung. Kurz vor dem Beginn der WM bestätigte Okada Takeshi der Mannschaft, dass er „[...] beim ganzen Team eine große Entspanntheit“ spüre und dass die Spieler „aufgehört haben, sich selbst durcheinanderzubringen.“280
Troussiers exzentrischem Verhalten und seiner geringen Kompromissbereitschaft brachten die japanischen Medien so großes Interesse entgegen, dass sie auf der Suche nach Erklärungen begannen, Troussiers Charakter psychologisch zu ergründen und sich mit seiner Herkunft auseinanderzusetzen. Während die Leidenschaft und Exzentrik des Trainers dem Erbe seiner Mutter zugeschrieben wurden, habe er „von seinem einsilbigen und einfachen Vater [...] eine Zielstrebigkeit geerbt, die keine Mühe scheut, um ans Ziel zu gelangen“, schrieb der Journalist und Fußballanalyst Tamura Shūichi.281 Als Franzose, so Tamura, scheue Troussier weder Konfrontation noch Isolation. Beides erlebte Troussier in Japan so oft, dass Tamura die Frage aufwarf, ob „eine solche Persönlichkeit [...] überhaupt in die japanische Gesellschaft integriert werden kann.“282Angesichts dieser Schwierigkeiten kam es „wie erwartet [...] in Japan nicht gerade zu einer Troussier-Welle [der Begeisterung]. Verblüfft von Troussiers Angriffen haben besonders der Japanische Fußballverband und die Medien ihn mal ignoriert und mal im japanischen Stil zurückgeschlagen.“283 Die Irritation des Fußballverbandes war nachvollziehbar, da Troussier nicht zögerte zu erklären, dass er „die japanischen Traditionen, soweit sie die Entwicklung des japanischen Fußballs behindern, zerstören“ müsse. In dieser Hinsicht sei er ein „Traditionszerstörer“.284Auf diese kompromisslos vorgetragene Haltung reagierte der Japanische Fußballverband unflexibel. Wie Begegnungen typischerweise verliefen, beschrieb Tamura:
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„Diese Traditionen zeigen sich beispielsweise, wenn Troussier sagt, er möchte dieses oder jenes machen. Der Leiter des Technikkomitees überbringt den Wunsch dem Verband, am nächsten Tag kommt die Antwort, dies sei okay, aber jenes gehe nicht. Wenn Troussier fragt, warum es nicht gehe, heißt es, weil es bereits entschieden sei. Wenn er fragt, wer das entschieden habe, heißt es, der Verband. Das war das Flair des besonderen japanischen Charakters, der die tatsächliche Organisation des Verbandes verdeckt und die Träger der Verantwortung verschleiert.“285 |
Auf dieses Verhalten reagierte Troussier, indem er Forderungen stellte:
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„,Ich möchte mit dem Zuständigen direkt sprechen. Und ich möchte bei den Entscheidungen dabei sein. Der Japanische Verband hat mich ja wohl berufen, weil er der Meinung ist, ich kann etwas. Sollte er dann für das, was ich sage, nicht etwas aufgeschlossener sein?’ Aber seine Stimme fand nirgends Gehör. [...] ,Je länger ich in Japan bin, desto isolierter fühle ich mich.’ Japans Antwort auf diesen Troussier war die ,Rücktrittsunruhe’. Auch die japanische Seite wollte Troussier, der keine Anstalten machte, sich den japanischen Gepflogenheiten anzupassen, seine Grenzen zeigen.“286 |
Die „Rücktrittsunruhe“ war ein Zwischenfall, bei dem das Gerücht in Umlauf gesetzt wurde, dass Troussier als Nationaltrainer zurücktrete. Zwei Tage nach einer Niederlage gegen Südkorea berichtete die Tageszeitung Asahi Shinbun im April 2000 plötzlich auf der Titelseite, Troussier trete zurück. Auch der Fernsehsender NHK sendete Gleiches in den Morgennachrichten. Der Japanische Fußballverband dementierte die Meldung zwar, in der Atmosphäre, die der Verband und die Medien aufbauten, verbreitete sich die Nachricht dennoch schnell.287
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Zu Troussiers Isolation in der japanischen Fußballwelt trug bei, dass er zwar unmissverständlich forderte, seinem Stil müsse Folge geleistet werden, selbst aber nicht die Bereitschaft vermittelte, sich der japanischen Mentalität und Gesellschaft anzunähern. Als Indiz für Troussiers mangelnde Anpassungsbereitschaft wurde in den Medien angeführt, dass er keine Versuche unternahm, die japanische Sprache zu erlernen. Selbst nach vier Jahren war er nicht in der Lage, einfache Sätze zu formulieren. Der Journalist Sawaki Kōtarō schrieb:
„Es scheint [..] sicher zu sein, dass Troussier es zu irgendeinem Zeitpunkt aufgegeben hat, Japanisch lernen zu wollen. Aber so kann er nicht arbeiten. [...] Ihm stehen lebendige Menschen gegenüber und die meisten sind junge Menschen, die nur Japanisch verstehen. An einem solchen Arbeitsplatz auf das Sprachlernen zu verzichten, ist gleichbedeutend damit, auf die Kommunikation zu verzichten.“288 |
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Als Troussier bei einer Pressekonferenz kurz vor dem Beginn der WM anlässlich eines Freundschaftsspiels gegen Schweden am 25. Mai 2002 dann doch die Journalisten auf Japanisch dazu aufforderte, die Mannschaft zu unterstützen, war es für diesen Versuch bereits zu spät.
„Angenommen, das wären die Worte eines bei den Journalisten beliebten Nationaltrainers gewesen, dann hätte es wohl einen großen Applaus gegeben. Vielleicht hat Troussier das auch gehofft. Aber hier hat die Mehrheit der japanischen Journalisten nur bitter gelächelt“, |
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kommentierte Sawaki.289 Die Journalisten Sawaki Kōtarō und Moronaga Yūji waren sich in ihrer Analyse einig: Troussiers exzentrisches Auftreten und seine zur Schau getragene Stärke waren eigentlich ein Ausdruck seiner Schwäche. Angesichts seines unkontrollierten Verhaltens gegenüber Spielern fragte Moronaga, ob das nicht ein „Nach-außen-Kehren von Komplexen“ sei?290Sawaki richtete sein Augenmerk auf die Pressekonferenz, auf der die Aufstellung der WM-Mannschaft bekannt gegeben wurde. Troussier, der für die Auswahl der Spieler verantwortlich zeichnete, war nicht anwesend.
„Warum hat Troussier [die Mannschaftsaufstellung] nicht selbst bekannt gegeben? [...] Wenn er unbedingt gewollt hätte, wäre es möglich gewesen. Er hat es wieder vermieden, sie selbst bekannt zu geben. [...] Er hat im Grunde einen ängstlichen Charakter. Auf den ersten Blick sieht er willensstark aus. Bei Trainingsszenen, die man in Fernsehen sieht, sieht man einen Troussier, der im scharfen Ton herumkommandiert. Deshalb hält man ihn für aufbrausend. Er ist wohl aufbrausend. Aber aufbrausend zu sein ist nicht unbedingt gleichbedeutend damit, willensstark zu sein. Er ist aufbrausend, aber ängstlich und unsicher. Das ist Troussier. Wenn er in eine schwierige Situation kommt, gerät er in Panik. Dann läuft sein Gesicht rot an und sein Ton wird gereizter. So spricht er mit dem Verband, den Spielern, den Medien. Tatsächlich zeigt das seine Schwäche, aber von außen sieht es nach Stärke aus. [...] Ich denke, dass es von großer Bedeutung war, dass Troussier nicht zur Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung gekommen ist. [...] Die meisten Spieler werden zweifellos denken: ,Er hat sich gedrückt.’ Werden die Spieler nicht bei der nächsten gefährlichen Situation denken: ,Er wird sich wieder drücken.’ Wenn das nächste Mal etwas passiert, wäre das bei der WM.“291 |
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Troussiers Unsicherheit, die ihn in wichtigen Momenten in Panik verfallen ließ, spürte Sawaki auch bei der Spielerauswahl:
„Auch die plötzliche Wahl von Akita [Yutaka] zeigt seine Ängstlichkeit. In Japan war Akita schon lange als sehr guter Abwehrspieler bekannt. Dass er nicht zum Zuge kam, lag daran, dass man der Meinung war, beim Einsatz der [Abwehrformation] ,Flat 3’ auf ihn verzichten zu können. Aber die 0:3-Niederlage gegen Norwegen hat Troussier in Panik versetzt. Da brauchte er dann doch einen physisch und auch im Kampf starken Verteidiger. Das ist Akita.“292 |
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Als Troussier während der WM beim Spiel gegen die Türkei zwei Topspieler austauschte, deutete Sawaki auch das als ein Zeichen von Unsicherheit:
„Es kann sein, dass es etwas anderes als Panik war, aber die erste Runde war geschafft und eine große Entscheidung stand bevor. Da bekam Troussier das ,Zittern’. Er konnte seinem Instinkt, der ihn bis dahin geleitet hatte, nicht bis zum Schluss vertrauen. Das ist gleichbedeutend damit, dass er den Spielern, die er ,meine Kinder’ nennt, nicht vertrauen konnte. ,Meine Kinder’ ist eine selbstherrliche und unangenehme Bezeichnung. Troussier konnte ihnen, deren Selbstvertrauen von Spiel zu Spiel größer wurde und die ihre Fähigkeiten in den verschiedensten Situationen hatten beweisen können, nicht vertrauen.“293 |
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Die intensive Beschäftigung der Medien mit dem französischen Trainer kann als Interesse an der Person Philippe Troussier gesehen werden. Sie war darüber hinaus eine interkulturelle Auseinandersetzung mit einem Fremden, der einen wichtigen Platz in der japanischen Gesellschaft einnahm, sich aber nicht in dem Maße an seine Umwelt anpassen wollte, oder anpassen konnte, wie es von ihm erwartet wurde.
Die gemeinsame Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft wurde nicht in einen Kontext der Aufarbeitung der japanisch-koreanischen Beziehungen gestellt, die Planung wurde aber dennoch von Fragen beeinflusst, die durch die unzureichend ausgearbeitete Vergangenheit aufgeworfen wurden. Ein Anlass war die organisatorische Frage, ob die Staatsoberhäupter Japans und Südkoreas als Repräsentanten der Gastgeberländer an der Eröffnungsfeier in Seoul teilnehmen sollten. Da der Kaiser nach der japanischen Verfassung das Amt des Staatsoberhauptes bekleidet, wenn auch nur in repräsentativer Funktion, hätte er nach Seoul reisen sollen und es wäre die erste Reise nach Südkorea gewesen. Aufgrund der umstrittenen Rolle, die sein Vater, Kaiser Hirohito (Reg. 1925-1989), in Japans Kriegsgeschichte gespielt hatte, wurde die Frage im japanischen WM-Diskurs zum Diskussionsgegenstand. Die Zeitschrift Aera widmete dem Thema einen Artikel, in dem der Journalist Miura Toshiaki diskutierte, welche Probleme mit Reisen des Tennō in Japans Nachbarländer verbunden sind.294Beide Seiten vermieden es, das Thema frühzeitig in der Öffentlichkeit zu diskutieren und aus Japan kamen von Anfang an negative Signale.295
Das protokollarische Problem bei der WM-Planung macht deutlich, welchen Einfluss die nicht aufgearbeitete Vergangenheit auf konkrete Situationen in der Gegenwart hatte. Chŏng Mong-jun, der Vorsitzende des Organisationskomitees Korea, nahm in der Frage eine pragmatische Haltung ein. Er verstehe, betonte er, dass der Kaiser den japanischen Staat symbolisiere. Da es eine von zwei Ländern ausgerichtete Veranstaltung sei, sei es gut und wünschenswert, wenn die Spitzen der beiden Länder bei der Eröffnungsfeier und beim Finale anwesend seien. Er äußerte ferner die Überzeugung, dass die meisten Koreaner den Tennō herzlich willkommen heißen würden.296Wichtig war für ihn die Tatsache, dass an der Eröffnungsfeier wohl auch der chinesische Staats- und Parteichef Jiang Zemin teilnehmen würde. Ein Treffen aller drei Staatsoberhäupter hätte auch historisch eine große Bedeutung, hob Chŏng hervor.297Der Journalist Ishikawa wies darauf hin, dass von Teilen der japanischen Regierung die Meinung vertreten werde, dass es für den Fall einer WM-Ausrichtung durch zwei Länder noch keine FIFA-Regeln gäbe und deshalb die Teilnahme beider Staatsoberhäupter nicht vorgegeben sei.298 Gegen diese Argumentation, die als Ausrede erscheint, um einer Auseinandersetzung um die Rolle des Kaisers in der japanischen Kriegs- und Kolonialgeschichte aus dem Weg zu gehen, hebt sich die Haltung Südkoreas umso stärker ab.
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Als stellvertretend für ein pragmatisches Herangehen von japanischer Seite kann die Argumentation Okonogi Masaos und des Journalisten Miura Toshiaki gesehen werden. Da bereits mehrere südkoreanische Präsidenten Japan besucht hätten und das Problem eines Kaiserbesuchs auch unabhängig von der WM bestehe, müsse früher oder später eine diplomatische Lösung gefunden werden, sagten Okonogi und Miura.299Warum also nicht die WM als willkommenen Anlass nutzen? In der Frage, ob es eine gute Idee sei, einen Besuch anlässlich der Fußballweltmeisterschaft zu forcieren, gab es unterschiedliche Ansichten. Wie oben bereits erwähnt, vertrat Okonogi die Meinung, dass ein Besuch erleichtert werde.300Der Journalist Chi Tong-uk hingegen illustrierte die Wirkung eines Besuchs unter diesen Umständen mit dem Verhalten eines Diebes, der sich an einer Brandstätte zu bereichern suche.301Der Journalist Ishikawa vertrat die Ansicht, dass die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage einer Entschuldigung Japans mit der Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung Japans und der Republik Korea“ von 1998 durch Präsident Kim Tae-jung und Premierminister Obuchi Keizō beantwortet worden sei.302Werde die Gelegenheit diesmal nicht wahrgenommen, sei der „Tennō-Besuch in Korea als eine symbolische Zeremonie der Versöhnung der beiden Länder eine für viele Jahrzehnte vertane Chance.“303
Um die Bedeutung der Teilnahme des Kaisers für die zukünftigen Beziehungen in Ostasien zu verdeutlichen, hob auch Ishikawa hervor, dass der chinesische Staats- und Parteichef zur Eröffnungsfeier der WM geladen sei. Unter diesen Umständen werde die ablehnende Haltung Japans dazu führen, „dass bei der Eröffnungsfeier das Staatsoberhaupt Japans, des einen der beiden Ausrichter, nicht teilnimmt, dafür aber die merkwürdige Szene weltweit im Fernsehen gesendet wird, [die zeigt,] dass das Staatsoberhaupt Chinas geladen ist.“ Er warf die Frage auf, „ob das für Japan günstig ist?“ Gerade hier, kritisierte er, „spürt man einen großen Unterschied bei der aktiven ,WM-Diplomatie’ Südkoreas, das die WM als Gelegenheit [nutzt] [...] und eine durchgreifende Verbesserung der chinesisch-südkoreanischen Beziehungen anstrebt.“304Sollte ein Besuch des Tennō zur Eröffnung der WM nicht möglich sein, so werde die WM helfen, die Voraussetzungen für einen solchen Besuch zu schaffen, erklärte Okonogi Masao. Die Erfahrungen der beiden Länder bei der gemeinsamen Aufgabe und die Atmosphäre, die bei der WM entstehe, würden es ermöglichen, dass ein Besuch auch ohne komplizierte Ansprachen möglich werde.
„Die gemeinsame Ausrichtung wird das Bewusstsein der beiden Völker über unser Vorstellungsvermögen hinaus verändern. Die beiden Länder haben bis jetzt nicht die Erfahrung gemacht, etwas gemeinsam erreicht zu haben. Wenn man ein [gemeinsames] Ziel in der Zukunft hat, entstehen Partnerschaft und ein Bewusstsein der Gleichberechtigung. Wenn die Atmosphäre in beiden Ländern steigt, ist es auch damit getan, wenn seine Majestät nicht so schwierige Dinge sagt. [...] Man muss nicht so kompliziert über die WM denken. Es ist ein Sport-Event. Sollte Japan ein Land sein, das mit seinem Nachbarn kein Event veranstalten kann?“305 |
Hinter dieser Erwartung steht die Hoffnung, dass die durch die WM ermöglichten Erfahrungen und Emotionen eine Annäherung zwischen Japan und Südkorea bewirken werden, ohne dass Japan sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen muss. Wie Okonogi verstanden die Vertreter dieser Meinung die gemeinsame Ausrichtung der WM als die Organisation einer Sportveranstaltung, die sich zwar positiv auf die gegenseitigen Beziehungen auswirken kann, an die aber keine Erwartungen hinsichtlich einer Einbettung in einen Prozess der Geschichtsaufarbeitung gestellt wurden.
Diese Ansichten stehen im Gegensatz zu den Erwartungen, die vor allem ältere in Japan lebende Koreaner auf die Frage äußerten, was nötig sei, „damit dieses Weltereignis zum Grundstein der Zukunft der beiden Länder wird?“306Im Gegensatz zu den von Chŏng Mong-jun und Okonogi Masao vertretenen pragmatischen Ansätzen stand für viele der befragten Koreaner eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit im direkten Zusammenhang mit der gemeinsamen WM-Ausrichtung. Der 74-jährige Yi In-ha machte deutlich, dass Koreaner und Japaner die gegenseitigen Beziehungen von grundsätzlich verschiedenen Standpunkten aus betrachten.
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„Die Japaner wollen nicht mehr auf die Vergangenheit angesprochen werden. Sie fragen sich, ob sie für immer und ewig die Täter bleiben müssen. Die Koreaner hingegen berufen sich auf die Vergangenheit. Sie sagen, von dort aus müsse man beginnen“, |
erklärte Yi in der CK.307 Ohne auf die Vergangenheit Bezug zu nehmen, so der Tenor der älteren Koreaner, kann die gemeinsame Ausrichtung kein Erfolg werden. Hong Nae-ryun, 47-jähriger Dozent an der Takushoku-Universität und Generalsekretär des Verbandes der in Japan studierenden Koreaner, war der Meinung, dass Japan zwar wiederholt sein Bedauern ausgedrückt habe, dass diese unklaren Ausdrücke aber von den Koreanern nicht akzeptiert würden. Um die WM zu einer Gelegenheit zu machen, sich auszutauschen und von der Kultur des anderen zu lernen, hielt er es für notwendig, dass Japan möglichst schnell eine deutliche Entschuldigung aussprechen müsse.308Ein wichtiges Anliegen war ferner, dass die jungen Japaner sich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen sollten. Zwar sei auch in den Augen vieler Koreaner „Vergangenheit Vergangenheit und Gegenwart Gegenwart“,309wie der 30-jährige Student und Firmenrepräsentant Yi Myŏng-u es ausdrückte. Yi In-ha kritisierte aber, dass „die heutige junge Generation von Japanern denkt, sie habe mit der Vergangenheit überhaupt nichts zu tun.“ Die gemeinsame Ausrichtung sollte seiner Meinung nach dazu genutzt werden, diese Einstellung zu verändern.310
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In diesem Zusammenhang brachte Yi Myŏng-u den Geschichtsunterricht zur Sprache. Eine Überbetonung der Kolonialzeit habe in Südkorea das Japanbild von Generationen negativ geprägt. „Es kann sein, dass man in Korea zu viel darüber lernt, aber in Japan wird die Geschichte der Gegenwart so gut wie gar nicht unterrichtet“, kritisierte er.311Seine Forderung, dass es in Japan korrekten Geschichtsunterricht geben müsse, unterstrich er damit, dass die Tatsache, dass Japan eine Großmacht sei, eine Entschuldigung und die Aufarbeitung der Vergangenheit umso erforderlicher mache.312
Den im Geschichtsunterricht verwendeten Materialien kommt nicht nur im Unterricht, sondern auch in den japanisch-koreanischen Beziehungen eine große Bedeutung zu. Die Zulassung eines stark nationalistisch gefärbten Geschichtslehrbuches für den Unterricht an japanischen Mittelschulen im Jahr 2001 trug dazu bei, dass sich die Beziehungen erheblich verschlechterten, nachdem sie durch den Besuch des Präsidenten Kim Tae-jung im Oktober 1998 eine wesentliche Verbesserung erfahren hatten. Als Experte für die gegenseitigen Beziehungen setzte sich Chi Myŏng-gwan anlässlich der gemeinsamen WM-Ausrichtung ausführlich mit diesem Thema auseinander und ging auch auf jenes umstrittene Lehrbuch, das Neue Geschichtslehrbuch (Atarashii rekishi kyōkasho), ein.313Das Problem bei diesem Schulbuch sei weniger, wie einzelne Tatsachen beschrieben werden, so Chi. Das Problem sei vielmehr die Geschichtssicht des japanischen Kultus- und Forschungsministeriums, das behauptete: „Da können wir uns nicht einmischen.“314Eine Sicht der Geschichte, wie sie in dem Lehrbuch vertreten werde, könne nicht ausschnittsweise korrigiert werden, so Chi.315Dann bezog er sich auf E. H. Carr, der in seinem Buch „Was ist Geschichte?“316die Meinung vertreten habe, nicht nur die Frage, welche Geschichte man schreibe, sondern auch die Frage, welche Geschichte man nicht schreibe, sage gleichermaßen etwas über eine Gesellschaft aus. An diesem Punkt verwies er auch darauf, dass das Neue Geschichtslehrbuch von kaum einer Schule als Lehrbuch ausgewählt worden sei. Auch das sage etwas über die japanische Gesellschaft aus.317
Im Zusammenhang mit der regional wie international wichtiger werdenden Rolle Japans skizzierte Chi Myŏng-gwan seine Vorstellung eines kooperierenden Ostasiens. Für die Zukunft hielt er ein wesentlich engeres Verhältnis der Länder Japan, Südkorea und China für notwendig. Egal, um welches Problem es sich handle, es sei wichtig, dass die Spitzengremien der drei Länder sich sofort untereinander beraten und gemeinsam reagieren würden, wenn Probleme aufträten. Dann würden die Verbindungen untereinander langsam stärker werden.318 Auch die Beziehungen zu Nordkorea dürfe man nicht länger nur als bilaterale Beziehungen betrachten, forderte Chi. Jedes Problem sollte in einem ostasiatischen Rahmen betrachtet werden.319Seine Vision eines integrierten Ostasiens illustrierte er anhand der Möglichkeiten, die eine Gelegenheit wie die Eröffnungsfeier der WM biete:
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„Im Mai 2002 wird z.B. die Fußball-WM in Korea eröffnet. Vom Sportlichen her gesehen ist sicher das Endspiel in Japan interessanter, aber als politisches Event ist die Eröffnungsfeier am interessantesten. Zu der Eröffnungsfeier ist Jiang Zemin geladen und natürlich wird auch Koizumi kommen. Wenn man noch Kim Chŏng-il dazu einladen würde und die Staatsoberhäupter sich ganz zwanglos treffen, miteinander lachen und sich unterhalten würden, ganz nach dem Motto: Wir haben da das und das Problem, könntet ihr uns dabei nicht helfen? Wenn man es zu einer solchen Gelegenheit mache würde, wie wäre das? Wenn man es so machen würde, käme man von der internen politischen Performance der beiden Seiten Nord und Süd los und man käme dazu, die Probleme zwischen Nord- und Südkorea ganz normal als ostasiatische Fragen zu verstehen.“320 |
Auf welches Interesse an der Fußballweltmeisterschaft kann aus dem japanischen WM-Diskurs geschlossen werden, nachdem die früheren Erwartungen durch die FIFA-Entscheidung zur gemeinsamen Ausrichtung zunichtegemacht worden waren? Die integrierende Funktion des Events wird im Folgenden als Kontext genutzt, um die oben dargestellten Aspekte des WM-Diskurses zu interpretieren. Anlass dazu gaben die Aussagen des ehemaligen japanischen Botschafters in Südkorea und Präsidenten der Japan Foundation, Ogura Kazuo, und des Journalisten Ishikawa Yasumasa. Auf die Frage, welche Rolle Mega-Events wie die WM 2002 in der auswärtigen Kulturpolitik Japans spielen, antwortete Ogura, die WM sei dafür dagewesen, Distanz abzubauen und die Menschen zusammenzubringen.321Ishikawa brachte in einem Artikel seine Hoffnung zum Ausdruck, dass durch die WM das japanische Einzigartigkeitsdenken relativiert werde.322
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Ein Mega-Event bietet nicht nur Gelegenheit, den Status des Gastgebers in der Weltgemeinschaft zu demonstrieren, sondern auch Gelegenheit, die Welt zu sich nach Hause zu holen. Roche nennt diesen Aspekt multinational. Die von den Medien mit Interesse verfolgte dezentrale Unterbringung der ausländischen Mannschaften, die zum Teil eine intensive Auseinandersetzung der gastgebenden Gemeinde mit der Kultur und Sprache der Gäste bewirkte, vermittelt den Gastgebern interkulturelle Erfahrungen, die Roche als kosmopolitisch bezeichnet.323Der WM-Diskurs zeigt, welche Art des Kosmopolitischen mit der WM-Ausrichtung beabsichtigt war. Die Berichte über die engagierte, freudige Aufnahme von Mannschaften aus Kamerun und Ecuador standen im Gegensatz zu der Diskussion um chinesische WM-Touristen, die als potenzielle illegale Einwanderer wahrgenommen wurden. Nicht durch Begegnungen mit den nächsten Nachbarn sollten interkulturelle Erfahrungen vermittelt werden. Im Fokus der Erwartungen standen Länder, die sich durch eine große Entfernung zu Japan und durch ein weitgehend konfliktfreies Verhältnis auszeichneten. Anders als gegenüber China und Korea, bei denen die Beziehungen zu Japan eine konfliktreiche Vergangenheit einschließen, hätte das Event der WM bei Ersteren seine Wirkung perfekt entfalten können, indem es Gemeinschaftserlebnisse vermittelt, nicht aber eine dauerhafte Gemeinschaft schafft. Japan und seine Nachbarländer hingegen sind nicht nur durch ihre Geschichte eng verbunden, sie sind auch in zunehmendem Maße auf Kooperation angewiesen. Durch die unerwartete und unerwünschte Partnerschaft mit Korea wurde der japanische Wunsch nach einem unbelasteten internationalen Austausch erheblich erschwert, denn um glaubhaft zu sein, war eine Auseinandersetzung mit dem Partner unumgänglich. Bei ihr darf jedoch das Kapitel der Vergangenheit nicht ausgespart werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Befragung von Koreanern zu ihren Erwartungen an die WM zu sehen. Sie kann als Vermeidungsstrategie interpretiert werden. Die Antworten der Befragten waren voraussehbar: Forderungen nach einer Entschuldigung Japans für seine Verbrechen, nach einer korrekten Darstellung der Geschichte in Lehrbüchern und nach einer Erarbeitung eines gemeinsamen Geschichtsbewusstseins. Statt diese Fragen von japanischer Seite in den WM-Diskurs einzubinden, wurde die unangenehme Aufgabe Koreanern überlassen. Auf indirektem Weg konnte so der Rahmen abgesteckt werden, in dem sich eine WM-Diskussion hätte bewegen können, ohne sie jedoch tatsächlich zu führen. Das macht deutlich, dass einerseits die Möglichkeiten und Erfordernisse, die durch die gemeinsame Ausrichtung entstanden waren, erkannt wurden. Gleichzeitig zeigt es aber, dass kaum Bereitschaft bestand, sich mit der neuen Dimension der WM-Ausrichtung auseinander zu setzten. Als konstruktiv erwies sich die Befragung jüngerer, in Korea geborener Koreaner, die sich für persönliche Begegnungen aussprachen, denn diese Erwartungen konnten durch den Event-Charakter der Fußballweltmeisterschaft einfach erfüllt werden.
Die Auseinandersetzung der japanischen Medien mit dem Trainer Philippe Troussier kann als verpasste Chance einer interkulturellen Begegnung gelesen werden. Die Wahrnehmung des Franzosen als komischen, charakterlich unreifen und unverständlichen Eindringling schloss eine fruchtbare Auseinandersetzung aus. Troussier wurde als Kuriosum beobachtet, das im japanischen System aneckte und das Publikum amüsierte. Was Anlass zu einer Reflexion interkultureller Zusammenarbeit hätte sein können, blieb, anders als in Korea, ungenutzt.
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Die Idee, den Bürgern durch bestimmte Veranstaltungen Verhaltensnormen nahezubringen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben als notwendig erachtet werden, ist nicht neu. Da sich Mega-Events einschließlich der Planungen und Vorbereitungen über den Zeitraum vieler Jahre erstrecken, erste Entscheidungen für eine Bewerbung um die Ausrichtung eines sportlichen Mega-Events fallen oft mehr als zehn Jahre vor dem eigentlichen Ereignis, und da sie die Bevölkerung einbeziehen, eignen sie sich hierfür besonders gut. In Form von Kampagnen wird beispielsweise versucht, das Verhalten im Alltag zu beeinflussen. Die koreanische Kulturbürgerbewegung im Vorfeld der WM war ein solches Beispiel (siehe unten). Neben Kampagnen besteht die Möglichkeit, durch die Teilnahme am Event, durch den Besuch der Event-Anlagen und durch die Benutzung des für das Event gestalteten Umfeldes den Besuchern bestimmte Erfahrungen zu ermöglichen und bestimmte Verhaltensweisen zu provozieren, sie einzuüben und auf diese Weise deren Übertragung auf Situationen außerhalb der Event-Anlage oder der Event-Situation vorzubereiten. Diese Funktion wurde bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei der Anlage von öffentlichen Museen und Parks erkannt: Sie wurden als Instrumente betrachtet, durch die die Arbeiterklasse mit neuen Formen zivilisierten, urbanen Benehmens vertraut gemacht werden sollte.324Auch ein Jahrhundert später war das Konzept nicht veraltet. Die Hauptattraktion der Expo 1988 in Brisbane lag für die Besucher darin, durch die Anlage zu flanieren und das wohlgeordnete Benehmen der anderen Flaneure zu beobachten. Die Anlage war mit einer künstlichen Stadt ausgestattet, mit Boulevards, Straßencafés, Straßenkünstlern, Varietés und Warteschlangen. Die neuartige Kombination verschiedener Aspekte der Freizeitgestaltung, die Ladenöffnungszeiten, die Begrünung der Stadt, die Gastfreundlichkeit, alles sollte nach den Vorstellungen der Organisatoren die Stadt dauerhaft verändern. Durch das Instrument Expo sollte Brisbane mitsamt seinen Bürgern kosmopolitisiert werden. Das Ziel der Kosmopolitisierung war es, die Bürger vor allem als Konsumenten anzusprechen und zu modernisieren. Die Expo sollte sie an neue Konsumangebote heranführen, die in Brisbane in Form des Myer Centre, eines Einkaufszentrums mit eigenem Amusement-Park, bereits vorhanden waren und auf Flaneure warteten.325
Für Japan, dessen Vernetzung mit der internationalen Gemeinschaft auf wirtschaftlicher und politischer Ebene immer weiter voranschreitet, ist es eine wichtige Aufgabe, diese Entwicklung auch im Bewusstsein der Bürger zu verankern. Kosmopolitisierung kann gleichzeitig zur lokalen Identitätskonstruktion beitragen. Die Welt ins eigene Land zu holen, um den interkulturellen Dialog bei einem zwanglosen Anlass zu erproben und Berührungsängste abzubauen, war dafür eine gute Gelegenheit. Die Umsetzung war durch die gemeinsame Ausrichtung mit Korea gefährdet, denn die Partnerschaft bedeutete, dass Themen angesprochen werden konnten oder mussten, deren Diskussion Japan im Rahmen der WM gerne vermieden hätte. Das wird hier als Grund dafür gesehen, dass das Thema Korea im japanischen WM-Diskurs gemieden und nur indirekt oder als organisatorisches Problem angesprochen wurde.
Das Ziel, das Südkorea mit der WM-Ausrichtung verfolgte, wurde von Pak Se-jik, dem ehemaligen Präsidenten des Organisationskomitees Korea, unmissverständlich formuliert:
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„Bei der Olympiade in Seoul [1988] waren wir stolz darauf, dass wir als geteiltes Land in die Reihe der entwickelten Länder aufrücken können, wenn wir das Sportfest richtig ausrichten. Die WM darf nicht nur ein einfaches Sportereignis werden. Dieses Turnier ist der Anlass, dass Südkorea ein Verkehrssystem, eine Umwelt, eine Kultur auf dem Niveau Japans haben muss.“326 |
Auch der Journalist Pu Chi-yŏng formulierte die Erwartung gegenüber dem Vorsitzenden des Japanischen Fußballverbands, Okano Shun’ichirō, sehr deutlich:
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„Sie haben von der koreanisch-japanischen Geschichte gesprochen. Ich denke, dass gerade in dieser Hinsicht das Jahr 2002 ein Wendepunkt werden wird, an dem sich die Geschichte der beiden Länder verändert. Vom koreanischen Standpunkt aus gesehen ist es so, dass wir, wenn wir dieses Sportereignis zu einem Erfolg machen, in der internationalen Gesellschaft einen Standpunkt auf der gleichen Augenhöhe wie Japan werden einnehmen können und wir hoffen besonders darauf, dass zwischen den jungen Leuten der beiden Länder ein distanz- und vorurteilsfreier Austausch zustande kommen wird.“327 |
Wie wichtig die Frage der Imagewerbung war, illustrierte der Generalsekretär des Organisationskomitees Korea, Ch’oe Ch’ang-sin, anhand eines Vergleichs mit der Olympiade 1988 in Seoul:
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„Wenn man die Olympiade und die WM vergleicht, ist die Eröffnungsfeier ein gutes Beispiel. Bei der Olympiade hatte die Eröffnungsfeier ein so großes Gewicht, dass sie ein Drittel der gesamten Veranstaltung ausmachte. Aber die FIFA mag so etwas nicht. Wenn wir [...] direkt mit den Spielen beginnen würden, würde die FIFA das sehr begrüßen. Die FIFA interessiert sich nur für das Ereignis selbst. Die Ausrichtungsländer sehen das aber anders. Wenn zwei Milliarden Menschen vor den Fernsehern sitzen und Südkorea sehen, möchte man bei dieser Gelegenheit nicht das eine oder andere über sein Land sagen und zeigen? Liegt ein Ziel der Ausrichtung der WM nicht auch darin, sich genau darum zu bemühen? Wenn es möglich ist, möchte ich so viel Zeit wie möglich dafür verwenden und eine farbenprächtige Kulturveranstaltung schaffen. Aber die FIFA erlaubt für die Eröffnungsveranstaltung 30, höchstens 40 Minuten. Sie denkt, wenn es länger dauert, nimmt bloß der Rasen Schaden und es gibt Probleme bei den Spielen. Außer der Eröffnungsfeier gibt es an offiziellen Gelegenheiten, bei denen sich Korea präsentieren kann, nur noch die Vorabendfeier und die Gruppenauslosung sechs Monate vor der WM. Zwischen der WM, wie wir sie uns vorstellen, und den Vorstellungen der FIFA gibt es so große Unterschiede.“328 |
Obwohl die Aktivitäten der Ausrichter durch die FIFA stark reglementiert wurden, war die Erwartung der ausrichtenden Städte, von der WM profitieren zu können, größer als die Angst vor Verlusten. Die Insel Cheju im Süden der koreanischen Halbinsel ist ein Beispiel: „Den Punkt, dass man die ganze Welt über die Insel Cheju, die sich das Tourismusgeschäft als oberstes Ziel gesetzt hat, informieren kann, kann man nicht in Geld berechnen“, versicherte der Leiter der Sportabteilung im Kulturministerium, Yi Hong-sŏk. Er wies daraufhin, dass neben abstrakten Auswirkungen wie der Verbesserung des Images auch die Erwartung bestehe, durch den Bau der Stadien die Finanz- und Wirtschaftskrise der vorangegangenen Jahre hinter sich zu lassen.329
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In Korea wurden die Fortschritte bei den Vorbereitungen sehr oft anhand eines Vergleichs mit Japan dargestellt. Der Bau der zehn WM-Stadien bereitete besondere Probleme und es war offensichtlich, dass Japan in diesem Bereich schnellere Fortschritte machte. Im Oktober 1998 hielt der Journalist Pu Chi-yŏng fest: „Was uns gegenwärtig die meisten Sorgen bereitet, ist der Bau der Stadien. [...] Aber die japanischen Vorbereitungen unterscheiden sich doch ganz erheblich von unseren.“330Zu diesem Zeitpunkt waren in Japan bereits zwei der Stadien-Neubauten fertiggestellt. In Korea hingegen hatten die Arbeiten für die wichtigsten Stadien noch nicht begonnen, da es nicht möglich gewesen war festzulegen, in welchen Städten die WM stattfinden sollte. Selbst das Hauptstadion in Seoul befand sich Ende 1998 erst in der Planungsphase.331 Der Präsident des Japanischen Fußballverbandes, Okano Shun’ichirō, wurde von Pu Chi-yŏng in einem Interview befragt und erläuterte den Stand der Vorbereitungen in Japan:
„Einfach gesagt: Sie verlaufen günstig. Zuerst hat sich das Organisationskomitee Japan in jeder [...] Ausrichtungsstadt, d.h. bis hin zur Ebene der Gemeindeverwaltungen, organisiert und es schreitet mit den Vorbereitungen voran. Von den Stadien sind zwei, die Stadien in Yokohama und in Ōsaka, schon fertig, und auch die restlichen acht, mit Ausnahme von Ōita [...], nähern sich der Vollendung der wichtigen Einrichtungen. In Sendai geht der Bau sogar schneller voran als geplant. [...] Mit einem Wort gesagt, im Falle Japans schreitet alles nach Plan gut voran.“ |
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Pu konfrontierte Okano daraufhin mit dem Stand der Dinge in Korea:
„[...] Im Vergleich zu Japan, wo nur noch Bestuhlung und Dach fehlen, konnte man in Südkorea noch nicht einmal die Frage der Auswahl der Ausrichtungsstädte beantworten. [...] Der Präsident des Koreanischen Fußballverbands, Chŏng Mong-jun, hat jetzt sogar erklärt, dass er [...] die Zahl der Stadien auf sechs bis sieben oder acht bis neun verringern wolle.“ |
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Darauf entgegnete Okano:
„Von unserem Standpunkt aus gesehen hat Korea im In- und Ausland erfolgreich gebaut und hat Know-how. Und in dem Punkt, dass es sogar die Olympiade [1988 in Seoul] gut ausgerichtet hat, möchten wir auf Koreas verborgene Fähigkeiten vertrauen.“332 |
Im koreanischen WM-Diskurs wurden ausdrücklich die deutlichen Unterschiede zwischen Japan und Korea hervorgehoben. Dem kontinuierlichen und plangemäßen Fortschreiten der japanischen WM-Vorbereitungen wurden Mängel auf der koreanischen Seite gegenübergestellt, die durch den Kontrast verstärkt wurden.
Andererseits wurde von den koreanischen WM-Organisatoren versucht, dieses Bild zu verwischen. Nachdem der Präsident des Organisationskomitees Korea, Pak Se-jik, im März 1999 die japanischen Ausrichtungsstädte besucht hatte, gab er folgende Einschätzung:
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„Hinsichtlich des Standes der Vorbereitungen gibt es die Tendenz zu denken, dass Japan uns wesentlich voraus sei, weil dort bereits zwei Stadien fertiggestellt wurden. Ich denke aber, dass wir uns wegen Japan nicht allzu viele Gedanken machen sollten. Tatsächlich ist es so, dass man, als ich in Kōbe war, dort immer noch damit beschäftigt war, bestehende Gebäude abzureißen. Natürlich hatte man mit dem Bau noch nicht beginnen können. Wir haben im vergangenen Februar mit dem Bau aller Stadien begonnen und haben vor, bis Dezember 2001 alle zehn zu vollenden. Deshalb halte ich es in dieser Hinsicht für schwierig, einfach unsere Situation mit der Japans zu vergleichen.“333 |
Indem Pak sich ausdrücklich auf Kōbe bezog, gab er ein verzerrtes Bild des Standes der Vorbereitungen in Japan wieder, denn die Stadt war bei dem Erdbeben 1995 stark beschädigt worden und aus diesem Grund kein repräsentatives Beispiel. Durch die Betonung, dass auch in Japan noch nicht mit dem Bau aller Stadien begonnen worden war, versuchte er, den Rückstand in Korea zu relativieren.
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Ähnlich agierte auch sein Nachfolger als Präsident des Organisationskomitees Korea, Yi Yŏn-t’aek, der sich ein knappes halbes Jahr vor dem Beginn der WM äußerst positiv über den Stand des Stadienbaus äußerte. Ohne in Erinnerung zu rufen, dass der Bau einiger japanischer Stadien bereits lange zuvor abgeschlossen worden war, hob er zunächst hervor, dass in Korea der Bau wie geplant vorangehe und dass bereits mehrere Stadien fertiggestellt seien.334Auf die Frage nach der Beurteilung der koreanischen Einrichtungen führte Yi nicht ohne Stolz aus, dass die FIFA noch bis zum vergangenen Jahr große Zweifel daran gehabt habe, ob bei dem Tempo der Baufortschritte die Stadien rechtzeitig fertig werden würden. Aber die FIFA habe übersehen, so Yi, dass das koreanische Bauen Weltniveau habe und dass es sehr schnell gehen könne, wenn nur Geld zur Verfügung stehe. Die FIFA sei überrascht zu sehen, wie jetzt ein Stadion nach dem anderen fertig werde.
„Die FIFA formuliert zwar keinen Vergleich zu Japan, aber sie gibt eine sehr hohe Bewertung der Stadieneinrichtungen und ist zufrieden. Besonders hoch bewertet sie, dass wir, im Vergleich zu Japan, das drei spezielle Fußballstadien [und sieben Mehrzweckstadien] hat, sieben spezielle Fußballstadien haben“, |
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lobte er.335Obwohl der Vorsprung Japans nicht zu leugnen war, war es Yi Yŏn-t’aek wichtig, Korea im Vergleich zu Japan positiv erscheinen zu lassen. Die Tatsache, dass Korea von der FIFA für die hohe Anzahl spezieller Fußballstadien gelobt worden war, konnte dennoch kaum die Zweifel der FIFA aufwiegen. Gerade die Tatsache, dass Korea die Stadien in so kurzer Zeit errichten musste, weist darauf hin, dass bei der langfristigen Planung Probleme bestanden.
Eine ähnliche Taktik des Jonglierens mit Vergleichen konnte auch bei anderen Gelegenheiten beobachtet werden. Auf die Frage, warum der Ticketverkauf in Korea schleppender als in Japan verlaufe, bemühte sich der Präsident des Organisationskomitees sofort, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, Japan in irgendetwas nachzustehen. Es liege nicht am Desinteresse der Koreaner, erklärte Yi Yŏn-t’aek, sondern vielmehr daran, dass die Kultur des Kartenvorverkaufs hier nicht heimisch sei. Um seine These zu untermauern und Korea in ein positives Licht zu rücken, fügte er hinzu, dass nicht Desinteresse der Bevölkerung der Grund sei, könne man daran erkennen, dass sich bereits viermal mehr Freiwillige als die einkalkulierten 12 000 Helfer beworben hatten, in Japan hingegen nur doppelt so viele.336Der schleppende Kartenvorverkauf sei vielleicht ein Kulturunterschied, aber nicht eine Frage des Interesses an der WM.337
Japan war der Maßstab, mit dem verglichen das in Korea Erreichte erst einen Wert bekam. Auch wenn das Ergebnis als solches positiv war, wurde es erst als zufriedenstellend wahrgenommen, als es im Vergleich mit Japan Bestand hatte. Der Bau der WM-Stadien illustrierte das beispielhaft. Die Stadien waren trotz verschiedener Schwierigkeiten fertiggestellt worden. Alle Stadien wurden neu gebaut und sieben von zehn waren spezielle Fußballstadien. Dennoch wurde nicht die Tatsache allein als Erfolg gewertet. Der Bauprozess wurde mit Japan verglichen und negativ beurteilt und auch die sieben speziellen Fußballstadien erhielten erst eine entsprechende Würdigung, als ihnen die wesentlich geringere Zahl in Japan gegenübergestellt wurde. Das Beispiel der angeworbenen freiwilligen Helfer bediente das gleiche Schema. Nicht allein das überaus erfolgreiche Anwerben von Helfern war ein Erfolg. Erst im Vergleich mit Japan, das „nur das Doppelte“ der angestrebten Zahl erreicht hatte, wurde die vierfache Übererfüllung als Erfolg akzeptiert.
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Im Zuge der WM-Vorbereitungen wurden nicht nur die koreanischen Stadien mit den japanischen verglichen, auch die Koreaner selbst wurden Gegenstand dieses Vergleichens.
„Wissen Sie, was ich als erstes gedacht habe, als es hieß, wir machen eine gemeinsame Ausrichtung mit Japan? ,Oh je, das ist ja furchtbar!’ Was, wenn die Ausländer Japan für ein sauberes und freundliches Land halten und Südkorea für einen unordentlichen, schmutzigen Ort?“, |
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befürchtete der Generalsekretär des „Zentralrats der Volkskulturbewegung zur Fußballweltmeisterschaft 2002“ (kurz: Kulturbürgerbewegung), Kim Tae-gon.338 Der Gedanke der unvermeidbaren Konkurrenz mit Japan war im koreanischen WM-Diskurs von Anfang an präsent. Auch Ch’oe Chŏng-ho, Professor für Medienwissenschaften und Mitglied der WM-Bewerbungskommission, teilte diese Auffassung. Während es bei der Olympiade 1988 in Seoul gelungen war, einen guten Eindruck zu hinterlassen, sei es im Gegensatz dazu bei der WM 2002 so, dass „egal, wie gut wir es auch machen werden, nicht das allein beurteilt wird, sondern wegen der gemeinsamen koreanisch-japanischen Ausrichtung mit Japan verglichen werden wird.“339Eine Vorstellung davon, wie umfassend dieser Vergleich sein würde, gab Kim Kyŏng-wŏn, der Leiter des Instituts für Soziologie, der bis kurz vor den Olympischen Spielen 1988 als Botschafter in den USA tätig gewesen war:
„Weil das Ereignis sich auf der Weltbühne abspielt, wird das Weltpublikum beide Seiten betrachten. Durch das Fernsehen kann man in seinem Wohnzimmer die Spiele, die in Japan und in Korea stattfinden, gleichzeitig verfolgen. Deshalb wird man, wenn man die Spiele ansieht, die Anlagen sehen oder Szenen, in denen angefeuert wird, aber man wird auch sehr genau auf den Eindruck der Menschen in den Gastgeberländern achten. D.h., ob die Koreaner freundlicher und ehrlicher sind, als sie [die ausländischen Fernsehzuschauer, d. A.] gedacht haben, ob sie den Eindruck haben, dass die Koreaner Ausländern gegenüber unvoreingenommen oder ziemlich nationalistisch sind, ob sie sich nicht an Regeln halten und als leicht erregbare Menschen erscheinen, [in] diesen Punkten werden die Ausländer [uns] direkt mit den Japanern vergleichen.“340 |
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Kim machte deutlich, dass nicht nur materielle Dinge wie Stadien oder die Infrastruktur, sondern auch das Verhalten der Menschen sowie deren Charakter einem Vergleich unterzogen werden würden. Das Selbstbild der Koreaner wurde auf diese Weise doppelt infrage gestellt: durch internationale Betrachter, die die Maßstäbe ihrer eigenen Kultur anlegen, und dadurch, dass diese Betrachter Korea mit Japan vergleichen.
Dieses Problem hatte auch die Kulturbürgerbewegung ausgemacht und darauf mit einem Erziehungsprogramm reagiert. Die im Mai 1997 gegründete Bewegung sollte „die Fähigkeiten der Kulturbürger entfalten und den Weltbürgern eine WM der Ordnung, eine Kultur-WM zeigen“, erklärte der Journalist Song Hong-gŭn.341Das Niveau der alltäglichen Umgangsformen sollte erhöht werden mit dem Ziel, bei den WM-Gästen und Zuschauern einen guten Eindruck zu hinterlassen. Die Kulturbürgerbewegung wollte Verhaltensweisen etablieren, die ihrer Meinung nach zum Standard einer modernen, internationalen Gesellschaft gehören. Die wichtigsten Punkte waren Freundlichkeit und Höflichkeit, Ordnung und Sauberkeit, für die mithilfe von Kampagnen das Bewusstsein geschärft werden sollte. Als beispielhafte Initiativen nannte der Generalsekretär die „Die-Rolltreppe-in-einer-Reihe-benutzen-Bewegung“, die „Schöne-Toilette-Bewegung“ oder die „Strahlendes-Lächeln-Kampagne“.342
Weitere als wichtig erachtete Verhaltensweisen eines Kulturbürgers orientierten sich ausdrücklich an Japan, wie aus einer Umfrage der Bewegung hervorging. Zwischen dem 30. Oktober 2000 und dem 11. November 2000 wurden in den koreanischen WM-Ausrichtungsstädten insgesamt 2002 Männer und Frauen befragt.343Die Fragen und die zur Auswahl stehenden Antworten beinhalteten einen direkten Vergleich mit Japan. Gefragt wurde u.a.: „Bei was bleiben unsere Bürger im Vergleich zu den Bürgern Japans am weitesten zurück?“ Die Antworten verteilten sich wie folgt: 22,8% wählten „Mit einem Lächeln zuerst grüßen“, 17,1% „Die Verkehrsregeln beachten“ und 13,4% „Auf Sportplätzen, in Kinos und Theatern die öffentliche Ordnung befolgen.“
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Auf die Frage: „Bei was sind wir den japanischen Bürgern am weitesten voraus?“, war die mit 18% am häufigsten gewählte Antwort: „Bei nichts.“ Es folgten mit 15,4% „Mit einem Lächeln zuerst grüßen“ und mit 11,4% „Sich selbst und die Umgebung seines Hauses sauber halten.“344 Ein möglicher Vergleich, den ausländische WM-Gäste zwischen Japanern und Koreanern anstellen könnten, wurde in der Befragung bereits vorweggenommen. Gleichzeitig kamen in der Gestaltung der Umfrage ein negatives Selbstbild und ein Unterlegenheitsgefühl gegenüber Japan zum Ausdruck. Auch das wird zur Sorge beigetragen haben, in den Augen der Ausländer einen Vergleich mit Japan nicht bestehen zu können. Dem begegnete der Generalsekretär mit Selbstbewusstsein: „Das ganze Volk wird zum Repräsentanten des Staates und wir müssen die Gelegenheit nutzen, der Welt zu zeigen, wie hervorragend unsere Nation ist“, appellierte Kim Tae-gon.345
Die Befürchtung, beim Vergleich mit Japan nicht mithalten zu können, wurde auch durch konkrete Sachverhalte genährt, z.B. die Tatsache, dass Korea bei den Vorbereitungen für die WM hinter Japan zurücklag. Der Journalist Pu Chi-yŏng formulierte:
„Obwohl wir die gemeinsame Ausrichtung der gleichen WM vorbereiten, bekommt man das Gefühl, dass der Stand der Vorbereitungen der beiden Länder Korea und Japan sehr unterschiedlich ist. Infolgedessen steht [für uns] die Sorge im Vordergrund, ob nicht, wenn die ganze Welt zu Gast ist, auf dem Festplatz nur ein armseliges Bild von Korea zu sehen sein wird, das sich scharf von Japan abhebt.“346 |
Andererseits war der Wille, im Vergleich mit Japan zu bestehen, eine starke Motivation. Pak Se-jik forderte:
„Die WM darf nicht nur ein einfaches Sportereignis werden. Dieses Turnier ist der Anlass, dass Korea ein Verkehrssystem, eine Umwelt, eine Kultur auf dem Niveau Japans haben muss. Man muss hören können, dass die koreanischen Toiletten genauso sauber geworden sind wie die japanischen und dass das Sauberkeitsniveau der Restaurants das der japanischen übertroffen hat.“347 |
Der Beurteilung durch Ausländer wurde große Bedeutung zugeschrieben. Noch mehr Gewicht erhielt deren Urteil, wenn es im Vergleich zu Japan gefällt wurde. Wenn die Ausländer bestätigten, dass Korea genauso gut oder besser sei als Japan, hätte Südkorea sein Ziel erreicht. Um von ihnen positiv wahrgenommen zu werden, war Korea bereit, Veränderungen zu akzeptieren und voranzutreiben, die über materielle Dinge hinausgingen. Nicht nur die Infrastruktur wurde modernisiert, auch die Gewohnheiten der Menschen sollten so umgeformt werden, dass sie von den Ausländern wohlwollend aufgenommen und im Vergleich mit japanischen Verhaltensweisen nicht negativ auffallen würden. Eine Konsequenz daraus war die Bereitschaft, von Japan zu lernen. Der Vorbildcharakter Japans für auch in Korea geschätzte Tugenden wurde anerkannt, denn japanisches Verhalten wurde als eher kompatibel mit den Vorstellungen und Empfindungen westlicher Besucher angesehen. Dennoch sollte Japan nicht einfach imitiert werden, wie der folgende Abschnitt zeigt.
Die Weltmeisterschaft bot einerseits die einmalige Chance, sich der Welt zu präsentieren und Imagewerbung von globaler Reichweite zu betreiben. Andererseits konnte bei schlechter Organisation das Gegenteil des erhofften Effekts eintreten, der durch den direkten Vergleich mit Japan verstärkt würde. Da Korea international weniger wahrgenommen wird als Japan, war es wichtig, auf das Land aufmerksam zu machen und seine kulturellen Besonderheiten herauszuheben. Den ständigen Vergleich mit Japan galt es, als Chance zu nutzen: Korea sollte sich im positiven Sinne deutlich von seinem Konkurrenten und Partner abheben. „In der Tat ist es so, dass die Europäer und Amerikaner sich Korea bisher lediglich als einen Teil von China oder als ein Land ähnlich wie Japan vorstellen“, stellte Ch’oe Sang-yong, Professor für politische Ideengeschichte und ehemaliger südkoreanischer Botschafter in Japan, fest. Er verstand die Weltmeisterschaft als Chance: „Durch die WM werden die Europäer verstehen: ,Korea und Japan sind ja ganz unterschiedlich!’“ Vielversprechende Hinweise glaubte er in den Beiträgen europäischer Zeitungen zu erkennen, in denen Veranstaltungen südkoreanischer Künstlergruppen auf einer Europatournee kommentiert wurden. Bei Le Monde sei [beispielsweise] berichtet worden, dass man „die flammende Seele der Koreaner gespürt“ habe, sagte Ch’oe.348Die Fähigkeit, durch sprühende Energie und Leidenschaft andere für sich einzunehmen, wurde von koreanischer Seite als ein Charakterzug dargestellt, durch den man sich von anderen, insbesondere von Japanern, positiv absetzen könne. Bei den hier erwähnten Veranstaltungen konnten die Zuschauer diese Vitalität und Energie der koreanischen Künstler unmittelbar erfahren und so ein Stück Korea verstehen. Ch’oe hielt das für einen guten Ausgangspunkt, um zu erfahren, wie verschieden die beiden Länder sind.
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Die Emotionalität der Koreaner wurde mehr oder weniger ernsthaft als ein Faktor bewertet, der die Vergabeentscheidung der FIFA zu Koreas Gunsten beeinflusst haben soll. So war etwa Kim Kyŏng-wŏn, der Leiter des Instituts für Soziologie, der Meinung:
„[...] es war einer der wichtigsten Faktoren, die zum Erfolg der Bewerbung beigetragen haben, dass wir der ganzen Welt vermittelt haben, wie intensiv unsere Begeisterung für die WM-Bewerbung ist. Ein Artikel der New York Times, der über die FIFA-Entscheidung zur gemeinsamen Ausrichtung berichtete, war interessant. Deren Tōkyō-Korrespondent hob hervor, dass es hieß: ,Die Konkurrenz der beiden Länder Korea und Japan war so heftig, dass es wehtat, dass es so aussah, als ob es gefährlich werden würde, wenn man [die WM nur] an eine der beiden Parteien vergibt. Deshalb hat sich die FIFA dafür entschieden, sie an alle beide zu vergeben.’ Ich weiß zwar nicht, ob der Ausdruck, es war so heftig, dass es wehtat, treffend ist, aber ich frage mich, ob es nicht erheblich zu unserem Erfolg beigetragen hat, dass wir eine solche Atmosphäre aufgebaut haben.“349 |
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Auch der Medienwissenschaftler Ch’oe Chŏng-ho hob den Aspekt der Emotionalität hervor. Er berichtete von Sonderausgaben verschiedener europäischer Zeitungen, die anlässlich der Vergabe der WM 2002 an Südkorea und Japan über die beiden Länder berichteten:
„Dabei war besonders beeindruckend, dass sie die Charaktere der Völker der beiden Länder verglichen haben. Eine Zeitung schrieb, dass die Koreaner die ,Latinos des Fernen Ostens’ oder die ,Italiener des Fernen Ostens’ seien. Sie schrieb, wenn man in Japan gewesen sei und dann nach Korea komme, habe man das Gefühl, wieder ,Menschen zu treffen’, so offen, menschlich und natürlich seien Koreaner. In Japan hingegen sei alles übertreiben stilisiert und formalisiert und es sei eine Atmosphäre, in der man sich nicht entspannen und laut lachen könne. Deshalb gab es auch einige Europäer, die sagten, dass sie erst, als sie in Korea waren, entspannt laut lachen konnten. Diese Charakteristika und Stärken der Koreaner sollten wir noch ein bisschen selbstbewusster zeigen können.“350 |
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Beide führten Beispiele auf, bei denen es gelungen war, die koreanische Kultur mit ihren Besonderheiten so darzustellen, dass sie von ausländischen Zuschauern positiv aufgenommen wurde und einen starken Eindruck hinterließ. Daraus wurde abgeleitet, dass Korea sich seiner Stärken und seiner Besonderheiten bewusster werden und diese Seiten selbstbewusster darstellen sollte. Durch ein schärferes Profil würde sich Korea deutlicher von anderen Nationen absetzen und besser wahrgenommen werden. Bei dieser Strategie wäre der Vergleich mit Japan sehr hilfreich, da durch den Kontrast die jeweiligen Unterschiede besser zum Vorschein kämen. Auf diese Weise könnte Korea nicht nur selbst seine Stärken besser erkennen, sondern sie würden auch von den Ausländern besser wahrgenommen.
Die gleiche Strategie empfahl auch Saitō Masaharu, Sportjournalist der japanischen Tageszeitung Mainichi Shinbun, in einem Gastartikel in der WC, der oben bereits erwähnt wurde. Er warb für eine Strategie gleichzeitiger Konkurrenz und Zusammenarbeit, die sich in verschiedenen Bereichen anwenden ließe, z.B. beim Fußballtraining, aber auch beim Werben um die Gunst der ausländischen WM-Gäste. Es sei gut, wenn man miteinander in Konkurrenz trete, indem man seine Vorteile herausstelle, schrieb Saitō.351
Die Verschiedenheit Koreas und Japans zu erkennen und anzuerkennen, wurde nicht nur von den ausländischen Gästen und Zuschauern erwartet. Um zu einem selbstbewussten und verständnisvollen Miteinander zu gelangen, müssen auch Koreaner und Japaner sich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten ihrer Kulturen bewusst werden. Sie müssen diese erkennen und anerkennen und Möglichkeiten des Umgangs miteinander ausloten. Ch’oe Sang-yong legte in einem Interview diesen Gedanken wie folgt dar: Da beide Länder dem gleichen Kulturkreis angehören, haben sie viele Gemeinsamkeiten, die eine Annäherung erleichtern und beschleunigen. Neben den Gemeinsamkeiten gibt es aber auch viele Unterschiede, die diesem Prozess entgegenstehen. Erst wenn das Anderssein des anderen anerkannt werde, so Ch’oe, erkenne man den anderen wirklich an. Aus dieser Anerkennung entstehe Verstehen und Wertschätzung. Die Gleichheit, die man entdecke, wenn man von Verschiedenheit ausgeht, sehe man gern. Wenn man hingegen von Gleichheit ausgehe und Verschiedenheit entdecke, mache man es sich gegenseitig schwer. Ch’oe hielt es deshalb für gut, wenn die Prämisse, verschieden zu sein, die Basis für eine Zusammenarbeit zwischen Korea und Japan würde.352
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Das Erkennen und Anerkennen der eigenen kulturellen Besonderheiten ist die Voraussetzung eines konstruktiven Umgangs damit. Um Entwicklung möglich zu machen, muss aber auch eine kritische Reflexion darüber einsetzen und die Bereitschaft vorhanden sein, Dinge zu verändern. Dabei besonnen vorzugehen und nicht blind dem Vorbild Japan nachzueifern, wurde im koreanischen WM-Diskurs von verschiedenen Seiten angemahnt. Nachdem er dargelegt hatte, wie die ausländischen WM-Gäste Koreaner mit Japanern vergleichen würden, betonte Kim Kyŏng-wŏn:
„Das heißt aber nicht, dass wir Japan nur als Konkurrenten wahrnehmen sollen. Wenn wir Japan zu sehr als Konkurrenten wahrnehmen, geraten wir vielleicht selbst in eine Falle. Falls es unter den Eigenschaften unseres Volkes etwas gibt, das verbessert werden müsste, vielleicht die Art zu denken oder das Benehmen, [wäre es gut,] wenn wir das bei dieser Gelegenheit angehen und effektiv korrigieren würden.“353 |
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Auch wenn sich die Entwicklungsziele Koreas am Niveau Japans orientierten, sei es trotzdem wichtig, eigene Dinge zu schaffen, betonte der ehemalige Präsident des Organisationskomitees, Pak Se-jik. Man könne dieses Ziel nicht erreichen, indem man nur vage versuche, Japan nachzuahmen. Pak bevorzugte ein systematisches Vorgehen, bei dem gezielt der Rat von Experten eingeholt und mit deren Hilfe eigene Lösungen erarbeitet werden.
„Um etwas zu lernen, muss man Experten zusammenbringen, Pläne machen und dafür sorgen, dass jeder einzelne vorangebracht wird. Als ich noch im Amt war, haben wir acht Räte zum Kulturtourismus, zur Umwelt, zur Wirtschaft, zur Steigerung der Konkurrenzfähigkeit usw. ins Leben gerufen und dafür Sorge getragen, dass in jedem Gebiet die Bürger beteiligt werden sollen. Wir wollten es [uns] zum ehrgeizigen Ziel machen, das entwickelte Kulturniveau Japans zu übertreffen. Nur mit dem Willen kann man sein Ziel jedoch nicht erreichen. Durch Experten auf den [verschiedenen] Gebieten muss die Struktur einer systematischen Ordnung entstehen, dann kann man kulturelle Errungenschaften zu etwas Unsrigem machen.“354 |
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Nicht blindes Nachahmen, sondern einen kreativen und planvollen Umgang mit den eigenen Ressourcen, die Einbeziehung von Experten und der Bevölkerung sah Pak Se-jik als Entwicklungsmodell, das nicht nur für die Fußballweltmeisterschaft, sondern auch darüber hinaus Erfolg versprach.
Kurz nach der Vergabeentscheidung der FIFA bewertete Pae Chae-si, Professor für internationales Recht und koreanischer Vorsitzender des Korea-Japan Forums, die südkoreanisch-japanischen Beziehungen. Er stellte fest, dass sie sich im Zustand einer „grundsätzlich nicht abgeschlossenen ,Aufarbeitung der Vergangenheit’“ befanden.355Bisher seien die Voraussetzungen, um ein stabiles Gleichgewicht für den Aufbau neuer Beziehungen zu schaffen, nicht gegeben gewesen, meinte Pae. „Um in den koreanisch-japanischen Beziehungen, die auf das 21. Jahrhundert zugehen, ein neues Zeitalter zu eröffnen, braucht man zuerst Stabilität in den koreanisch-japanischen Beziehungen und die Möglichkeit, die Zukunft vorauszusagen“, hielt er fest.356 Diese Situation sei zwischen den beiden Nachbarn noch nicht gegeben, was hauptsächlich auf ein völlig unterschiedliches Verständnis der Vergangenheit zurückzuführen sei. Diese Unterschiede im Bewusstsein bedeuteten, „dass bis jetzt eine ,Vergangenheitsaufarbeitung’ zwischen Südkorea und Japan nicht richtig stattgefunden hat.“ Das sei der entscheidende Faktor, der eine umfassende Entwicklung der Beziehungen einschränke.357Ein gemeinsames Bewusstsein für historische Tatsachen zu entwickeln, war für Pae daher eine grundlegende Voraussetzung für den Aufbau stabiler und vertrauenswürdiger Beziehungen. Zuerst, betonte er, müsse das kulturelle Verständnis füreinander gefördert werden. Aufgrund des unvollkommenen gegenseitigen Verständnisses sei es häufig der Fall, dass Reaktionen des Gegenübers nicht richtig gedeutet werden könnten. So könne es zu Missverständnissen kommen, die leicht mit nationalistischen Ideen vermischt würden. Aus diesem Problem zog er die Schlussfolgerung, dass „die zukünftigen koreanisch-japanischen Beziehungen auf dem gegenseitigen Verständnis und Vertrauen der Bürger beruhen müssen.“358Dieses Vertrauen war für ihn die grundlegende Voraussetzung für die Arbeit an einer substanziellen Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen. Wichtiger als alles andere sei, so Pae, dass durch einen breiten Austausch zwischen den Bürgern der beiden Länder diese nicht nur die Geschichte und Kultur der Nachbarn, sondern auch deren Emotionen kennen- und verstehen lernten. Dadurch werde ein Bewusstsein für Versöhnung entstehen, das sich zu einem Bewusstsein der Verbundenheit entwickeln werde. Das werde die Grundlage für die Sicherheit zwischen den Staaten hervorbringen.359
In diesem Rahmen konnte die WM Wirkung entfalten. Sie ermöglichte nicht nur unkomplizierte Begegnungen zwischen Japanern und Koreanern. Aufgrund ihres Event-Charakters konnte sie darüber hinaus Gemeinschaftserlebnisse vermitteln. Solche Erlebnisse bringen zwar noch nicht das gegenseitige Verständnis hervor, das Pae Chae-si forderte, sie können es aber befördern. Denn erst, wenn durch persönliche Begegnungen eine Basis des Verstehens zwischen den beiden Völkern gelegt ist, kann mit dem nächsten Schritt begonnen werden. „Ich glaube, dass eine ernsthafte ,Aufarbeitung der Vergangenheit’ zwischen Korea und Japan erst auf der Basis eines solchen Völkerverständnisses und Verbundenheitsgefühls zwischen beiden Völkern unternommen werden kann“, war Pae überzeugt.360In seinen Augen war die japanische Aufarbeitung der Vergangenheit gleich bedeutend mit der Internationalisierung (kor. kukchehwa 國際化) der Gesellschaft, die aber „immer noch unvollendet“ sei.361Pae Chae-si setzte die Aufarbeitung der Vergangenheit mit der Internationalisierung gleich. Damit traf er einen wichtigen Punkt, denn eine Internationalisierung ohne Auseinandersetzung mit der Vergangenheit war das Ziel, das Japan mit der WM-Ausrichtung verfolgte. Es ist dieser Prozess der Auseinandersetzung, aus dem sich nach Paes Ansicht mehr als eine Annäherung ergeben wird. Vermehrter Austausch und Verständnis werden sich „zu einem Versöhnungsbewusstsein [kor. hwahae ŭisik 和解意識] und darüber hinaus einem Bewusstsein der Verbundenheit [kor. yŏndae ŭisik 現代意識] entwickeln, die die Grundlage für die Sicherheit der beiden Völker hervorbringen werden.“362
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Welche Bedeutung Pae dem gegenseitigen Verstehen zumaß, wurde klar, als er betonte, dass es Korea bei der Aufarbeitung der Vergangenheit weniger auf eine materielle Wiedergutmachung ankomme. Man sollte die „Emotionen der Entschädigungsforderungen nicht immer als materiell verstehen, sondern eher als Forderung nach einer seelischen Entschädigung (Reflexion, Entschuldigung usw.)“, empfahl Pae der japanischen Seite.363Erst gegenseitiges Verständnis wird es ermöglichen, die Bedürfnisse des anderen zu erkennen, sie ernst zu nehmen und darauf einzugehen. Eine angemessene Entschuldigung der japanischen Seite könnte Ausdruck eines solchen Verständnisses sein.
Mit dem für die zukünftigen koreanisch-japanischen Beziehungen zentralen Thema des Geschichtsbewusstseins setzte sich Ch’oe Sang-yong, Professor für Politische Ideengeschichte und ehemaliger Botschafter Südkoreas in Japan, auseinander:
„Was ist dieses Geschichtsbewusstsein, das gemeinsam zu besitzen Südkorea und Japan entschieden haben?364 Ich verstehe Geschichtsbewusstsein so, dass man der Vergangenheit gerade ins Gesicht sieht und der Zukunft zugewandt ist. Ich sehe Geschichtsbewusstsein als die Verbindung zweier intellektueller Prozesse: Der erste ist das Bestätigen der historischen Tatsachen, der zweite ist das Analysieren dieser bestätigten Tatsachen. Von beiden halte ich das erste, das Bestätigen der historischen Tatsachen, für das Wichtigere. Hat nicht der deutsche Historiker Ranke gesagt: ,A historical fact is a God’?“365 |
Die Bestätigung durch beide Seiten würde eine gemeinsame Basis entstehen lassen, die als Ausgangspunkt für die weitere Analyse und Interpretation dienen könnte. Damit dies nicht willkürlich geschehe, schlug Ch’oe von der UNESCO anerkannte Richtlinien als Bezugsrahmen vor.366
Eng mit dem Thema verknüpft ist die Darstellung der Geschichte in japanischen Schulbüchern. Das Problem besteht darin, dass kein gemeinsames historisches Bewusstsein entstehen kann, wenn in koreanischen und japanischen Schulen miteinander unvereinbare Sichtweisen der gemeinsamen Vergangenheit vermittelt werden. Ch’oes Forderung, die Geschichtsdarstellung in den Schulbüchern nachzubessern, richtete sich deshalb auch an Südkorea. Nur dann könne man in seinen Forderungen glaubwürdig sein, so Ch’oe. Er selbst vertrat die Ansicht, dass egal, ob man anti- oder pro-japanisch eingestellt sei, man zuerst über Japan Bescheid wissen müsse.367
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Ein weiteres Thema war die Frage nach der Übernahme der Verantwortung für japanische Kriegsverbrechen. Laut Ch’oe habe Südkorea stets darauf gewartet, dass Japan, so wie Deutschland, seine Vergangenheit aufarbeite. Diese Hoffnung sei aber immer wieder enttäuscht worden. Dennoch würdigte er die Entschuldigungen verschiedener japanischer Politiker. Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes am 15. August 1995 hatte beispielsweise der japanische Premierminister Murayama Tomiichi im japanischen Parlament die sogenannte Murayama-Erklärung abgegeben, in der er Japans Entschuldigung zum Ausdruck brachte.368Ch’oe Sang-yong betonte, dass diese Rede nicht auf Forderungen Südkoreas oder Chinas hingehalten worden sei, sondern dass sie aus Japans Einsicht heraus entstanden sei. Erst in der am 8. Oktober 1998 von Präsident Kim Tae-jung und Premierminister Obuchi Keizō verkündeten „Gemeinsamen Erklärung Japans und der Republik Korea“ sei jedoch klar benannt worden, dass Japan Täter und Korea Opfer gewesen sei.369 Zwar sei die Vergangenheit nicht wie in Deutschland aufgearbeitet worden, aber Japan und Südkorea konnten durch diese Entschuldigungen ihre Probleme der Vergangenheit zu einem gewissen Grade abschließen, hielt Ch’oe Sang-yong fest.370
Als Professor für politische Ideengeschichte band Ch’oe das immer wieder betonte Konzept von Annäherung durch Austausch in einen historischen Kontext ein und beschrieb es als eine seit Jahrhunderten zwischen den beiden Nachbarn praktizierte Gewohnheit. Den heutigen Austausch zwischen den beiden Ländern verstand er als neue Stufe eines Kulturaustauschs, der lange Zeit von Korea aus in Richtung Japan verlaufen sei.371Er betonte, dass man sich nicht nur an die Zeit der japanischen Kolonialherrschaft in Korea erinnern dürfe, wenn man von Austausch spreche. Ferner dürfe man Kulturaustausch nicht nur als „Über- und Unterlegenheit in einer bestimmten Hinsicht“ verstehen. Da Kultur etwas Gegenseitiges sei, gäbe es auch viele Dinge, die die Kultur der überlegenen Seite von der Kultur der anderen Seite lernen könne. Kultur sei ein langer Prozess gegenseitigen Lernens.372Grundvoraussetzung für solche Lernprozesse seien die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich gegenseitig anzuerkennen, sagte Ch’oe. Egal, ob es sich um zwischenstaatliche oder zwischenmenschliche Beziehungen handle, man müsse sich gegenseitig anerkennen, dann entwickle man sich weiter. Aus gegenseitiger Anerkennung entstehe Frieden, im anderen Fall Schwierigkeiten.373 Ch’oe sah nicht nur Japan, sondern auch Korea in der Pflicht. Welche Haltung Japan Korea gegenüber einnehme, hänge auch von der Haltung ab, mit der Korea Japan gegenübertrete: „Das Japan, das wir als Freund anerkennen, wird auch uns als Freund sehen.“374
Auch Pae Chae-si plädierte für ein Umdenken. Für das Verhältnis zwischen Korea und Japan sei eine Dimension von Ausschlag gebender Bedeutung, in der sich Entwicklungen nicht quantitativ messen ließen. Unter diesem Aspekt nahm er ausdrücklich auf die WM 2002 Bezug:
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„Es gibt immer noch die Ansicht, die Beziehungen der beiden Länder mit dem Maß des Wirtschaftsimperialismus zu messen, oder sie als einfache Konkurrenzbeziehungen zu sehen, aber in Zukunft müssen die beiden Länder gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zur Grundlage machen. Um ernsthaft die Vergangenheit aufzuarbeiten und um Beziehungen und eine Phase aufzubauen, in der sie zukunftsgewandt als Partner zusammenarbeiten, ist es vor allem wichtig, die im Jahr 2002 gemeinsam von Korea und Japan ausgerichtete Fußballweltmeisterschaft erfolgreich auszurichten. Der Erfolg davon wäre ein ernsthaftes ,gemeinsames Unternehmen’, das auf der Gesamtsumme der Zusammenarbeit der Regierungen und der Bürger der beiden Länder Korea und Japan beruht. Man kann hoffen, dass das den Effekt haben wird, die koreanisch-japanischen Beziehungen um mindestens zehn Jahre voranzubringen und zu verbessern. Es besteht kein Zweifel daran, dass auch die wirtschaftlichen Auswirkungen wichtig sind, aber es ist klüger, das als sekundären Effekt anzusehen“, |
mahnte Pae.375
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Indem die WC japanischen Journalisten das Wort erteilte und indem sie anlässlich des 50. Jahrestages der Staatsgründung Südkoreas ein Interview mit dem früheren japanischen Botschafter in Südkorea veröffentlichte, bot sie der japanischen Sicht auf die WM und auf die gegenseitigen Beziehungen ein Forum. Ein wesentlicher Unterschied zur koreanischen Seite, die die Aufarbeitung der Vergangenheit als zentralen Punkt für die Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen ansah, war die ausschließliche Ausrichtung auf die Zukunft, mit der der japanische Wunsch nach „neuen Beziehungen“ verbunden war. Der frühere Botschafter Japans in Südkorea, Ogura Kazuo, hielt neue Beziehungen zwischen Japan und Südkorea für möglich, weil Südkorea einen Entwicklungsprozess durchgemacht habe, weil es „sehr gewachsen“ sei.376 Die Tatsache, dass auch Korea sich bei der WM-Vergabe durchsetzten konnte, wurde von Ogura als Bestätigung dieses Entwicklungsprozesses interpretiert. Koreanische Ressentiments gegenüber Japan, die einem guten gegenseitigen Verhältnis entgegengestanden hatten, verstand Ogura als Ausdruck einer Haltung, die einem früheren Entwicklungsstand Koreas entsprochen habe. Jetzt, da Südkorea 50 Jahre nach seiner Staatsgründung eine gewisse Reife erreicht habe, seien diese Ressentiments „überflüssig“ (kor. pulp’iryo(不必要)han kŏt) geworden.377Anders als es die koreanische Seite verstand und forderte, spielte die Aufarbeitung der Vergangenheit für ihn keine Rolle, sondern im Gegenteil. Mit der fortschreitenden Entwicklung Südkoreas verlor eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit aus seiner Sicht an Bedeutung. Jetzt, da das Feindbild Japan ausgedient habe, müsse Südkorea sich viel mehr mit seiner eigenen Identität auseinandersetzen:
„Ich frage mich, ob nicht heute das Problem Südkoreas seine Identität ist. Es gab eine Zeit, in der für Südkorea eine anti-japanische Haltung in einem gewissen Sinne notwendig war. Politisch wie auch wirtschaftlich war es ein effektives Feind[bild]. Aber ich frage mich, ob heute, aus der Perspektive eines sehr herangewachsenen Südkorea, ,Anti-Japan’ nicht längst überflüssig geworden ist. Ist nicht die Zeit gekommen, sich nicht mehr mit anderen zu vergleichen, sondern ernsthaft daran zu denken, in der Identität Koreas entschlossen zu sein und darüber nachzudenken, wie man diese der Welt zugewandt ausstrahlen könnte? Südkorea ist bereits sehr gewachsen. Ist dies nicht gerade, die WM 2002 eingeschlossen, einer der wichtigsten Faktoren für den Aufbau neuer koreanisch-japanischer Beziehungen im 21. Jahrhundert?“378 |
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Sein Ratschlag, die eigene Identität stärker zu betonen und selbstbewusster darzustellen, ohne Vergleiche zu anderen zu ziehen, stimmte mit den Forderungen überein, die auch auf koreanischer Seite als Antwort auf die ständige Konkurrenz mit Japan erhoben wurden. Deutliche Unterschiede zeigten sich jedoch bei der Empfehlung, wie mit der Vergangenheit umzugehen sei. Oguras Haltung in dieser Frage illustrierte, was bereits unter dem Stichwort eines unterschiedlichen Geschichtsbewusstseins diskutiert wurde. Während Ch’oe Sang-yong und Pae Chae-si die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit und ein gemeinsames Geschichtsbewusstsein für unabdingbar hielten, empfahl Ogura einen anderen Ansatz:
„[...] Die Vorurteile und Missverständnisse, die Japaner Koreanern gegenüber pflegen, der Groll, den Koreaner Japanern gegenüber hegen, ich denke, dass solche Dinge auf positive Weise überwunden werden müssen. Es ist meine persönliche Meinung, aber ich denke, dass das Wichtigste dafür ist, dass Südkorea und Japan das gleiche Ziel aufstellen und [daran] arbeiten. Wenn man gemeinsam arbeitet, kann man sich dabei streiten, es kann Unzufriedenheit geben. Man kann zusammen etwas trinken gehen und die Dinge lösen, [...] ist es nicht so? Ich denke, dass mit solchen Prozessen das gegenseitige Verständnis beginnt. Die WM 2002 ist ein gutes Beispiel dafür. Fußball ist zwar auch gut, aber man sollte es nicht dabei belassen. Egal, ob man zwischen Pusan und Shimonoseki einen Tunnel unter dem Meer gräbt, oder ob Südkorea und Japan einen gemeinsamen Satelliten bauen und ihn zusammen hochschießen, solche gigantischen Projekte gemeinsam durchzuführen, das halte ich für wichtig.“379 |
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Gemeinsames Arbeiten an Großprojekten wie der WM sollten direkten Kontakt und dadurch gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen ermöglichen, Partnerschaft und Freundschaft sollten so entstehen. Eine Annäherung zwischen Japan und Südkorea, die sich auf diesem Niveau bewegt, wurde von Ogura als ausreichend empfunden. Anders sah es Pae Chae-si. In der STA 1996/8 legte er dar, dass diese Art der Annäherung nur der erste Schritt einer Entwicklung sein kann. Für ihn war ein Verhältnis zwischen Koreanern und Japanern, wie Ogura es beschrieb, nichts anderes als die notwendige Voraussetzung zum eigentlichen Prozess der Annäherung, der die Aufarbeitung der Vergangenheit beinhalten muss.
Die mit der WM-Ausrichtung verbundenen Erwartungen wurden im koreanischen Diskurs deutlich benannt. Es ging in erster Linie darum, sich vor der Weltöffentlichkeit als eine Japan ebenbürtige Nation zu präsentieren. Da beide Länder gemeinsam als Gastgeber auftraten, bestand die Befürchtung, dass Leistungen nicht als solche beurteilt werden würden, sondern dass alles „egal wie gut wir es auch machen werden [...] mit Japan verglichen wird.“380Diese Sorge war verständlich, barg gleichzeitig aber ein großes Potenzial. In dem Falle, in dem alles wunschgemäß verlaufen und Korea sich vor der Welt so würde darstellen können, wie es seinen Vorstellungen entsprach, in diesem Falle wäre ein direkter Vergleich mit dem Nachbarn von Vorteil.
Es gibt verschiedene Faktoren, die darauf hinweisen, dass Südkorea nicht an einer alleinigen Ausrichtung interessiert war, auch wenn dieser Eindruck aufrecht erhalten wurde. Als Hinweise wertete Butler, dass der potenzielle Kandidat Mexiko seine Bewerbung zurückgezogen habe, nachdem er über Pläne zu einer gemeinsamen Ausrichtung informiert worden sein soll.381Ferner erwähnte er, dass die Regierung 1994 eine entsprechende Entscheidung getroffen habe, da eine alleinige Gastgeberschaft als zu teuer angesehen worden sei.382Nachdem die FIFA-Entscheidung bekannt gegeben worden war, habe es ferner vonseiten der Ausrichtungsstädte keinerlei Proteste gegeben.383Anders war es in Japan, wo die Ausrichtungsstädte fest mit einer bestimmten Anzahl von Spielen gerechnet und ihre Kalkulationen darauf aufgebaut hatten. Angesichts dieser Hinweise und der starken Betonung des Vergleichs mit dem Nachbarn scheint es plausibel, dass eine gemeinsame Ausrichtung das Ziel der koreanischen Bemühungen war.
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Da Japan seine Bewerbung bereits eingereicht hatte, als Südkorea sich zur Kandidatur entschloss, war von Anfang an klar, dass Japan der Konkurrent und Vergleichsmaßstab sein würde.384 Das permanente Sich-Messen mit Japan war daher mit hoher Wahrscheinlichkeit das eigentliche Ziel der koreanischen WM-Bewerbung, denn nichts würde der Absicht, die Ebenbürtigkeit zu beweisen, besser dienen, als ein ständiger Vergleich mit dem Konkurrenten. Eine alleinige Ausrichtung hätte vielleicht zum Ergebnis gehabt, dass die Welt die erfolgreiche Organisation zur Kenntnis genommen hätte. Ob Japan es nicht doch besser gemacht hätte, hätte so nicht festgestellt werden können. Nur der direkte Vergleich ermöglichte es Korea, sich als das zu präsentieren, als was es wahrgenommen werden wollte: als eine dem Nachbarn ebenbürtige Nation. Die gemeinsame Ausrichtung verlangte ferner den Einsatz von weniger Ressourcen, sodass mit geringerem Aufwand ein größerer Effekt erzielt werden konnte. Auch das machte den Wunsch nach einer gemeinsamen Ausrichtung plausibel. Nach außen musste jedoch der Anschein gewahrt bleiben, denn es ist unwahrscheinlich, dass die FIFA einen Bewerber berücksichtigt hätte, bei dem von Anfang an Zweifel an seinen Kapazitäten bestanden.
Der Vergleich mit Japan war das wichtigste Thema bei den WM-Vorbereitungen. Er war die Perspektive, aus der Korea die eigenen Leistungen wahrnahm. Der Stadienbau und der Ticketverkauf wurden als Beispiele genannt. Der Vergleich war auch die Perspektive, von der angenommen wurde, dass die ausländischen Beobachter und Gäste sie einnehmen würden. Er wurde immer mitgedacht und führte zu zwei Strategien. Eine wurde beispielhaft durch die Kulturbürgerbewegung verkörpert. Sie orientierte sich ausdrücklich am Nachbarland und war von der Befürchtung motiviert, dass ohne entsprechendes Training das Verhalten der Koreaner von Ausländern als weniger kultiviert wahrgenommen werden könnte. Die von den Organisatoren ausgedrückten Bedenken offenbarten, wie stark die Selbstwahrnehmung von einem Vergleichsdenken geprägt war.
Die andere Strategie war, die Unterschiede hervorzuheben. Besonders betont wurde das emotionale Verhalten der Koreaner, das von ausländischen Besuchern im Vergleich zu der Atmosphäre in Japan als sehr positiv und befreiend erlebt worden war. Selbst im Bewerbungswettkampf sollte die Emotionalität und Energie von Vorteil gewesen sein. Diese Besonderheiten sollten in Zukunft stärker betont werden.385
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Häufiger und ausführlicher als in Japan wurden im koreanischen Diskurs die Probleme des gegenseitigen Verhältnisses diskutiert. Auch japanische Stimmen leisteten einen Beitrag zu der Diskussion, wodurch unterschiedliche Haltungen deutlich wurden. Auf koreanischer Seite wurde die Position vertreten, dass die Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet sei und daher eine wichtige Rolle bei der Annäherung spiele. Das Potenzial der Fußballweltmeisterschaft wurde vor allem darin gesehen, dass die Bürger beider Länder die Möglichkeit bekamen, einander zu begegnen, sich kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Auf eigenen Erfahrungen basierendes Vertrauen zum Nachbarn wurde als Grundlage angesehen, auf der eine umfassende Annäherung, die die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit sowie ein gemeinsames Geschichtsbewusstsein umfasst, geschehen könne. Der WM wurde das Potenzial zugesprochen, einen Prozess in Gang zu setzen, durch den das aus koreanischer Sicht größte Hindernis langsam aus dem Weg geräumt werden könnte.
Die japanische Sicht der Dinge, wie sie von Japanern in den koreanischen Medien dargestellt wurde, beschränkte sich auf die Zukunftsperspektive. Auch hier wurde eine Annäherung durch Austausch betont, der Unterschied lag jedoch darin, dass die Zusammenarbeit und das daraus entstehende gegenseitige Verständnis bereits als ausreichend angesehen wurden, um die Vergangenheit erfolgreich überwinden zu können. Sie wurden nicht als Grundlage einer auf Vertrauen basierenden Aufarbeitung der Vergangenheit verstanden. Obwohl das Verhältnis zu Japan im koreanischen WM-Diskurs vergleichsweise ausführlich zur Sprache kam, ging es nicht darum, das Mega-Event für die Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen zu nutzen.
239 Mo Ch‘ang-bae verweist in seiner Studie auf eine im April 1999 gemeinsam von dem koreanischen Verlag Chosŏn Ilbosa, dem koreanischen Gallup-Institut und dem japanischen Verlag Mainichi Shinbunsha durchgeführte Meinungsumfrage, die diese Einschätzung bestätigte. Während 43% der befragten Japaner angaben, kein Interesse an der gemeinsamen WM zu haben, waren es in Korea nur 4,8% der Befragten (vgl. Mo (1999), S. 289).
240 Vgl. Tagsold (2002), S. 180.
241 Titel und Untertitel des Artikels lauteten: „Von Koreanern an Japaner – Vor der WM 2002. Noch zwei Jahre bis zur gemeinsamen japanisch-koreanischen Ausrichtung der Fußball-WM. Was ist jetzt nötig, damit dieses Weltereignis zum Grundstein der Zukunft der beiden Länder wird? Wir haben neun Koreaner in Japan gefragt“.
242 Hong Myŏng-bo, CK 2000/4, S. 172 f.
243 Ebd.
244 Hong Myŏng-bo, CK 2000/4, S. 172.
245 Yi Myŏng-u, CK 2000/4, S. 166.
246 Hong Nae-ryun, CK 2000/4, S. 167.
247 Yi In-ha, CK 2000/4, S. 171.
248 Ebd.
249 Ebd.; die Gefahr, dass angesichts steigender Sympathiebekundungen für das Nachbarland anlässlich der WM der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird, sah auch der Historiker Chung Jae-Jeong und warnte: „Das Thema Geschichtsaufarbeitung und Geschichtsbewusstsein ist nach wie vor ein bedeutender Faktor in den koreanisch-japanischen Beziehungen. Die Unterschiede im Geschichtsverständnis könnten die positiven Entwicklungen seit der gemeinsamen Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft langfristig in Gefahr bringen“ (Chung Jae-Jeong (2003), S. 89).
250 Vgl. Kawabuchi, CK 1997/4, ohne Seitenangabe, Mitte des Heftes.
251 Vgl. Ebishima und Yamashita (2006), S. 126.
252 Vgl. Nogawa und Mamiya (2002), S. 187.
253 Vgl. Moronaga, Aera 2001/12/24, S. 25.
254 Vgl. Nogawa und Mamiya (2002), S. 187.
255 Hier und zu den folgenden Ausführungen vgl. Moronaga, Aera 2001/12/24, S. 23 ff.
256 Moronaga, Aera 2001/12/24, S. 24.
257 Vgl. Moronaga, Aera 2001/12/24, S. 25.
258 Hier und zu den folgenden Ausführungen vgl. Moronaga, Aera 2002/1/28. S. 68 f.
259 Vgl. Moronaga, Aera 2002/1/28, S. 69.
260 Vgl. Ebishima und Yamashita (2006), S. 126 f.
261 Vgl. Okonogi, CK 1996/8, S. 93 und Ishikawa, CK 2002/2 S. 212.
262 STA 2001/12, S. 332; siehe auch den Artikel „Chinesische Touristen mit einem Jahresgehalt von 1 650 000 - 3 300 000 Wŏn geben in Korea 660 000 - 1 150 000 Wŏn aus“ (WC 2002/4, S. 556 f.).
263 Vgl. Yuk Sŏng-ch‘ŏl, STA 2001/12, S. 336 f.
264 In diesen Teil fließen auch Artikel aus der Zeit nach dem Beginn der WM ein.
265 Vgl. Moronaga, Aera 2002/4/1, S. 32.
266 Vgl. Ototake und Moronaga, Aera 2002/1/14, S. 15.
267 Ebd.
268 Vgl. Moronaga, Aera 2001/5/21, S. 86; zu den Konflikten, die Troussier in Japan hervorrief, siehe auch Ebishima und Yamashita (2006), S. 129 ff.
269 Vgl. Moronaga, Aera 2002/4/1.
270 Vgl. Moronaga, Aera 2001/5/21, S. 86.
271 Vgl. Moronaga, Aera 2002/4/1, S. 32.
272 Okada, Aera 2002/5/13, S. 5.
273 Okada, Aera 2002/5/13, S. 4.
274 Okada, Aera 2002/5/13, S. 5.
275 Moronaga, Aera 2001/5/21, S. 86.
276 Moronaga, Aera 2002/3/25, S. 83.
277 Moronaga, Aera 2002/5/20, Titel.
278 Vgl. Moronaga, Aera 2002/3/25, S. 82.
279 Vgl. Moronaga, Aera 2002/5/20.
280 Okada, Aera 2002/5/13, S. 5f.
281 Tamura, Aera 2002/6/10, S. 58.
282 Tamura, Aera 2002/6/10, S. 59.
283 Tamura, Aera 2002/6/10, S. 60.
284 Ebd.
285 Ebd.
286 Ebd.
287 Vgl. ebd.
288 Sawaki, Aera 2002/6/10, S. 18.
289 Sawaki, Aera 2002/6/10, S. 19.
290 Moronaga, Aera 2002/4/1, S. 32.
291 Sawaki, Aera 2002/6/3, S. 31.
292 Ebd.
293 Sawaki, Aera 2002/7/1, S. 29 f.
294 Vgl. Miura, Aera 1996/6/17, S. 18 ff.
295 Vgl. Miura, Aera 1996/6/17, S. 19 und Ishikawa, CK 2002/2, S. 213; der Tennō nahm schließlich nicht an der Eröffnungsfeier teil, er wurde von einem rangniedrigeren Familienmitglied vertreten.
296 Diese Einschätzung bestätigt auch Mo Ch‘ang-bae, der in seiner Studie darauf verweist, dass 60,2% der Koreaner die Teilnahme des Tennō an der Eröffnungsfeier begrüßten, während nur 21% der Japaner sich dafür aussprachen (vgl. Mo Ch‘ang-bae (1999), S. 291, 299).
297 Vgl. Chŏng Mong-jun, CK 2002/1, S. 281.
298 Vgl. Ishikawa, CK 2002/2, S. 213.
299 Vgl. Okonogi, CK 1996/6, S. 94 und Miura, Aera 1996/6/17, S. 18 f.
300 Vgl. Okonogi, CK 1996/6, S. 93.
301 Vgl. Chi Tong-uk, CK 1996/8, S. 94.
302 Text der Erklärung in englischer Übersetzung in: Ducke und Saaler (2003), S. 219 ff. oder http://www.mofa.go.jp/region/asia-paci/korea/joint9810.html.
303 Ishikawa, CK 2002/2, S. 214.
304 Ishikawa, CK 2002/2, S. 213 f.; auf die unterschiedliche Herangehensweise weisen auch Horne und Manzenreiter hin: Während das „notorisch xenophobe“ Japan nur für zwei asiatische Staaten die Visa-Beschränkungen aufhob, gewährte Korea Besuchern aus 22 Ländern der gleichen Region eine visafreie Einreise (vgl. Horne und Manzenreiter (2004a), S. 197).
305 Okonogi, Aera 1996/6/17, S. 19.
306 CK 2000/4, S. 164; siehe auch oben 3.1.1.
307 Yi In-ha, CK 2000/4, S. 170.
308 Vgl. Hong Nae-ryun, CK 2000/4, S. 167.
309 Yi Myŏng-u, CK 2000/4, S. 165 f.
310 Yi In-ha, CK 2000/4, S. 171.
311 Yi Myŏng-u, CK 2000/4, S. 166.
312 Vgl. Yi Myŏng-u, CK 2000/4, S. 166.
313 Zur Diskussion um das Schulbuch siehe Saaler (2003a).
314 Chi Myŏng-gwan, Sekai 2002/1, S. 180.
315 Vgl. Chi Myŏng-gwan, Sekai 2002/1, S. 180 f.
316 Carr, Edward Hallett (1961): What is history? Macmillan, London.
317 Vgl. Chi Myŏng-gwan, Sekai 2002/1, S. 181.
318 Vgl. ebd.
319 Vgl. Chi Myŏng-gwan, Sekai 2002/1, S. 183.
320 Chi Myŏng-gwan, Sekai 2002/1, S. 184.
321 Die folgenden Aussagen beziehen sich auf einen Vortrag mit anschließender Diskussion, den Ogura am 7. November 2007 an der Freien Universität Berlin hielt. Thema des Vortrages war: „Japan‘s Cultural Diplomacy and Cultural Policies“.
322 Vgl. Ishikawa, CK 2002/2, S. 212.
323 Aritomo hebt in seiner Untersuchung die Verbindung zwischen Globalisierung und lokaler Entwicklung hervor. Er führt am Beispiel der Stadt Ōita aus, wie die durch die WM bewirkte Internationalisierung zur Konstruktion einer neuen lokalen Identität beitrug (vgl. Aritomo (2004), S. 68ff.).
324 Vgl. Bennett (1988) und (1991).
325 Vgl. Bennett (1991), S. 46 f.
326 Pak Se-jik, WC 2001/3, S. 225; Pak war von Mai 1998 bis August 2000 Präsident des Organisationskomitees Korea, danach folgten Yi Yŏn-t‘aek und Chŏng Mong-jun als Doppelspitze.
327 Pu Chi-yŏng, WC 1998/12, S. 550.
328 Ch‘oe Chang-sin in: Kim Hyŏn-mi, STA 1999/5, S. 426.
329 Yi Hong-sŏk in: Kim Hyŏn-mi, STA 1999/5, S. 425.
330 Pu Chi-yŏng, WC 1998/10, S. 378 f.
331 Vgl. ebd. und WC 1998/12, S. 544.
332 Okano in: Pu Chi-yŏng, WC 1998/12, S. 544 f.
333 Pak Se-jik, STA 1999/5, S. 428.
334 Vgl. Yi Yŏn-t‘aek, WC 2001/11, S. 150.
335 Ebd.
336 Ducke schreibt, dass Japan zum Stichtag nur drei Viertel der eingeplanten Freiwilligen angeworben habe, ohne das Datum des Stichtages zu nennen (vgl. Ducke (2003), S. 201).
337 Vgl. Yi Yŏn-t‘aek, WC 2001/11, S. 150 f.
338 Kim Tae-gon, STA 2002/4, S. 197.
339 Ch‘oe Chŏng-ho, STA 1996/7, S. 100.
340 Kim Kyŏng-wŏn, STA 1996/7, S. 105.
341 Song Hong-gŭn, STA 2002/4, S. 196; zur Kulturbürgerbewegung siehe auch Choi (2004).
342 Vgl. Song Hong-gŭn, STA 2002/4, S. 196 f.; siehe auch Choi (2004), S. 137 ff.
343 WC 2001/2, S. 448 f.
344 Vgl. Pae Chŏng-hwan, WC 2001/2, S. 448.
345 Kim Tae-gon, STA 2002/4, S. 197.
346 Pu Chi-yŏng, WC 1998/12, S. 549.
347 Pak Se-jik, WC 2001/3, S. 225.
348 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 279.
349 Kim Kyŏng-wŏn, STA 1996/7, S. 104.
350 Ch‘oe Chŏng-ho, STA 1996/7, S. 107.
351 Vgl. Saitô, WC 1998/12, S. 557.
352 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 281.
353 Kim Kyŏng-wŏn, STA 1996/7, S. 105.
354 Pak Se-jik, WC 2001/3, S. 225f.
355 Vgl. Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 310.
356 Ebd.
357 Vgl. Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 312.
358 Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 311 f.
359 Vgl. Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 312 f.
360 Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 313.
361 Vgl. ebd.
362 Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 312 f.
363 Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 312.
364 Er bezieht sich auf Artikel 10 der „Gemeinsamen Erklärung Japans und der Republik Südkorea“, deren Text in vorläufiger englischer Übersetzung unter http://www.mofa.go.jp/region/asia-paci/korea/joint9810.html oder Ducke und Saaler (2003), S. 219 ff. nachzulesen ist.
365 Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 274.
366 Vgl. ebd.
367 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 275.
Für die englische Übersetzung siehe http://mofa.go.jp/announce/press/pm/murayama/9508.html;
siehe auch Seraphim (1999).
369 Text der Erklärung in englischer Übersetzung in: Ducke und Saaler (2003), S. 219 ff. oder http://www.mofa.go.jp/region/asia-paci/korea/joint9810.html.
370 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 278.
371 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 275 ff.
372 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 277.
373 Vgl. Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 280.
374 Ch‘oe Sang-yong, STA 2002/5, S. 281.
375 Pae Chae-si, STA 1996/8, S. 317.
376 Vgl. Ogura, WC 1998/10, S. 385.
377 Vgl. ebd.
378 Ebd.
379 Ebd.
380 Vgl. Ch‘oe Chŏng-ho, STA 1996/7, S. 100.
381 Vgl. Butler (2002), S. 50.
382 Vgl. Butler (2002), S. 49.
383 Vgl. Butler (2002), S. 50.
384 Im November 1989 hatte Japan bei der FIFA sein Interesse bekundet, die WM 2002 auszurichten, im Dezember 1989 fällte der Südkoreanische Fußballverband die Entscheidung, sich ebenfalls zu bewerben. Im Juni 1991 rief Japan sein Bewerbungskomitee ins Leben, in Korea erfolgte dieser Schritt im Januar 1994 (vgl. Horne und Manzenreiter (2002), S. XVI). Aus den Angaben geht hervor, dass Südkorea zumindest in der Kenntnis der japanischen Bewerbung handelte, wenn nicht als Reaktion darauf. Manzenreiter wird in der Gazette mit der Aussage zitiert, die Bewerbung Südkoreas sei eine „nationalistische Reaktion“ auf die Bewerbung Japans gewesen (Gazette, 19. März 2002, Online-Ausgabe).
385 Die Idee spiegelt sich in den Mottos „Dynamic Korea“ und „Sparkling Korea“, mit denen Südkorea im Ausland für sich wirbt (siehe dazu auch Im (2002)).
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