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Events sind mehr als besondere Ereignisse, die die alltägliche Routine durchbrechen und außergewöhnliche Erfahrungen vermitteln. Events helfen dabei, Defizite zu kompensieren, die als Konsequenz sozialstruktureller Veränderungen moderner Gesellschaften entstehen.10 Im Mittelpunkt stehen die Konsequenzen, die mit der Individualisierung einhergehen. Die strukturelle Veränderung der Gesellschaft bewirkt, dass heute die Lebensbereiche, die nicht nach den eigenen Vorstellungen gestaltet werden können, abnehmen, während die Bereiche der Biografie, die der freien Entscheidung des Einzelnen unterliegen, zunehmen.11 Diese „strukturelle Freisetzung mehr oder weniger ,aller’ Mitglieder einer modernen Gesellschaft aus verbindlichen Denk- und Verhaltensnormen“12 wirft neue Probleme auf, denn dem Individuum ist durch die Verdrängung gemeinschaftsstiftender Begegnungen eine wichtige Quelle der Identitätsbestätigung verloren gegangen.13 Um dieses grundlegende Bedürfnis zu befriedigen, ist der Einzelne gezwungen, sich nach neuen Möglichkeiten der Vergemeinschaftung umzusehen, die dem Lebensstil und den Anforderungen spätmoderner Gesellschaften entsprechen. Bei der „Suche nach biographischen Optionen zur Wiedervergemeinschaftung jenseits quasi-natürlicher sozialmoralischer Milieus“14spielen Events eine wichtige Rolle.
Nach Ronald Hitzler sind soziale Aggregationen, die sich aus dem spätmodernen Bedürfnis nach Wiedervergemeinschaftung bilden, gekennzeichnet durch die freiwillige Entscheidung zu einer temporären Einbindung des Individuums. Ein weiteres Merkmal ist das Vorhandensein einer meist durch Profitinteressen geleiteten Organisationselite, die ein vorzugsweise freizeit- und konsumorientiertes Angebot der Vergemeinschaftung schafft.15 Im Anschluss an Zygmunt Baumann nennt Hitzler Kollektive, die beim Zusammenkommen bei solchen Angeboten entstehen, „posttraditionale Gemeinschaften“.16
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Der Zweck posttraditionaler Vergemeinschaftung besteht nicht darin, eine dauerhafte Gemeinschaft zu schaffen, sondern darin, ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Die Gemeinschaft wird genutzt, um die durch sie ermöglichten Erfahrungen zu machen. „Das Ritual“, schreibt Hubert Knoblauch, „wird also nicht vollzogen, um anderes zu bewirken; es wird vollzogen, weil sein Vollzug eine Gemeinschaft stiftet, die Erfahrungen schafft.“17Stellt man diesen Events traditionelle Feste und Feiern gegenüber, wird der Unterschied zwischen traditionellen und posttraditionalen Gemeinschaften noch deutlicher. Feste und Feiern dien(t)en dazu, bestehende Gemeinschaften und deren Selbstverständlichkeiten zu stärken und sich ihrer zu vergewissern. Werte wie Gemeinsamkeit, Solidarität und Verlässlichkeit wurden gestärkt, damit sie im Alltag als Grundlage des Gemeinschaftslebens tragfähig bleiben. Innerhalb dieser Ordnung konnte sich eine individuelle Identität ausbilden.18
Der verbindlichen Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft steht heute die freiwillige und temporäre Mitgliedschaft in Vergemeinschaftungen gegenüber. Deren jederzeit kündbare Mitgliedschaft ist für Hitzler das „wesentlichste strukturelle Unterscheidungsmerkmal posttraditionaler gegenüber überkommenen bzw. ,eingelebten’ Gemeinschaften.“19Knoblauch sieht diese Art der Mitgliedschaft als bloße Präsenz, mit der keine dauerhaften Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft verbunden sind. „Posttraditionale Gemeinschaften“, schreibt Knoblauch, „bestehen im wesentlichen aus den situativen Ereignissen des Zusammenkommens, also aus Events, Veranstaltungen und Treffen.“20 Hitzler geht einen Schritt weiter, indem er Events weniger als Manifestationen posttraditionaler Gemeinschaften versteht. Für ihn sind sie „vielmehr deren Bedingung – und möglicherweise sogar deren raum-zeitlicher Rahmen.“21
Events sind „soziale Situationen, in denen Menschen miteinander interagieren.“22 Diese Situationen zeichnen sich durch bestimmte Merkmale aus. Knoblauch bezeichnet körperliche Kopräsenz als Basis des Events, sodass diese ganzheitliche Erlebnisse vermittelt.23Laut Knoblauch
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„gehen [Events] nicht nur von der Kommunizierbarkeit der Erfahrung durch Körper aus, sondern bestehen geradezu aus der Körperhaftigkeit der Kommunikation, die als vermittelnde Ebene die Gemeinsamkeit der Erfahrung schlicht voraussetzt. [...] Das Ereignis ist nicht nur mit Tönen, Bildern und Bewegungen erfüllt, auch die Präsenz der Menschen ist körperlich evident: im Riechen, Stinken, Spüren usw.“24 |
„Das Event“, führt Knoblauch weiter aus, „will erlebt werden, und zwar am eigenen Körper. [...] Die Beteiligten wollen auch die Masse am Leib spüren.“25Nur die Gefühle und Erfahrungen während des Events sind das Ziel, um das zu erreichen die Gemeinschaft gesucht wird. Knoblauch sieht das spätmoderne Event als „gezielte Selbsterfahrung der Gemeinschaft, die sich in den Ritualen des Events ausbildet.“26Gebhardt, Hitzler und Pfadenhauer weisen daraufhin, dass das Event in einer sich zunehmend differenzierenden und partikularisierenden Welt eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, die situative Erfahrung von Einheit und Ganzheit zu machen. Das gelingt vor allem dadurch, dass nicht nur der Intellekt, sondern alle Sinne angesprochen werden, dass Wirklichkeit sinnlich erfahrbar und körperlich spürbar wird. Daraus ergibt sich der oft anti-intellektualistische und unpolitische Charakter von Events.27Gebhardt bezieht sich auf Victor Turner, wenn er darauf verweist, dass Events Gemeinschaftserlebnisse bewirken, bei denen „die Standesgrenzen, Klassen- und Schichtunterschiede für ihre Dauer ignoriert, ja: transzendiert“ werden.28
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Das Event zeichnet sich ferner dadurch aus, dass die Mechanismen und Rituale, die der Stiftung der Gemeinschaft dienen, sowohl den Teilnehmern als auch der Organisationselite bewusst sind. Keiner von beiden kann allein ein Event schaffen. Die gewinnorientiert wirtschaftende Organisationselite schafft die äußeren Bedingungen, die von den Teilnehmern, die für ihre Teilnahme oft Geld bezahlen, genutzt werden, um das besondere Erlebnis des Events, die Vergemeinschaftung, zu erleben.29
Herbert Willems weist darauf hin, dass Events inhaltlich paradox veranlagt sind. Während sie einerseits auf die Erzeugung einer Gemeinschaftserfahrung abzielen, dienen sie andererseits der individualistischen Selbstverwirklichung. Der Einzelne braucht zwar die Gemeinschaft, um Gemeinschaft zu erfahren, es geht ihm aber nicht darum, sich mit der Gemeinschaft zu identifizieren oder in ihr aufzugehen. Vielmehr bietet die Gemeinschaft die Möglichkeit, individuelle Bedürfnisse, auch das nach Individualismus, zu befriedigen. Je nach Belieben und Interessen kann jeder sich Gleichgesinnte suchen, mit denen er sich außerhalb traditionaler Gemeinschaften zusammentun kann.30
Der Reiz der Gemeinschaft eines Events liegt, laut Willems, vor allem darin, dass das grundlegende Bedürfnis nach sozialer Anerkennung befriedigt wird. Allein die Teilnahme am Event reicht dafür bereits aus. Das Event bietet die Möglichkeit schneller und „preiswerter“ Kompensation individueller Vereinzelung und es bietet eine Bühne für die Selbstinszenierung der eigenen Individualität. Dafür stehen der Event-Gemeinschaft bestimmte Zeichen zur Verfügung, die von ihren Mitgliedern genutzt werden, um sich in einer bestimmten Ästhetik zu gestalten.31Auch Hitzler betont den ästhetischen Aspekt der Teilhabe. Indem die typischen Zeichen, Symbole und Rituale gekannt und übernommen werden, zeichnet man sich bereits als Mitglied einer Gemeinschaft aus.32
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Events, sagen Bette und Schimank, bestehen charakteristischerweise aus zwei Komponenten: Sie werden erstens als ästhetisches Spektakel und zweitens als emotionale Gemeinschaft erfahren.33 Sportevents, besonders der zuschauerorientierte Leistungssport, sind in beiderlei Hinsicht besonders eventtauglich, weil sie ein ästhetisches Spektakel in einer emotionalen Gemeinschaft bieten.
Vereinfacht dargestellt treten bei Sport-Events zwei Gegner in einem Wettkampf gegeneinander an, der von Zuschauern beobachtet wird. Die Auseinandersetzung folgt klaren und allen verständlichen Regeln, Sieger und Verlierer stehen zu Beginn noch nicht fest. Das dadurch ermöglichte Spannungserleben ist eine wichtige Voraussetzung für die Erfahrung des Sportevents als ästhetisches Spektakel. Der Zuschauer kann den sportlichen Nervenkitzel unbelastet genießen, da er auf sein Alltagsleben normalerweise keinen Einfluss ausübt. Trotzdem kann und soll sich der Zuschauer mental und affektiv engagieren, z.B. als Fan.
Der zweite wichtige Aspekt, der den Zuschauersport als ästhetisches Spektakel auszeichnet, ist das Zelebrieren von Körperlichkeit. Menschen aus Fleisch und Blut treten gegeneinander an und messen nach festgelegten Regeln ihre Kräfte. Perfektion der körperlichen Abläufe, ihre Synchronisierung sowie eine Ästhetik des Kampfes machen für den Zuschauer den Reiz der Erfahrung eines sportlichen Wettkampfes aus.
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Bei der emotionalen Vergemeinschaftung unterscheiden Bette und Schimank drei Aspekte. Sport-Events geben dem Zuschauer die Gelegenheit des „affektiven Sich-Auslebens“.34 Die Zuschauerrolle erlaubt nicht nur das Ausleben von Affekten, sie fordert es sogar. Ein emotionsloser Zuschauer, der im Stadion ein Fußballspiel verfolgt, „wirkt höchst deplaziert“.35
Eng damit verbunden ist die Heldenverehrung. Zum Helden kann ein einzelner Athlet oder eine Mannschaft werden, wenn sie über sich hinauswachsen. Die Anstrengung der Sportler muss nicht zum Sieg führen. Im Gegenteil. Gerade wenn eine Mannschaft alles gibt, wenn die Sportler trotz einer sich abzeichnenden Niederlage nicht aufgeben und der Willen zum Kampf spürbar wird, gerade dann kann das Publikum besonders angesprochen werden. Bette und Schimank sprechen von der „Ästhetik des Kampfes“, die in solchen Momenten erlebbar wird: „Sport symbolisiert in solchen Augenblicken, manchmal geradezu mit existentialistischem Pathos, das Nicht-Aufgeben desjenigen, der sich – wenn auch vielleicht letztlich erfolglos – gegen den Lauf der Dinge stemmt.“36
Ein weiterer Aspekt, der das Erleben des Sportzuschauers verstärkt, ist die reflexive Überhöhung. Darunter versteht man „eine massenhafte Synchronisation individuellen Erlebens“,37die durch die Dramaturgie der Wettkämpfe hervorgerufen und den Zuschauern bewusst wird. Es kann passieren, dass für die emotionale Vergemeinschaftung lediglich die Begeisterung der Zuschauer an sich selbst ausreicht und ein spannender Wettkampf erst dadurch hervorgerufen wird, dass sich die Stimmung der Zuschauer auf die Sportler auswirkt.
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Nach Bette und Schimanks Überzeugung gibt der Zuschauersport auf universelle psychische Bedürfnisse der Menschen, die im Zuge der Modernisierung nicht befriedigt werden konnten, eine Antwort. Die Spannung, die der Zuschauer beim Mitfiebern in einem sportlichen Wettkampf erlebt, kann zu einem gewissen Grad die Langeweile kompensieren, die sich aus der mit zunehmender Routinisierung und Bürokratisierung des Alltags einhergehenden Langeweile ergibt. Die starke Betonung der Körperlichkeit beim Sport wirkt der weitgehenden Verdrängung des Körpers aus gesellschaftlichen Tätigkeiten entgegen. Affektives Sich-Ausleben als Sportzuschauer ermöglicht es, die in modernen Gesellschaften geforderte Affektdämpfung und Körperdisziplinierung auszugleichen und Emotionen zu kanalisieren.
Durch Säkularisierung und Verwissenschaftlichung bewirkt die gesellschaftliche Modernisierung eine Entzauberung der Welt. Heldenverehrung kann, „zumindest punktuell [...] die ansonsten unbefriedigt gelassene Sehnsucht nach einer subjektiv sinnhaften Ordnung der Welt“ erfüllen.38 Die Helden demonstrieren, dass der Einzelne immer noch zählt. Hinzu kommt die oben bereits beschriebene Möglichkeit der posttraditionalen Vergemeinschaftung. Die Fähigkeit von Sportevents, den Ausgleich so vielfältiger Defizite gleichzeitig zu ermöglichen, zeichnet sie vor anderen Events aus.
Der Zuschauersport trägt ferner zur sozialen Integration des Einzelnen in die moderne Gesellschaft bei, indem er das Leistungsprinzip als zentralen Wert vermittelt. Die Botschaft, dass Leistung sich lohnt, steht im Gegensatz zu alltäglichen Erfahrungen. Obwohl heute, wie oben beschrieben, biografiedeterminierende Faktoren zugunsten der freien Entscheidung an Bedeutung verloren haben, machen mit der zunehmenden Herauslösung aus herkömmlichen Milieubindungen immer mehr Menschen Erfahrungen von Ungleichheit, die in modernen, durch Freiheit und Gleichheit legitimierten Gesellschaftsordnungen als ungerecht empfunden wird.39 Bette und Schimank halten ebenfalls fest, dass durch einen globalisierten Weltmarkt die Verknüpfung von Leistung und Karriereerfolg fragwürdiger geworden ist. Der Spitzensport stellt dem eine Gegenwelt gegenüber, die mit dem Leistungsprinzip einen „gesellschaftlichen Zentralwert“ ausdrücklich bejaht. Gerade angesichts einer partiellen Entkoppelung von Leistung und Karriere „muß das Leistungsprinzip hochgradig kontrafaktisch aufrechterhalten werden, damit nicht ein gänzlich demotivierter Fatalismus um sich greift, sondern Sozialdisziplin bestehen bleibt.“40
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Am Beginn dieses Teils steht ein Überblick über Maurice Roches Mega-Event Theorie. Die vielfältigen Wirkungsmechanismen, von denen einige für die weitere Betrachtung besonders wichtig sind, sollen vorgestellt werden. Roche begreift Mega-Events als multidimensionale soziale Prozesse, für die drei Dualismen charakteristisch sind: modern/nicht-modern, national/nicht-national und lokal/nicht-lokal bzw. urban/medienvermittelt.41Mega-Events sind modern und verweisen mit dieser Eigenschaft auf vor- oder postmoderne Dimensionen oder enthalten sie. Sie können zu sozialem Wandel und zur Modernisierung beitragen. Als nationale Ereignisse bieten Mega-Events der herrschenden Elite die Möglichkeit, ihre Ideologien zu verbreiten und auf die Gesellschaft einzuwirken. Gleichzeitig bieten sie auch der Öffentlichkeit die Möglichkeit, Einfluss auszuüben. Als Beispiele für letztere Art der Einflussnahme kann man die Olympischen Spiele 1988 in Seoul nennen, die Jarol B. Manheim sogar als „Symbol, über das die Regierung die Kontrolle verlor“42bezeichnet. Auch die tibetischen Demonstrationen im Vorfeld der Olympiade in Peking 2008 illustrieren diese Möglichkeit.
Als internationale Ereignisse zeigen Mega-Events verschiedene Aspekte. Sie sind multinational, kosmopolitisch, supernational und global. Multinationalität entsteht durch die Anwesenheit und Anerkennung der Vertreter vieler verschiedener Nationen auf dem Event-Gelände. Als kosmopolitisch bezeichnet Roche die Entwicklung einer „touristisch konsumeristischen“ Einstellung der gastgebenden Öffentlichkeit gegenüber den Vertretern und Darstellungen der ausländischen Nationen. Als supernational bezeichnet er die Tatsache, dass die gastgebende Nation eine machtvollere Rolle spielt als ihre Gäste. Sie kann versuchen, das Mega-Event zu benutzen, um ihren Führungsanspruch in der internationalen Weltordnung und Weltgeschichte hervorzuheben. Die Kombination dieser Faktoren macht Events zu ,Mega’-Events in dem Sinne, dass sie großen Maßstabs sind. Die zwischen den Nationen zirkulierende Möglichkeit der Gastgeberschaft und die Entwicklung eines globalen Mediensystems erlauben es, Mega-Events als „ ,globale Events’ in der Weltgesellschaft und der globalen Kultur zu sehen.“43
Lokal sind Mega-Events in der Hinsicht, dass sie an einem konkreten Ort, zu einer konkreten Zeit stattfinden und dass Menschen als Ausführende und Zuschauer an ihnen teilnehmen. Die notwendige Infrastruktur beeinflusst außerdem die Stadt- und Finanzplanung und wirkt sich direkt auf die Möglichkeiten der gastgebenden Kommune aus. Darüber hinaus wird der Ausrichtungsort in der Welt zur Geltung gebracht und im globalen Städtevergleich und wirtschaftlichen Wettbewerb repositioniert. Nicht-lokal bezieht sich auf die weltweite mediale Vermittlung, die unten ausführlicher behandelt wird.
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Roche fügt einen weiteren Analyserahmen hinzu, indem er die Wirkungsweisen des Mega-Events als Prozess auf drei verschiedenen Zeitebenen untersucht. Die E vent -C ore-Zone bezeichnet die Gegenwart und die dem Event unmittelbar vorangehende und nachfolgende Zeit, in der das Erleben im Mittelpunkt steht. Um diese Perspektive geht es im Kapitel 4. Die I ntermediate-Zone umfasst die mittelfristigen, dem Event vorangehenden und nachfolgenden Prozesse, die das Ereignis hervorbringen. In diesem Bereich sind die Beobachtungen im Kapitel 3 anzusiedeln. Die Zone des event horizon umfasst die langfristigen Gründe und Motivationen für die Eventausrichtung sowie die langfristigen Auswirkungen des Events.44
Im Folgenden werden in Anlehnung an Roche der Aspekt lokal/nicht-lokal und die mittelfristig mit einer Mega-Event-Ausrichtung verbundenen Motive aufgegriffen und ergänzt. Mega-Events entstehen durch die mediale Vermittlung. Sie ist die grundlegende Bedingung des Mega-Events, wie John Horne und Wolfram Manzenreiter bestätigen: “An unmediated mega-event would be a contradiction in terms.“45Seit dem späten 19. Jahrhundert haben sich diese Veranstaltungen in „einer Art symbiotischer Interaktion“ mit den zunehmenden Möglichkeiten der verschiedenen Formen von Massenmedien entwickelt.46Angefangen bei der Massenpresse und dem massenhaften Vertrieb von Fotografien über Radio, Film und Fernsehen haben die Massenmedien geholfen, Mega-Events zu verbreiten. Gleichzeitig boten und bieten diese eine Gelegenheit, bei der die neusten Technologien eingesetzt und öffentlich vorgeführt werden. Während zu Beginn Weltausstellungen diese Funktion übernahmen, sind es heute Sportturniere wie die Olympischen Spiele und die Fußballweltmeisterschaft, die als Schaufenster der neusten Kommunikationstechnologien dienen.47 Der Einsatz des Satellitenfernsehens eröffnete die globale Dimension der Mega-Events.
Weltweites Interesse für Sport bringt in Verbindung mit den technischen Möglichkeiten in immer größerem Maße internationale Berichterstattung hervor. Diese ist nicht auf das Turnier beschränkt, sondern setzt bereits in den Jahren zuvor ein, in denen über den Gastgeber und dessen Fortschritte bei der Vorbereitung berichtet wird. Da der Austragungsort von Olympischen Spielen sieben bis acht Jahre im Voraus festgelegt wird, für eine universelle Weltausstellung48bis zu zehn Jahre Vorlaufzeit nicht unüblich sind49und der Gastgeber einer Fußballweltmeisterschaft sechs Jahre vor dem Turnier bestimmt wird, eröffnet sich dem Gastgeber die Möglichkeit einer jahrelangen Präsenz in den internationalen Medien, die er für sich nutzen kann. Volker Klenk, der am Beispiel der Weltausstellung Expo ‘92 Mega-Events als Instrumente der Imagewerbung untersucht, sieht in diesem Aspekt ihr wesentliches Merkmal:
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„Mega-Events sind langfristig geplante Ereignisse mit möglichst breiter internationaler Beteiligung von Nationen, Institutionen, Personen und Unternehmen, die über mehrere Jahre umfangreiche globale Medienberichterstattung generieren und möglichst viele Menschen weltweit emotional berühren. In diese Kategorie von Mega-Events fallen zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Grunde nur universelle Weltausstellungen und sportliche Mega-Events wie Olympische Spiele, Leichtathletikweltmeisterschaften oder Fußballweltmeisterschaften.“50 |
Die globale Reichweite ist einer der wichtigsten Anreize, die potenzielle Ausrichter locken, denn sie ermöglicht vor allem eines: Imagepolitik im globalen Maßstab. Auch wenn Holger Preuß, der einen der wenigen Versuche einer langfristigen Untersuchung zu den ökonomischen Auswirkungen der Ausrichtung Olympischer Spiele unternommen hat, zu dem Ergebnis kommt, dass „wirtschaftliche Interessen [..] heute das wesentliche Motiv für die Bewerbung um eine Ausrichtung Olympischer Spiele dar[stellen]“51 und den Imagefaktor als einen Unterpunkt behandelt, soll dieser Aspekt hier besonders hervorgehoben und aus einem breiten Verständnis heraus betrachtet werden.
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Obwohl kaum berechenbar, ist der Imagefaktor als Bewerbungsmotiv nicht zu unterschätzen. Der Wunsch des Gastgebers, sich durch die Ausrichtung eines Sport Mega-Events in ein bestimmtes Licht zu rücken, kann unterschiedlich begründet sein. Tagsold betont, dass es sicher kein Zufall war, dass bis 1972 die drei hauptsächlich für den Zweiten Weltkrieg verantwortlichen Bündnispartner Italien, Japan und Deutschland Gastgeber Olympischer Spiele geworden waren: Rom 1960, Tōkyō 1964 und München 1972.52 Auch andere Länder versuchten, mit der Ausrichtung Olympischer Spiele einen Entwicklungsabschnitt zu markieren. In seinem Artikel “Bringing the world to Canada: ‘the periphery of the centre’“ schreibt David Whitson:
“Readers of this paper will be familiar with the idea that nations like Japan, Germany, the USSR and Korea have hosted the Olympics at least in part to signal national transitions – both political and economic – and to draw world attention to the accomplishments of their societies.“53 |
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Die politische Bedeutung eines positiven Nationenimages unterstreicht Michael Kuncziks These, nach der überstandene innenpolitische Krisen von Imagepflegemaßnahmen gefolgt werden, um beispielsweise Stabilität zu demonstrieren. Volker Klenk sieht dies durch die Ausrichtung von Weltausstellungen in Spanien, Südkorea und Portugal in den 1990er Jahren bestätigt,54 wodurch nach der Überwindung von Militärdiktaturen ein neues Nationenimage kommuniziert werden sollte:
„Die Gastgeberstaaten versuchen über Weltausstellungen eine möglichst veränderte politische Realität weltweit zu kommunizieren. Sie streben internationale Anerkennung an oder erhoffen sich über einen kommunikativen Kraftakt eine Statusverbesserung im internationalen Nationengefüge.“55 |
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Auf die große Bedeutung eines internationalen Mega-Events „in ,der Geschichte eines Landes’, eines Volkes, einer Nation“ verweist auch Roche. “They represented and continue to represent key occasions in which nations could construct and present images of themselves for recognition in relation to other nations and in ‘the eyes of the world’.“56
Der Positionierung des Ausrichters in der internationalen Gemeinschaft gilt auch Whitsons Interesse. Am Beispiel kanadischer Olympia- und Expo-Städte zeigt er, wie die gastgebende Stadt durch die Ausrichtung aus der Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt und ihr ein attraktives Image gegeben werden soll. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Image einer Stadt als ein Zentrum von Kultur und Unterhaltung dabei helfen werde, die richtige Sorte Menschen und Kapital anzuziehen.57 Das gelte besonders für Städte, die in der Vergangenheit nicht diese Art der Reputation genossen. Whitson hält fest:
“For all such cities hosting even a ‘second order’ international sporting event has become a place promotion opportunity to be actively pursued and, in this context, ‘to capture an event of the stature of the Olympics is viewed as a clear demonstration that a city has made it onto the world stage’.“58 |
Zur besseren Einordnung von Whitsons Ergebnissen ist es hilfreich zu wissen, dass abhängig vom Entwicklungsniveau des Gastgebers bei der Ausrichtung eines Mega-Events verschiedene Motive in den Vordergrund treten. Im Unterschied zu sich entwickelnden Nationen, für die meist ein gesamtnationales Interesse im Vordergrund steht, geht es für weit entwickelte Länder eher um die Förderung einer bestimmten Region. In entwickelten Ländern sind es daher oft Städte abseits der Zentren, die als Kandidaten aufgestellt werden. Whitsons Untersuchung behandelt diese Fälle. Seine Beispiele sind die kanadischen Städte Montreal und Calgary, die 1976 Olympische Sommer- bzw. 1988 Olympische Winterspiele ausrichteten, sowie Vancouver, wo 1986 eine Expo stattfand. Im Gegensatz dazu steht in sich entwickelnden Ländern die Hauptstadt stellvertretend für das ganze Land, das von der Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt und in der internationalen Gemeinschaft positioniert werden soll. Da in beiden Fällen grundsätzlich das gleiche Ziel verfolgt wird, enthält Whitsons Untersuchung für beide wertvolle Anregungen.
Um sich erfolgreich international zu positionieren, bedarf es mehr als einmaliger Anstrengungen. Studien wie die von J. R. Brent Ritchie und Brian H. Smith bestätigen zwar, dass die Ausrichtung einer Olympiade den Bekanntheitsgrad des Ausrichters dramatisch erhöhen und die mit ihm verbundenen Assoziationen verändern kann. Die Studie zeigt aber auch, dass der Bekanntheitsgrad nach dem Ereignis nicht konstant bleibt, sondern wieder abnimmt. Gerade für Ausrichter, die nicht bereits weltweit bekannt sind und regelmäßig im Rampenlicht stehen, ist es daher unerlässlich, in den folgenden Jahren weiterhin PR-Anstrengungen zu unternehmen, um das Erreichte aufrechtzuerhalten.59
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Whitson verweist auf zwei weitere Motive. Den Städten geht es bei der Bewerbung nicht nur um den demonstrativen Akt, sich als Kandidat durchzusetzen, sondern auch darum, durch Olympiade und Expo die Welt zu sich zu holen und Gästen und potenziellen Investoren zu demonstrieren, dass sie fortschrittliche und hoch entwickelte Städte sind.60Gleichzeitig werden vonseiten des Gastgebers Offenheit und Aufgeschlossenheit der Welt gegenüber demonstriert. Wie wichtig eine authentische Darstellung in diesem Bereich ist, zeigen Whitsons Bemerkungen zum Olympia-Ausrichter Atlanta, wo Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklafften.61 Hier wird deutlich, dass ein überzeugendes Image nicht losgelöst von der Realität konstruiert werden kann.
Whitson legt ferner besonderes Augenmerk auf ein Thema, das nicht nur für die kanadischen, sondern auch für die koreanischen WM-Erfahrungen von Bedeutung ist.62Kanada begann als Siedlergesellschaft an der Peripherie des British Empire. Diese Tatsache sowie die starke wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA führten dazu, dass Kanada nicht nur von anderen, sondern auch von den Kanadiern selbst als kulturell nicht authentisch angesehen wurde. Die Identitätsdiskurse, die in Westkanada vor und während der Expo ‘86 in Vancouver und der Winter-Olympiade 1988 in Calgary geführt und in denen die Städte als modern, urban, lebhaft und kulturell dargestellt wurden, richteten sich daher im gleichen Maße an die lokale Bevölkerung wie an Gäste und das Publikum außerhalb. Die Bürger und Unternehmen Calgarys wurden dazu aufgefordert, das sportliche Streben nach Exzellenz und Wettbewerbsfähigkeit zu übernehmen, über ihre traditionellen regionalen Horizonte hinauszuschauen und sich zu nationalen und globalen Vordenkern und Führungskräften zu entwickeln. In Anlehnung an Tony Bennett, der Expos als Instrumente der Kosmopolitisierung ansieht, betont Whitson, dass das wirtschaftliche Wachstum, das sich lokale und regionale Eliten von einer solchen Repositionierung ihrer Städte durch Mega-Events erhoffen, nicht allein durch Faktoren wie Investitionen von außen und Zuwanderung zu bewerkstelligen ist, auch wenn aktiv danach gestrebt wird.
“What is also necessary is that a regional population who have traditionally been thought of as peripheral – and have thought of themselves as peripheral – are encouraged to become more ambitious in their aspirations“, |
betont Whitson.63Mega-Events sind nicht nur dazu da, eine Stadt der Welt zu präsentieren. Es geht auch darum, ihren Bewohnern das Globale vorzuführen und sie dazu aufzufordern, eine neue Identität als Weltbürger anzunehmen. Wie wichtig der Aspekt für Whitson ist, zeigen seine abschließenden Betrachtungen, in denen er die Auswirkungen des Mega-Events auf wirtschaftliches Wachstum und Image relativiert:
„If hosting mega-events can be said to have enhanced this growth (and I have argued that this is very difficult to prove), it is the changes of identity and outlook that I have sketched above that have been more significant than any change in the ‘images’ that others have of these cities.“64 |
Trotz der vielen Möglichkeiten, die ein Mega-Event dem Ausrichter bietet, sind Bewerbungen nicht unumstritten. Vor allem in bereits weit entwickelten und international anerkannten und etablierten Ländern wecken die hohen Kosten und die Belastungen für die Umwelt den Widerstand der Bürger. Tagsold vermutet, dass hierin ein Grund für das Scheitern Ōsakas bei der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2008 lag.65
Imagepolitik, zur der die Konstruktion und Verbreitung von Nationenimages gehören, ist ein Teil von Public Relations (PR), die von Unternehmen, Organisationen, Staaten und vielen anderen betrieben werden. Da die wissenschaftliche Beschäftigung mit PR ein junges Forschungsgebiet der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften ist, besteht keine Einigkeit über eine abschließende PR-Theorie. Volker Klenk beschreibt PR als „Kommunikationssysteme und -strategien [..], mit Hilfe derer die Öffentlichkeit bzw. relevante Teilöffentlichkeiten durch die Selbstdarstellung von Interessen beeinflußt und partikulare Interessen wie Verhaltens- und Einstellungsänderungen (sic!) oder Zustimmung durchgesetzt sowie Bekanntheit oder Vertrauen aufgebaut werden sollen.“66
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„Image“ ist ein Begriff, der in der PR-Forschung und -praxis verwendet wird. Obwohl Image nicht eindeutig von ähnlichen Begriffen wie Stereotyp, Vorurteil oder Attitüde abgrenzbar ist, ist es wichtig, Folgendes zu unterscheiden: Der Begriff Image, der in den USA in den 1950er Jahren populär wurde und zur Bezeichnung der Aura einer Person des öffentlichen Lebens, einer Gruppe, einer Partei, einer Ware, einer Nation, eines Volkes etc. diente, zeichnet sich dadurch aus, dass damit etwas vom Imageträger selbst Geschaffenes bezeichnet wird. Das Image kann durch PR-Maßnahmen beeinflusst werden. Vorurteile und Stereotype zeichnen sich demgegenüber dadurch aus, dass sie von der Umwelt geprägt und zugeschrieben werden. Wesentlich für das Image ist daher eine aktive Komponente.67
Um die Frage zu beantworten, wie ein (Nationen-) Image im Kopf des Betrachters entsteht, ist Reinhold Berglers psychologisch formulierter Imagebegriff aufschlussreich. Ein Image ist demnach „ein vereinfachtes, überverdeutlichtes und bewertetes Vorstellungsbild“, das die Realität nicht detailgetreu abbildet, sondern seine Schlussfolgerungen an „Schlüsselreizen, exemplarischen Leistungen, einzelnen Erfolgen, aber auch einzelnen Mißerfolgen“ festmacht. Images entstehen schnell und auf der Grundlage eines Minimums an Informationen aufgrund weitgehend automatisierter psychologischer Mechanismen, bei denen Skepsis und Zweifel ausgeschaltet werden. Bentele benennt nach Bergeler vier Mechanismen, die bei der Bildung von Nationenimages beteiligt sind: erstens die Vereinfachung der Realität durch Typologisierung. Der zweite Mechanismus, die Verallgemeinerung von Einzelerfahrung, kann sich als Positiv- oder Negativerfahrung mit einem Land oder dessen Bürgern prägend und anhaltend auf das Image auswirken. Einzelne Erfahrungen können sich dabei gegenseitig beeinflussen. Positive Erfahrungen mit Einzelpersonen können beispielsweise negative Erfahrungen mit Behörden relativieren.69Überverdeutlichung ist als dritter Mechanismus wirksam. Dabei werden reale Teile aus dem Gesamten des zu Bewertenden herausgenommen und vergrößert bzw. überverdeutlicht.70Bentele weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch die öffentliche Thematisierung aktueller Ereignisse „durch historische Erfahrungen vorhandene, aber weitgehend ,inaktive’ Schichten [...] schnell wieder ,aktiviert’“ werden und die Imagebildung beeinflussen können.71Viertens sind positive oder negative Bewertungen an der Imagebildung beteiligt.72
Eine hilfreiche Unterscheidung von Imagetypen ist die von Selbstimage, dem Bild, das eine Person, eine Organisation oder eine Nation von sich selbst hat, und Fremdimage, dem Bild das andere von einem haben. Bei beiden Typen kann man wiederum zwischen tatsächlichem (in der Praxis eher dem vermuteten) und erwünschtem Image differenzieren.73Das erwünschte Selbst- oder Fremdimage ist das Ziel des Prozesses der Imagegestaltung.
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Von großer Bedeutung beim Entstehen von Nationenimages sind die Informationsquellen, aus denen in einem komplexen Kommunikationsprozess geschöpft wird.74 Dazu gehören über Massenmedien vermittelte Informationen, aber auch Erfahrungen mit Personen aus einem Land oder im Land selbst, Erfahrungen mit Produkten und Dienstleistungen eines Landes, mit Literatur, Filmen, Sportveranstaltungen, Staatsbesuchen oder Erzählungen von Freunden. Man kann also zwischen Primärerfahrungen und vor allem durch Massenmedien vermittelten Sekundärerfahrungen unterscheiden. Gerade bei Informationen über das Ausland sind letztere für die meisten Menschen die wichtigsten Informationsquellen.75 An dieser Stelle wird deutlich, warum die jahrelange Medienpräsenz, die mit der Ausrichtung eines Mega-Events verbunden ist, so attraktiv ist. Sie bietet die Möglichkeit, das gesteigerte Interesse an Informationen über den Ausrichter zu bedienen und auf diese Weise das Image zu gestalten.
Für Images im Allgemeinen wie auch für Nationenimages gilt, dass sie bei verschiedenen Personen unterschiedlich sein können. Sie sind „Realitäten eigener Art“, die „nicht den Gesetzen der Logik folgen und sich daher nicht notwendigerweise automatisch veränderten Realitäten anpassen.“76 Aufgrund fehlender Primärerfahrungen sind auf medienvermittelten Sekundärerfahrungen aufgebaute Nationenimages oft sehr langlebig, auch wenn sie vielleicht längst nicht mehr der Realität entsprechen.77Bentele gibt zu bedenken, dass persönliche Erfahrungen, die einst in der Vergangenheit gemacht wurden, über Generationen hinweg direkt, z.B. durch Gespräche, oder indirekt, z.B. durch Schulbücher, weitergegeben werden und auf gegenwärtige Nationenimages Einfluss ausüben.78Auch Kunczik schreibt: „Das Image einer bestimmten Nation existiert bei vielen Menschen offensichtlich ohne irgendwelche Wissensbasis als reiner Affekt. Womöglich gehören einige Images in den Bereich der kulturellen Selbstverständlichkeiten, die unhinterfragt tradiert werden.“79
Der Aufbau, die Pflege oder die Korrektur eines (Nationen-) Images stehen häufig im Mittelpunkt von PR-Zielsetzungen.80Der Imagegestaltung sind jedoch Grenzen gesetzt, denn Images sind nicht beliebig konstruierbar.81Während der Aufbau eines positiven Images immer ein langwieriger und schwieriger Prozess ist, geht der umgekehrte Fall, die Zerstörung eines positiven Images oder die Zuschreibung eines negativen Images, sehr schnell.82
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Der Aufbau und die Verbreitung eines positiven Nationenimages sind für ein Land aus verschiedenen Gründen wichtig. Es besteht z.B. ein Zusammenhang zwischen PR-Bemühungen um ein positives Nationenimage und ökonomischen Faktoren: Je stärker ein Land vom Export abhängig ist, desto intensiver betreibt es Imagepflege. Indirekt damit verbunden ist die Annahme, dass ein Staat umso eher aktive PR betreiben wird, je weniger das Land aufgrund von strukturbedingten Nachteilen in den Medien vertreten ist.83Für die Förderung von Handel, Investitionen und Tourismus ist ein positives Nationenimage von großer Bedeutung. Die Marketingtheorie geht davon aus, dass es nicht nur einen Imagetransfer vom Herkunftsland auf dessen Produkte und Dienstleistungen gibt (und umgekehrt), sondern dass das Nationenimage darüber hinaus auch eine Schlüsselfunktion im Rahmen des Standortmarketings übernimmt.84 Im Tourismus ist ein positives Nationenimage von entscheidender Bedeutung für die Nachfrage nach einer Destination.85
Events und besonders Mega-Events spielen bei der Schaffung eines positiven Nationenimages eine sehr wichtige Rolle. Mega-Events haben heute vor allem die Funktion, Berichterstattung in den Medien zu generieren. Für die Ausrichtung von Weltausstellungen kommt Klenk zu dem Schluss, dass sich deren ursprüngliche Funktion heute geradezu umgekehrt habe: „Waren sie zunächst Ursache für Berichterstattung, so ist eine umfängliche globale Medienberichterstattung heute wohl ein entscheidendes Ziel der Organisatoren.“86Auch wenn Weltausstellungen und sportliche Mega-Events nicht in allen Aspekten sinnvoll miteinander vergleichbar sind87 und Klenk ausführt, dass unter den motivationalen Faktoren für die Bewerbung um Olympische Spiele der Imagefaktor wahrscheinlich ein „Unterpunkt des Faktors Ökonomie wäre“,88 sollte der Imagefaktor bei der Ausrichtung eines sportlichen Mega-Events keinesfalls unterschätzt werden. Über die Fußballweltmeisterschaft 2002 wurde insgesamt 41 000 Stunden lang in 213 Ländern der Erde Bericht erstattet, wodurch ein geschätztes kumulatives Publikum von 28,8 Milliarden Zuschauern erreicht wurde.89Es ist eine naheliegende Schlussfolgerung, dass Sport-Mega-Events zunehmend als wertvolle Werbemöglichkeiten angesehen werden.90
Sportliche Events wie die Fußballweltmeisterschaft oder die Olympischen Spiele genießen nicht nur weltweite Bekanntheit und ein positives Image. Sie sprechen durch ihre Dramatik die Zuschauer emotional sehr stark an.91Aus diesen Gründen eignen sie sich hervorragend, um von den Gastgebern als Instrument internationaler Imagewerbung eingesetzt zu werden. Durch ihre Ausrichtung schaffen Staaten berichtenswerte Ereignisse, mit deren Hilfe sie ihr Image positiv beeinflussen können. Sie stellen einem globalen Publikum gezielt Material für Sekundärerfahrungen mit ihrem Land zur Verfügung. Eine erfolgreiche Durchführung des Mega-Events ist natürlich Voraussetzung für die Realisierung des erhofften PR-Effekts. Für die Wertschätzung dieser Qualitäten von Sport-Mega-Events spricht der harte Bewerbungswettkampf, den sich potenzielle Gastgeber liefern. Klenk verweist ausdrücklich auf die scharfe Konkurrenz zwischen den Bewerbern Japan und Südkorea um die Ausrichtung der WM 2002.92
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Als 1964 in Tōkyō die 18. Olympischen Spiele eröffnet wurden, konnte Japan auf eine fast hundertjährige Tradition der Teilnahme an ,Mega-Events’ zurückblicken. Im Zuge seiner Modernisierung hatte es 1867 mit einem Pavillon an der Weltausstellung in Paris teilgenommen und sich seitdem immer wieder in diesem Rahmen dem westlichen Publikum präsentiert. Die Gründung eines nationalen Olympischen Komitees 1911 sowie die Entsendung zweier Athleten zu den Fünften Olympischen Spielen 1912 in Stockholm, an denen Japan als erstes asiatisches Land teilnahm, zeigen, dass Japan auch im Bereich des internationalen Sports auf sich aufmerksam machte.93Nachdem diese Grundlage gelegt war, war der Wunsch, vom Teilnehmer zum Ausrichter der prestigeträchtigen Veranstaltungen zu werden, eine naheliegende Entwicklung. Mit der Ausrichtung Olympischer Sommer- und Winterspiele in Tōkyō und Sapporo und mit einer Weltausstellung in Tōkyō sollte 1940 Japans Stellung in der Welt als „gleichberechtigter Part im Konzert der führenden Nationen“94verdeutlicht und gleichzeitig die 2600-jährige mythologische Geburt der japanischen Nation gefeiert werden. Keine der internationalen Veranstaltungen konnte jedoch wie geplant stattfinden, da der Krieg dies verhinderte.
Nach dem Krieg nahm Japan seine Olympia-Ambitionen wieder auf. Nachdem es sich mit seiner Bewerbung für die Spiele 1960 nicht hatte durchsetzen können,95war Japan 1959 bei der Wahl des Kandidaten für die Olympiade 1964 erfolgreich. Als Gastgeber stand nicht die Stadt Tōkyō, sondern das Land Japan im Mittelpunkt. Die Olympischen Spiele wurden für Japan zu einem wichtigen Faktor der nationalen Identitätsrekonstruktion und -konstruktion. Elemente des Vorkriegsnationalismus wurden wieder aufgenommen und durch das geschickte Kombinieren mit olympischen Symbolen und den Einsatz im olympischen Umfeld mit neuen Bedeutungen versehen. Negative Assoziationen zur Flagge Hinomaru und Hymne Kimigayo konnten abgebaut werden und das Image des Kaisers und der Selbstverteidigungskräfte wurde in das Bild eines friedliebenden Nachkriegs-Japan integriert.96Durch die emotionale und häufige Inszenierung der ,neuen’ nationalen Symbole konnten sie nicht nur im Bewusstsein verankert werden, sondern auch ein Gefühl der nationalen Einheit vermitteln. Das Fernsehen spielte bei diesem Prozess eine große Rolle. Durch Satellitenübertragung konnte die gesamte Bevölkerung an den Spielen teilnehmen. Umfragen zeigen, dass bei der live gesendeten Eröffnungszeremonie die Quote der Fernsehzuschauer bei 84,7% lag. Das Volleyballspiel der Damen verfolgten sogar 92% der Befragten am Bildschirm.97Es ist deshalb keine Übertreibung zu sagen, dass die gesamte Bevölkerung an den Ereignissen teilhatte.
Der wirtschaftliche und technische Fortschritt, den Japan in den 1950er und 60er Jahren erlebte, war in der Entwicklung einer neuen nationalen Identität ebenfalls von Bedeutung. Für Japan, das sich beschützt von der Sicherheitsallianz mit den USA, unterstützt von amerikanischen Finanzhilfen und Technologietransfers sowie durch die Aufnahme in internationale Organisationen wie GATT (1955), UN (1956) und OECD (1964) zunehmend in die westliche Welt eingebunden bereits Mitte der 1960er Jahre zur zweitgrößten Wirtschaft in der nicht kommunistischen Welt entwickelt hatte,98markierten die Olympischen Spiele einen wichtigen Übergangspunkt. Pünktlich zum Beginn der Olympiade war die erste Strecke des neuen Hochgeschwindigkeitszuges Shinkansen von Tōkyō nach Ōsaka fertiggestellt worden und das Teilstück Kōbe-Ōsaka-Nagoya der Autobahn eröffnet, die später ebenfalls nach Tōkyō verlängert wurde. Beide Bauprojekte waren nicht nur Beweis höchster technischer Leistungsfähigkeit, sondern sie verbanden die in einem Konkurrenzverhältnis stehenden Regionen Kantō um die Hauptstadt Tōkyō und Kansai um die Städte Ōsaka, Kōbe und Kyōto auch über das Verkehrstechnische hinaus. Ferner war die Liveübertragung der Olympiade per Satellit im Fernsehen eine Leistung, mit der sich Japan in die Reihe der großen Industrienationen einreihen konnte, auf die es stolz sein konnte und der das Ausland Anerkennung zollte.99Man war nicht nur wieder wer, Japan trat auch in eine neue Ära der internationalen Gleichberechtigung ein.100
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Die Olympischen Spiele waren außerdem der Anlass, die Hauptstadt Tōkyō umzugestalten. Neben den Fernverbindungen durch den Shinkansen und die Autobahn wurde auch das städtische Verkehrssystem ausgebaut. Der Flughafen Haneda wurde durch eine Monorailbahn erreichbar, Stadtautobahnen auf Hochtrassen durch Tōkyō gelegt und ein U-Bahn-Netz geschaffen. Der Bau eindrucksvoller Sportanlagen sowie internationaler Hotels komplettierte die Verwandlung, sodass die Olympischen Spiele nicht nur ein Symbol des wirtschaftlichen Aufschwungs und des technologischen Fortschritts wurden, sondern auch den symbolischen Endpunkt des Wiederaufbaus markierten.101 Tagsold hält abschließend fest: „Die aufgezeigten Dimensionen der Olympischen Spiele Tōkyō 1964 rechtfertigen den Schluss, dass es sich um ein Ereignis mit einschneidenden Auswirkungen auf die nationale Identität der Nachkriegszeit handelte.“102
Wie die Olympiade 1964 war auch die Expo 1970 in Ōsaka eine asiatische Premiere. Tagsold erläutert, dass sie sich „ähnlich wie die Spiele 1964 noch einmal programmatisch mit der Stärkung der nationalen Identität in klassischer wie wirtschaftlicher Hinsicht auseinander [setzte].“103 Der Bewerbungs- und Auswahlprozess zwischen den Jahren 1963 und 1965 fiel in die Zeit, in der sich ganz Japan im Olympiafieber befand, und es war nicht überraschend, dass die Expo zu einer „Kansai-Ausgabe der Olympischen Spiele Tōkyō 1964“ wurde.104 Unter dem Motto „Fortschritt und Harmonie für die Menschheit“ geriet sie mit ihren zahlreichen japanischen Firmen als Aussteller zu einer „großen wirtschaftlichen Leistungsshow“, die die identitätsstiftende Erfolgsgeschichte der wirtschaftlichen Nachkriegsleistung noch einmal beschwor und die immer stärker zutage tretenden negativen Folgen der industriellen Entwicklung ignorierte.105Anders als bei der Olympiade gab es jedoch für die Expo 1970 keinen ungeteilten gesellschaftlichen Konsens mehr und es formierten sich erste Protestbewegungen.106
Nach den erfolgreichen Ausrichtungen fanden in den Jahren 1972 und 1998 in Sapporo und Nagano Olympische Winterspiele statt, die jedoch weder in ihren Zielsetzungen noch in ihren Auswirkungen mit 1964 und 1970 vergleichbar waren. Verschiedene Gründe sind dafür zu nennen. Da Winterolympiaden kleinere Veranstaltungen sind als Sommerolympiaden, erwecken sie weniger Interesse und bieten weniger Möglichkeiten der Selbstdarstellung. Für das Jahr 1972 führt Tagsold ferner an, dass mit München die letzte der drei Achsenmächte des Zweiten Weltkriegs Ausrichter einer Olympiade war und damit in den Kreis der Völkergemeinschaft wieder aufgenommen wurde.107Auch das war ein Grund, warum Sapporo weniger internationales Interesse zuteilwurde. Das geringere nationale Interesse an den Winterspielen begründet Tagsold damit, dass „der Sättigungsgrad an Großveranstaltungen mit nationaler Bedeutung [..] 1972 schon so weit erreicht [war], dass Winterspiele keinen bleibenden Eindruck mehr hinterließen.“108
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Wichtig im Hinblick auf die Einordnung der WM 2002 ist eine Entwicklung, die in Japan spätestens seit den 1980er Jahren einsetzte. Sportförderung gilt seitdem als wichtiger Faktor regionaler Entwicklungspolitik, die helfen soll, der sich vergrößernden Kluft zwischen Peripherie und Zentrum etwas entgegenzusetzen.109Sport wird einerseits als Förderer lokaler wirtschaftlicher Aktivitäten verstanden. Andererseits verspricht man sich durch Sport eine Verbesserung der Lebensqualität der Anwohner und des Images der Provinzstädte. Durch das Ausrichten von Sportveranstaltungen und das Beheimaten von Sportmannschaften soll außerdem die Identifikation der Einwohner mit ihrer Stadt oder Region gefördert und der Abwanderung der jungen Japaner in die Metropolen entgegengewirkt werden. Letzterer Aspekt spielte auch bei der Gründung der japanischen Profifußballliga J.League Anfang der 1990er Jahre eine wichtige Rolle.110 Neben den Olympischen Winterspielen 1972 und 1998 ordnet Tagsold auch die Bewerbungen Nagoyas um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 1988 (gescheitert) und die Expo 2005 (erfolgreich) in diesen Kontext ein. Beide wurden mit lokalpolitischen Argumenten begründet, bei denen nationale Konzepte keine Rolle spielten.111 Gleiches galt auch für Ōsakas gescheiterte Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2008, mit der die Kansairegion gefördert werden sollte.112
Die Erwartung, durch die Ausrichtung von Mega-Events die Entwicklung der Region zu fördern, wird in der Praxis nicht uneingeschränkt eingelöst. Obwohl die Olympischen Spiele 1998 in Nagano einen Gewinn von 2,5 Milliarden Yen abwarfen, konnten die Steuerzahler davon kaum profitieren. Sie sind es jedoch, die für die hohen Verluste der kaum genutzten Rodelbahn und für die riesige Eisschnelllaufbahn aufkommen müssen.113Die Frage, ob und für wen sich die Ausrichtung eines Mega-Events lohnt, lässt sich nur schwer beantworten.114 Entgegen obigen Erwartungen kommen verschiedene Studien zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen von Mega-Events langfristig gesehen nicht isoliert von anderen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen betrachtet werden dürfen. In der Wirtschaft großer städtischer Zentren stellen sie nur einen relativ kleinen Faktor dar.115Whitson betont ferner: “A full and transparent account of an Olympics will still show a loss on the public account, most unbiased evidence suggests.“116
Wie seine Nachbarn Japan und China nahm auch Korea Ende des 19. Jahrhunderts an Weltausstellungen teil, 1893 in Chicago und 1900 in Paris. Besonders beim ersten Auftritt stand die Präsentation Japans der Chinas jedoch nach, sodass weniger Aufmerksamkeit und ein geringeres Presseecho die Folge waren.117Koreas Versuche, sich in diesem Rahmen der Welt zu präsentieren und sich gleichzeitig mit den neusten technischen Entwicklungen vertraut zu machen, wurden für mehr als ein halbes Jahrhundert unterbrochen und erst mit der Expo in Seattle 1962 wieder aufgenommen.118
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Auch Koreas Teilnahme an Olympischen Spielen wurde von Japan überschattet. Bis heute unvergessen ist der Sieg der beiden koreanischen Marathonläufer Son Ki-jŏng und Nam Sŭng-nyong, die bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin die Gold- und Bronzemedaille erkämpften. Da Korea seit 1910 japanische Kolonie war, waren die Sportler unter der japanischen Flagge angetreten. Das in der Zeitung Tonga Ilbo veröffentlichte Foto Sons, bei dem die japanische Flagge auf dem Trikot des Siegers ausgeschnitten worden war, ging in das Gedächtnis der Nation ein.119Auf diese Episode wurde bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Seoul 1988 effektvoll zurückgegriffen, indem der damalige Goldmedaillengewinner als letzter Fackelläufer vor den Augen von weltweit ca. 460 Millionen Zuschauern120in das Stadion einlief und das olympische Feuer entzündete. Hier zeigt sich eine Parallele zur Eröffnung der Olympiade in Tōkyō, bei der ebenfalls durch den Auftritt des 19-jährigen Fackelläufers Sakai Yoshinori, der am Tag des Atombombenabwurfs in Hiroshima geboren worden war, auf Elemente der jüngeren Vergangenheit zurückgegriffen wurde, um damit im Kontext der Olympischen Spiele die nationale Identität neu zu konstruieren.121
Stärker als die Ähnlichkeiten stehen bei einem Vergleich der Olympischen Spiele in Tōkyō 1964 und in Seoul 1988 die Unterschiede im Vordergrund. Zum einen liegt das an den veränderten innen- und außenpolitischen Bedingungen, die unten zur Sprache kommen, zum anderen daran, dass sich die technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten Ende der 1980er Jahre weiter entwickelt hatten. Bereits die Olympischen Spiele in Rom 1960 und in Tōkyō 1964 waren durch die sich entwickelnde Satellitentechnik zu einem weltweiten Ereignis geworden. In den folgenden 20 Jahren hatte sich die Kommunikationstechnologie revolutioniert und eine immer umfassendere Zuschauerbeteiligung ermöglicht. Die Infrastruktur, die in Seoul für die Übermittlung des Medienspektakels errichtet wurde, bildete die Grundlage für Südkoreas Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten zu einer der am weitesten fortgeschrittenen Technologie- und Wissensnationen der Welt.122
Durch die neuen Möglichkeiten veränderten auch die Olympischen Spiele ihren Charakter grundlegend. Die olympische Bewegung war Ende der 1980er Jahre zu einer transnationalen Organisation und einem transnationalen Akteur geworden und hatte mit der Einführung von TOP (The Olympic Program) ein Instrument geschaffen, durch das das globale Corporate Sponsorship als zweite wichtige Einnahmequelle neben dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte koordiniert wurde.123Nach den Boykotten der Olympischen Spiele 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles ermöglichten das Ende des Kalten Krieges und die Bemühungen des IOC die Teilnahme so vieler Länder wie nie zuvor124 und machten Seoul 1988 nicht nur zu einem globalen Ereignis, sondern erweiterten den wirtschaftlichen Rahmen Koreas erheblich. Aus diesen Gründen markierte Seoul 1988 den Beginn einer neuen, stärker kommerziell ausgerichteten Ära der olympischen Bewegung.125
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Die Teilnahme der Ostblockländer bot für Südkorea, das aufgrund der Teilung keine Verbindungen zu diesen unterhielt, eine große diplomatische Chance. Es konnte die Spiele nutzen, um seine internationalen Kontakte auszubauen. Durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Ungarn und die Eröffnung von Handelsbüros in Jugoslawien und der Sowjetunion126 gelang es Südkorea, sich stärker in der Weltgemeinschaft zu vernetzen. Außerdem konnte Südkorea, das bei der Vergabe der Spiele an Seoul 1981 noch ein Entwicklungsland war, sich aber dennoch gegen den einzigen Mitbewerber Nagoya127 hatte durchsetzen können, sieben Jahre später der Welt seine Erfolge als sich entwickelnde Industrienation präsentieren. Anders als für Japan, für das die Olympiade 1964 “much more a declaration that it was reentering the world system as a respectable member of the international community after the ignominy of defeat“ war,128feierte Südkorea 1988 seinen ersten Einstand in der Weltgemeinschaft. Ebenso ging es für Südkorea nicht darum, seine nationale Identität wiederherzustellen, sondern darum, sie herzustellen und sich gegenüber Nordkorea international zu behaupten. Die internationale Berichterstattung über die Olympischen Spiele in Seoul brachte Südkorea erstmals einem weltweiten Publikum positiv zu Bewusstsein. Die bis dahin geringe Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit gegenüber Südkorea129 war vor allem durch negative Themen wie den Koreakrieg, Staatsstreiche, Militärherrschaft und Studentendemonstrationen geprägt gewesen. Die Olympischen Spiele hingegen waren beim internationalen Publikum sehr beliebt.130
Durch die Olympiade konnte die internationale, aber auch die nationale Aufmerksamkeit auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gelenkt werden. Darin lag eines der wichtigsten Motive der koreanischen Regierung für die Olympia-Bewerbung, das laut Manheim noch vor dem Wunsch stand, das koreanische Wirtschaftswunder mit der neuen Regierung unter Chŏn Tu-hwan in Verbindung zu bringen und dessen Herrschaft zu legitimieren.131 Die Regierung, die mit andauernden heftigen Protesten von Studenten und Arbeitern und später auch der Mittelschicht konfrontiert war, verband mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele die Hoffnung, größere innenpolitische Stabilität zu schaffen. Sie erwartete, dass die Drohung, wegen innenpolitischer Instabilität die Spiele zurückgeben zu müssen, mäßigend auf die Opposition einwirken würde.132
Die Hoffnung der Regierung auf Stabilität erfüllte sich jedoch nicht. Nicht nur, dass die Olympischen Spiele in der Bevölkerung nicht auf ungeteilte Begeisterung stießen. Westliche Sportkultur war nur wenig bekannt und die Spiele waren in Teilen der Bevölkerung so unbeliebt wie die diktatorischen Machthaber, die sie durchsetzten.133 Die Aufmerksamkeit der Weltpresse, die sich umso stärker auf Südkorea zu konzentrieren begann, je näher die Olympiade rückte, wies nicht die Opposition in die Schranken, sondern setzte im Gegenteil die Regierung unter Druck, den Forderungen nach demokratischen Veränderungen nachzugeben. Die Olympiade war „ein Symbol [...], über das die Regierung die Kontrolle verlor“134und das entgegen den Intentionen der Regierung als Katalysator der Demokratisierung wirkte. Der Olympia-Slogan „The World to Seoul, Seoul to the World“135erhielt auf diese Weise eine neue Bedeutung.
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Sport, schreibt Gunter Gebauer, ist soziale Repräsentation, in der sich die ganze Gesellschaft wiedererkennen kann.136Jede Nation hat ihre charakteristischen Bewegungen, die von Kindheit an erworben werden. Kinder übernehmen durch das Nachahmen der Bewegungsweisen der sie umgebenden Menschen ein Bewegungsmuster, das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zeigt. Obwohl Bewegungen, ebenso wie Mimik und Gestik, individuell sind, erhalten „im Leben eines Kindes [..], wie in einer sozialen Gußform, alle für seine gesellschaftliche Existenz wichtigen Bewegungen eine solche Formung, daß sie den im Umfeld üblichen Bewegungsweisen ähnlich werden.“137Der Gebrauch bestimmter Werkzeuge und Kulturgegenstände formt die Bewegungen ebenso wie soziale Instanzen, die dazu beitragen, bestimmte Bewegungsweisen in jeder Generation zu verankern, indem z.B. in der Schule eine bestimmte Art zu schreiben gelehrt wird.138
Bewegungen sind darüber hinaus wichtig, weil über sie Gemeinschaftserfahrungen angelegt werden, wie gemeinsames Gehen, Marschieren oder Arbeiten. „Ohne Übertreibung kann man sagen“, so Gebauer, „daß die gelernten, geübten, von anderen übernommenen und weiter ausgeformten Bewegungsweisen den Grundstock des praktischen In-der-Welt-Seins bilden. Vermittels der sozialen Motorik erwerben Menschen ihre erste Teilhabe an der Gesellschaft.“139Gleichzeitig stellen Bewegungen die Gesellschaft auch mit her, indem sie die Menschen auf der elementaren Ebene der Motorik an den Tätigkeiten der Gesellschaft beteiligen.140Vor diesem Hintergrund hält Gebauer fest, dass das gesellschaftliche Repertoire an Bewegungsweisen spezifisch für eine Kultur ist. Wenn man davon ausgeht, dass die Kultur der Ausdruck einer Nation ist, dann, so Gebauer, könne man von nationaler Repräsentanz durch Bewegungsweisen sprechen.141
Beim Sport geschieht dies auf besondere Weise. Alltägliche Bewegungen werden aufgenommen und weitergeführt, sodass Sportbewegungen oft Kodifizierungen von Alltagsbewegungen sind.142Die vorgefundene soziale Motorik wird von Trainern und Athleten umgeformt, wobei bestimmte Stile entstehen können.143Der Zuschauer ist über die soziale Motorik, die er mit den Athleten gemeinsam hat, in das Geschehen einbezogen. Bewegungen als ein Medium sehr direkter Kommunikation stellen unter den Beteiligten nicht materielle Kontakte her, in die alle, auch die Zuschauer, einbezogen sind, solange sie „die Bewegungen kennen und entweder selbst ausführen oder sich zumindest vorstellen können, daß sie sie ausführen.“144
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In der Beziehung zwischen Sportler und Zuschauern spielt eine wichtige Rolle, dass der Athlet als „soziales Gedächtnis von Bewegungsweisen“ fungiert.145 Indem der Sportler Bewegungen ausführt, die auch der Zuschauer kennt, werden motorische Gedächtnisinhalte aktiviert. Zugleich wird damit „eine Wiedererzeugung der seit früher Kindheit angelegten Zugehörigkeit zu einer speziellen Ausprägung der sozialen Motorik“ erreicht.146Darin liegt die „vergesellschaftende Wirkung des Sports.“147Vermittelt über den Athleten hat der Zuschauer teil an den Bewegungsmodellen seiner Gesellschaft. „Die Zuschauer können sich und ihre Gesellschaft insgesamt im Athleten wiedererkennen und sich mit diesem solidarisch empfinden.“148
Sportarten, die in einer Gesellschaft besonders beliebt sind, verkörpern „nationale Mythen“. Die Zuschauer erwarten, dass sie im Spiel ihrer Mannschaft „zugeschriebene Nationaltugenden“ entdecken können, die der Vorstellung entsprechen, die die Gesellschaft sich von sich selber macht.149Die Sportler werden zu „Beispielen der positiven Eigenschaft der Nation insgesamt.“150Der Athlet ist nicht mehr nur ein Speicher der sozialen Motorik, sondern sein Körper wird als Verkörperung besonderer Qualitäten gesehen. Er wird zu einem „Musterexemplar der nationalen Eigenschaften“ und seine „Bewegungsweisen werden in moralische Eigenschaften umgedeutet.“151Inzwischen, so Gebauer, gehe die Erwartung sogar darüber hinaus. In Deutschland, einem Land, in dem Fußball als repräsentativ für die Gesellschaft angesehen werden kann, sind es nicht mehr nur die Fußballfans, sondern „am Spiel der deutschen Elf bei internationalen Konkurrenzen will das große Publikum erkennen, wie die eigene Nation beschaffen ist.“152Diese Erwartung ist nach Gebauers Überzeugung nicht überzogen, da sich „an den Spielen, für die sich die Mehrheit einer Nation interessiert, [...] Entwicklungen erkennen [lassen], die in der Tiefe der Gesellschaft vor sich gehen.“153
Mit der Fähigkeit, soziale Repräsentation der Gesellschaft zu sein, ist der Sport gut dafür geeignet, dem „Mangel an sinnlicher Selbstrepräsentation“ moderner demokratischer Gesellschaften abzuhelfen. Denn sofern Demokratien nicht auf „überholte Staatsinszenierungen“ zurückgreifen wollen, stehen sie vor der schwierigen Aufgabe, „die Beziehung des Individuums zur Gesellschaft und zum Staat [..] sinnlich faßbar darzustellen.“154
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Am Beispiel des WM-Sieges der deutschen Fußballnationalmannschaft 1954 führt Gebauer aus, welche politische Bedeutung ein solches sportliches Ereignis haben kann.155Dass die ganze deutsche Gesellschaft, auch die Eliten, von diesem Sieg bewegt war, lag weniger am Sieg selbst, als vielmehr daran, dass er „eine eminente politische Bedeutung hatte.“ Der Sieg in Bern wurde zum „Mythos der Wiedergeburt“ Deutschlands in der Epoche des Wiederaufbaus nach dem verlorenen Krieg.156Der sportliche Sieg hat weder, wie Gebauer betont, die materiellen Zustände im Nachkriegsdeutschland verändert noch hat er die Stellung der Bundesrepublik in der Welt verbessert, er hat diplomatisch nichts bewegt und auch innenpolitisch blieb alles beim Alten. Was sich hingegen verändert hat, war „die nationale Repräsentation der Bundesrepublik, die sich als, so die offizielle Formulierung, ,legitimer Erbe des Deutschen Reiches’ darstellte [...]. Mit einem Schlag wurde klar, daß hier ein neues Phänomen der nationalen Selbstdarstellung aufgetreten war und daß mit diesem Triumph, der vom ganzen Volk anerkannt wurde, auch das Repräsentierte, die Bundesrepublik Deutschland, eine symbolische Veränderung erfahren hatte.“157
10 Vgl. Bette und Schimank (2000), S. 316.
11 Vgl. Hitzler (1996), S. 279, der Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim zitiert.
12 Hitzler (1998), S. 81 (Hervorhebung im Text).
13 Vgl. Bette und Schimank (2000), S. 318.
14 Hitzler (1998), S. 82 (Hervorhebung im Text).
15 Vgl. Hitzler (1998), S. 82; siehe auch Lipp (2000).
16 Vgl. Hitzler (1998), S. 82 und Hitzler (2000), S. 403.
17 Knoblauch (2000), S. 49.
18 Vgl. Gebhardt (2000), S. 26 ff.
19 Hitzler (1998), S. 85 (Hervorhebung im Text).
20 Knoblauch (2000), S. 46 (Hervorhebungen im Text).
21 Hitzler (2000), S. 403 (Hervorhebungen im Text).
22 Knoblauch (2000), S. 35.
23 Vgl. Knoblauch (2000), S. 36; auf diesen Aspekt verweist auch das neu-koreanische Verb sŭk‘insip hada (zusammengesetzt aus dem englischen skin („Haut“) und -ship („-schaft“) sowie dem koreanischen hada („machen“)), mit dem die koreanischen WM-Fans ihr Erleben der WM auf den überfüllten Straßen beschreiben. Vgl. auch hier Teil 4.1.5.
24 Vgl. Knoblauch (2000), S. 43.
25 Vgl. Knoblauch (2000), S. 47.
26 Vgl. Knoblauch (2000), S. 48.
27 Vgl. Gebhardt und Hitzler und Pfadenhauer (2000), S. 10f.
28 Gebhardt (2000), S. 40.
29 Vgl. Knoblauch (2000), S. 48 f. und Hitzler (2000), S. 404.
30 Vgl. Willems (2000), S. 54 f.
31 Vgl. Willems (2000), S. 55.
32 Vgl. Hitzler (1998), S. 86.
33 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Bette und Schimank (2000).
34 Vgl. Bette und Schimank (2000), S. 312.
35 Ebd.
36 Bette und Schimank (2000), S. 314.
37 Bette und Schimank (2000), S. 315.
38 Bette und Schimank (2000), S. 317.
39 Vgl. Hitzler (1998), S. 83 f.
40 Vgl. Bette und Schimank (2000), S. 321 f.
41 Vgl. Roche (2000), S. 8 ff.
42 Manheim (1990), S. 291.
43 Roche (2000), S. 10.
44 Vgl. Roche (2000), S. 10 ff.
45 Horne und Manzenreiter (2006), S. 2.
46 Roche (2000), S. 10.
47 Für eine Übersicht über Weltausstellungen und die jeweils neusten Technologien siehe Roche (2000), S. 46 und 160.
48 Zur Unterscheidung von Universellen Weltausstellungen (die hier mit „Weltausstellungen“ gemeint sind) und Spezialisierten Weltausstellungen siehe Klenk (1999), S. 57ff.
49 Vgl. Klenk (1999), S. 47.
50 Klenk (1999), S. 40.
51 Preuß (1999), S. 2; die Verteilung der Gewinne stellt jedoch ein Problem dar (vgl. Whitson (2004)).
52 Vgl. Tagsold (2002), S. 12.
53 Whitson (2004), S. 1218.
54 Vgl. Klenk (1999), S. 127.
55 Ebd.
56 Vgl. Roche (2000), S. 6.
57 Vgl. Whitson (2004), S. 1217.
58 Vgl. Whitson (2006), S. 1217, der sich auf D. Whitlegg bezieht.
59 Vgl. Ritchie und Smith (1991).
60 Vgl. Whitson (2006), S. 1218.
61 Vgl. Whitson (2004), S. 1224.
62 Der folgende Abschnitt bezieht sich auf Whitson (2006), S. 1217, 1221, 1222, 1223, 1230.
63 Whitson (2006), S. 1222 (Hervorhebungen im Text).
64 Whitson (2006), S. 1230.
65 Vgl. Tagsold (2002), S. 184.
66 Klenk (1999), S. 19.
67 Vgl. Kunczik (1990), S. 27; zur Abgrenzung des Begriffs „Image“ von „Stereotyp“, „Propaganda“ und „Sponsoring“ siehe Klenk (1999), S. 23 ff.
69 Vgl. Bentele (1995), S. 60.
70 Vgl. Bentele (1995), S. 60 f.
71 Bentele (1995), S. 61.
72 Vgl. ebd.
73 Vgl. ebd.
74 Vgl. Bentele (1995), S. 63 ff.
75 Vgl. Klenk (1999), S. 31 f.
76 Klenk (1999), S. 22.
77 Vgl. Klenk (1999), S. 31 f.
78 Vgl. Bentele (1995), S. 64.
79 Kunczik (1990), S. 30.
80 Vgl. Klenk (1999), S. 21.
81 Vgl. Bentele (1995), S. 62.
82 Vgl. Kunczik (1990), S. 48; verantwortlich hierfür ist ein Schutzschild selektiver Wahrnehmung. Dabei werden Informationen abgewehrt, die die eigene Meinung zum Positiven hin verändern können. Informationen, die eine Meinungsänderung zum Negativen hin bewirken können, werden hingegen nicht abgewehrt (vgl. Kunczik (1990), S. 46).
83 Vgl. Klenk (1999), S. 376.
84 Vgl. Klenk (1999), S. 36 ff.
85 Vgl. Klenk (1999), S. 128.
86 Klenk (1999), S. 123 (Hervorhebungen hinzugefügt).
87 Vgl. Klenk (1999), S. 43 ff.
88 Klenk (1999), S. 46; diese Annahme wird bei Holger Preuß (1999) bestätigt, der in Ökonomische Implikationen der Ausrichtung Olympischer Spiele von München 1972 bis Atlanta 1996 tatsächlich den Punkt „Image der Olympiastadt“ unter dem Punkt „Intangible Effekte“ aufführt, der wiederum dem Kapitel „Volkswirtschaftliche Aspekte“ untergeordnet ist (vgl. Inhaltsverzeichnis S. VI).
89 Zahlen aus Madrigal, Bee und LaBarge (2005), S. 182 hier nach Horne und Manzenreiter (2006), S. 3.
90 Vgl. Horne und Manzenreiter (2006), S. 8.
91 Vgl. Klenk (1999), S. 44.
92 Vgl. Klenk (1999), S. 45 f.
93 Vgl. Tagsold (2002), S. 36 f.; für den folgenden Abschnitt vgl. Tagsold (2002), S. 36 ff., wenn nicht anders angegeben.
94 Tagsold (2002), S. 53.
95 Vgl. Tagsold (2002), S. 61.
96 Vgl. Tagsold (2002), S. 65 - 96.
97 Vgl. Tagsold (2002), S. 95.
98 Vgl. Lee, Chong-Sik (1985), S. 69.
99 Vgl. Tagsold (2002), S. 105 f.
100 Vgl. Tagsold (2002), S. 98, 87.
101 Vgl. Tagsold (2002), S. 113 ff.
102 Tagsold (2002), S. 174.
103 Tagsold (2002), S. 174.
104 Yoshimi Shunya zitiert nach Tagsold (2002), S. 175.
105 Vgl. Tagsold (2002), S. 177.
106 Vgl. Tagsold (2002), S. 177 f.
107 Young (2006) präzisiert, dass nach dem Krieg zunächst Sieger, Neutrale und Halbneutrale die Olympischen Spiele zugesprochen bekamen: London (1948), Helsinki (1952) und Melbourne (1956). Danach durften die Verlierer des Krieges die Spiele ausrichten: Rom (1960) und Tôkyō (1964). Nach einem Zwischenspiel in der Dritten Welt, Mexiko (1968), war mit München (1972) die Rehabilitierung der kriegsverantwortlichen Nationen abgeschlossen (vgl. S. 122).
108 Tagsold (20002), S. 180.
109 Vgl. Horne (2004) und Whitson und Horne (2006).
110 Zur Gründung der J.League vgl. Horne und Bleakley (2002a) und Watts (1998).
111 Vgl. Tagsold (2002), S. 179 ff.
112 Vgl. Tagsold (2002), S. 183 f.
113 Vgl. Whitson und Horne (2006), S. 75.
114 Vgl. Whitson (2004).
115 Vgl. Whitson (2004), S. 1225 ff.
116 Whitson (2004), S. 1230.
117 Vgl. Kim Kwan-ho (2005), S. 22.
118 Vgl. ebd.
119 Das Bild wurde am 25. August 1936 in der Nachmittagsausgabe veröffentlicht. Die Episode ist als „Vorfall der wegretuschierten japanischen Flagge“ (kor. Iljanggi malso sagŏn 日章旗抹消事件) bekannt und zog die Schließung der Tonga Ilbo auf unbestimmte Zeit nach sich.
120 Vgl. Larson und Park (1993), S. 8; die Zahlen beziehen sich auf Schätzungen zu Live- und nachträglichen Sendungen der Eröffnungsfeier, die International Sports and Leisure (ISL) Marketing, eine Schweizer Firma, die sich im Auftrag des IOC um die Vermarktung der Sponsorenrechte an den Olympischen Spielen kümmerte, anstellte. Die koreanischen Sender KBS/SORTO gingen sogar von mehr als einer Milliarde Zuschauer aus (ebd.).
121 Vgl. Tagsold (2002), S. 9 f. und 133 f.
122 Vgl. Larson und Park (1993), S. 143 ff.
123 Vgl. Larson und Park (1993), S. 3 f.
124 Es nahmen 159 Nationen teil (vgl. Das Olympiabuch. Athen 1896 - 2004 Athen. (2003), S. 257).
125 Vgl. Larson und Park (1993), S. 25.
126 Vgl. Pak Se-jik (1990), S. 112.
127 Die Tatsache, dass Südkorea als Entwicklungsland die Hauptstadt zum Kandidaten kürte, Japan als entwickeltes Land hingegen eine Provinzstadt ins Rennen schickte, illustriert Whitsons Beobachtung, wonach bereits weit entwickelte Länder mit der Ausrichtung eines Mega-Events keine nationale, sondern regionale Entwicklung anstreben (vgl. Whitson (2004), S. 1218).
128 Larson und Park (1993), S. 17 (Hervorhebung hinzugefügt).
129 Vgl. Larson und Park (1990), S. 8.
130 Vgl. Roche (2000), S. 185.
131 Vgl. Manheim (1990), S. 281; die Entscheidung zur Olympia-Bewerbung fiel kurz vor der Ermordung Präsident Pak Chung-hŭis 1979. Das Projekt wurde unter seinen Nachfolger Chŏn Tu-hwan fortgesetzt.
132 Vgl. Manheim (1990), S. 282.
133 Vgl. Roche (2000), S. 185 f.
134 Manheim (1990), S. 291.
135 Vgl. Larson und Park (1993), S. 1 und S. 28, Fußnote 1.
136 Vgl. Gebauer (2000c), S. 160; zur Frage, wann eine Sportart als Repräsentativ für eine Gesellschaft angesehen werden kann, vgl. Gebauer (2000a) S. 172 ff.
137 Gebauer (2000c), S. 162.
138 Vgl. Gebauer (2000c), S. 162 f.
139 Gebauer (2000c), S. 163 (Hervorhebungen im Text).
140 Vgl. Gebauer (2000c), S. 163.
141 Vgl. Gebauer (2000c), S. 165.
142 Vgl. Gebauer (2000c), S. 160.
143 Vgl. Gebauer (2000c), S. 164.
144 Gebauer (2000c), S. 160.
145 Gebauer (2000c), S. 164 (Hervorhebungen im Text).
146 Ebd.
147 Ebd.
148 Gebauer (2000c), S. 165.
149 Vgl. Gebauer (2000a), S. 176; laut Gebauer werde beispielsweise von der deutschen Fußballnationalmannschaft „Opferbereitschaft, Diszipliniertheit, Fleiß, Kampf bis zum Schlusspfiff“ erwartet (ebd.).
150 Gebauer (2000c), S. 165.
151 Gebauer (2000c), S. 166.
152 Gebauer (2000a), S. 176 f.
153 Gebauer (2000a), S. 172.
154 Gebauer (2000c), S. 160 f.; Gebauer verweist an dieser Stelle auf Pierre de Coubertin, den Begründer der modernen Olympischen Spiele. Er hatte vorgeschlagen, diesem Mangel durch ein großes Fest des Sports abzuhelfen. „Wie Thomas Alkemeyer gezeigt hat“, fährt Gebauer fort, „nahm er dabei ganz offensichtlich Durkheims Vorschlag einer säkularisierten, in politischer Absicht eingesetzten Zivilreligion auf und bot seine Erfindung, die Olympischen Spiele, als die gesuchte Möglichkeit der Selbstrepräsentation von Republiken der Öffentlichkeit an.“ (ebd.).
155 Vgl. Gebauer (2000a), S. 178 ff.
156 Vgl. Gebauer (2000a), S. 179.
157 Gebauer (2000a), S. 179.
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