Abstract
2022 wurde die Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS) für Öffentliche Bibliotheken durch ein neues Feature ergänzt: das „DBS-Blitzlicht“. Der Aufsatz beschreibt die Ziele hinter dem Konzept, die Erfahrungen aus dem ersten Durchgang 2022 und die Nutzungsmöglichkeiten der Ergebnisse. Einige Ergebnisse zu den 2022 abgefragten Themen – Angebote für Geflüchtete, Nachhaltigkeit und Einschränkungen durch Corona-Maßnahmen – werden dargestellt.
Abstract
In 2022 a new feature for public libraries was introduced to the German Library Statistics (DBS) program – the DBS Blitzlicht/Flashlight. The article describes the concept, objectives and experiences during the first run in 2022, as well as possible uses of the results. Findings relating to various topics from special offers for refugees, to sustainability and restrictions due to COVID-19 are highlighted.
Der folgende Beitrag berichtet über das „DBS-Blitzlicht“ als neues Feature der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) für Öffentliche Bibliotheken. Er umreißt die Ziele hinter dem Blitzlicht, die Nutzungsmöglichkeiten und die Erfahrungen aus dem ersten Durchgang 2022. Einige Ergebnisse zu den abgefragten Themen – Angebote für Geflüchtete, Nachhaltigkeit und Einschränkungen durch Corona – werden dargestellt.
Warum ein „Blitzlicht“ in der DBS?
Amtliche und quasi-amtliche Statistiken wie die DBS gewinnen ihren Wert durch aktuelle Daten in langen Zeitreihen. Das heißt: Konsistenz und Beständigkeit über lange Zeiträume hinweg sind das Ziel von Statistikarbeit. Auf der anderen Seite ändert sich die Welt ständig, und eine Statistik, die rezipiert und relevant sein will, muss auch diese Veränderungen und aktuelle Fragestellungen abbilden können. Das heißt: Eine Statistik soll gleichzeitig langfristig konsistent UND kurzfristig flexibel sein. Wie kann man diesen offensichtlichen Widerspruch in der Zielsetzung auflösen? Die DBS versucht, auf dieses Problem eine neue Antwort zu finden: das DBS-Blitzlicht.
Die Idee: Die DBS erhebt weiterhin kontinuierlich relevante Daten, die in Zählweise und Definition möglichst konsistent gehalten werden, sofern das die Veränderungen bei Technik, Aufgabenspektrum und Diensten erlauben. Änderungen werden hier eher konservativ eingefügt, um lange Zeitreihen nicht zu gefährden. Und gleichzeitig bildet die DBS aktuelle, relevante Sachverhalte ab, die sich entweder gerade neu entwickeln, oder die man nicht kontinuierlich jedes Jahr abzufragen braucht. Diese Funktion übernimmt das neue „DBS-Blitzlicht“. Es wurde für das Berichtsjahr 2022 erstmals erprobt.
Das „Blitzlicht“ besteht aus wenigen (maximal 10) Zusatzfragen, die sich auf aktuelle Themen beziehen und die nur einmalig abgefragt werden. Da es für die Erhebung dieser Daten – anders als für die Erhebung von detaillierten Zahlen – keinen langen Vorlauf gibt, müssen die Fragen schnell und ohne kontinuierliche Datenerhebung zu beantworten sein. Sie sollen die Bibliotheken nicht durch noch mehr Datenaufwand belasten, sondern es ihnen ermöglichen, auch Leistungen und Tätigkeiten in der Statistik abzubilden, die außerhalb dessen liegen, was sich anhand normaler Betriebs- und Nutzungsdaten abbilden lässt.
Um welche Themen ging es beim Blitzlicht 2022?
Für das Berichtsjahr 2022 waren das die Bereiche „Angebote für Geflüchtete“ und „Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit“. Diese beiden Themen stehen in direktem Bezug zu den beiden großen Themen Nachhaltigkeit und weltweite Fluchtbewegungen, 2022 besonders aus der Ukraine, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg. Da diese Angebote, aber auch die reguläre Arbeit der Bibliotheken im Jahr 2022 durch Corona-Maßnahmen eingeschränkt waren, wurde in zwei Fragen der zeitliche Umfang dieser Maßnahmen abgefragt. Die Fragen zu Corona-Einschränkungen können z. B. genutzt werden, um außergewöhnlich niedrige Werte 2022 bei Besuchen, Ausleihen, Veranstaltungen usw. zu begründen und in einen Kontext zu setzen.
Wie kann man die Daten aus dem Blitzlicht nutzen?
Die Daten aus dem Blitzlicht werden von der DBS-Redaktion in Form einer Gesamtauswertung für die Bundesrepublik und für die einzelnen Bundesländer ausgewertet und publiziert. Mit diesen Gesamtauswertungen sind aus dem Stand Aussagen darüber möglich, wie viele Bibliotheken Daten gemeldet, und wie viele die jeweiligen Fragen mit ja oder nein beantwortet haben. Da nicht zu erwarten ist, dass alle Bibliotheken Daten für das Blitzlicht liefern werden, ist jeweils auch die Zahl der Grundgesamtheit angegeben, damit die Vollständigkeit der Daten beurteilt werden kann.
Damit sind vielerlei differenzierte Aussagen möglich, z. B. darüber, wie viele Bibliotheken in Bayern eine Nachhaltigkeitsstrategie implementiert haben, oder wie viele Bibliotheken in Deutschland spezielle didaktische Angebote für Geflüchtete machen. Diese Daten sind zunächst eine Bestandsaufnahme. Es lässt sich damit die Frage beantworten, wie weit verbreitet ein bestimmtes Phänomen zum Zeitpunkt des Blitzlichts ist. Das ist aus fachlicher Sicht relevant. Die Daten können aber auch zur politischen Außendarstellung genutzt werden, oder (von der einzelnen Bibliothek) um zu sehen, in welchem „Feld“ sie sich regional bewegt.
Darüber hinaus stehen auch die Einzeldaten in Form einer csv-Datei zur Verfügung und können damit nach eigenen Kriterien ausgewertet und auf der Ebene der einzelnen Bibliothek untersucht werden. Dafür werden sie mit Strukturdaten (Bundesland, Unterhaltsträger, Gemeindegröße, Personalstellen) angereichert.
Für diese Daten gibt es verschiedene Nutzungsmöglichkeiten: Einmal kann man sie nach eigenen Fragestellungen untersuchen: Wie unterscheiden sich Bibliotheken mit wenig oder vielen Personalstellen? Gibt es in einem Bundesland z. B. ein koordiniertes Förderprojekt, dessen Auswirkungen in den Daten sichtbar sind? Wie unterscheiden sich Bibliotheken in Großstädten von denen in ländlichen Regionen usw.
Zum anderen können die Daten genutzt werden, um sich zu vernetzen und weiter zu fragen. Da es das oberste Prinzip ist, die Bibliotheken nur minimal mit der Datenerhebung zu belasten, lässt es sich nicht vermeiden, dass im Blitzlicht nur sehr einfache Daten erhoben werden können – in der Regel werden es ja/nein-Fragen sein: Haben Sie eine Open Library – ja/nein? Mit der Antwort „ja“ allein kommt man nicht weit, aber der publizierte Datensatz ermöglicht es dann, gezielt Bibliotheken anzusprechen, die in einem bestimmten Bereich aktiv sind. Das kann die Basis für einen Erfahrungsaustausch sein oder für eine weiterführende Interviewstudie.
Wie geht es mit dem Blitzlicht weiter?
Die Ergebnisse des ersten Blitzlichts zum Berichtsjahr 2022 zeigen, dass das Instrument gut angenommen wurde: Bereits im ersten Jahr haben 54 Prozent der aktiven Öffentlichen Bibliotheken am Blitzlicht teilgenommen. Es gilt das Prinzip: Zu aktuellen Entwicklungen wenige, schnell ermittelbare Daten erheben, die grobe Aussagen ermöglichen und als Ansatzpunkt für Vernetzung und weiter gehende Recherchen dienen. Nach diesem Prinzip sollen künftig weitere Blitzlichter zu unterschiedlichen Themen folgen. Das Blitzlicht für das Jahr 2023 wird sich mit dem Thema „Kooperationen“ und mit der Zusammensetzung des Personals in den Öffentlichen Bibliotheken beschäftigen.
Wie war die Teilnahme am ersten Durchgang des „DBS-Blitzlichts“?
Für einen ersten, sehr kurzfristig angekündigten Durchgang war die Mitwirkung der Bibliotheken hervorragend: Von den hauptamtlich geleiteten Öffentlichen Bibliotheken haben 84 Prozent Daten geliefert, bei den neben- und ehrenamtlich geleiteten waren es sogar immerhin 43 Prozent. Eine Analyse der Teilnahme nach Betriebsgrößen zeigt, dass die hauptamtliche Leitung das ausschlaggebende Kriterium ist: Auch von den kleinsten Bibliotheken, die mehr als eine halbe bezahlte Stelle haben, haben 85 Prozent der Bibliotheken teilgenommen (vgl. hbz [2023a]).
Bei der Teilnahme in den einzelnen Bundesländern gibt es eine große Spannbreite: zwischen 33 Prozent und 78 Prozent der Bibliotheken eines Bundeslandes haben sich beteiligt (vgl. hbz [2023]). Eine eindeutige Ursache dafür ist nicht festzustellen. Zum Teil hängt es sicher damit zusammen, dass der Anteil der neben- und ehrenamtlich geleiteten Bibliotheken in den Bundesländern unterschiedlich hoch ist: Wo mehr hauptamtliche Bibliotheken, da auch eine höhere Teilnahmequote. Ein anderer Teil mag an der kurzfristigen Umsetzung des Blitzlichts liegen, denn die Logistik hinter einer Datenerhebung in fast 7.000 Bibliotheken ist beträchtlich und bedarf eines längeren Vorlaufs. So war es z. B. 2023 den evangelischen Fachstellen noch nicht möglich, in ihren Bibliotheken kurzfristig neue Daten abzufragen, so dass die evangelischen Bibliotheken für das Berichtsjahr 2022 noch nicht im Blitzlicht enthalten sind. Ähnliches gilt für die katholischen Fachstellen in Bayern. Deshalb kann es bei manchen Fragestellungen sinnvoll sein, die Analyse auf die hauptamtlich geleiteten Bibliotheken in den Ländern zu konzentrieren (vgl. Tabelle 1). Es zeigt sich hier einmal mehr, dass die Unterstützung durch die Fachstellen der zentrale Faktor für die Entwicklung und Umsetzung der DBS ist. Es ist zu erwarten, dass sich die Teilnahme erhöht, wenn sich das Blitzlicht als nützlicher und interessanter Teil der DBS etabliert.
Bundesland |
ha geleitete Bibliotheken insgesamt |
davon im Blitzlicht |
in Prozent |
Baden-Württemberg |
331 |
317 |
96 % |
Bayern |
308 |
257 |
83 % |
Berlin |
12 |
11 |
– |
Brandenburg |
116 |
107 |
92 % |
Bremen |
2 |
2 |
– |
Hamburg |
1 |
1 |
– |
Hessen |
132 |
116 |
88 % |
Mecklenburg-Vorpommern |
72 |
66 |
92 % |
Niedersachsen |
189 |
173 |
92 % |
Nordrhein-Westfalen |
264 |
241 |
91 % |
Rheinland-Pfalz |
71 |
64 |
90 % |
Saarland |
10 |
9 |
– |
Sachsen |
170 |
147 |
86 % |
Sachsen-Anhalt |
70 |
65 |
93 % |
Schleswig-Holstein |
107 |
53 |
50 % |
Thüringen |
82 |
70 |
85 % |
Gesamtergebnis |
1.937 |
1.699 |
88 % |
Bibliotheksangebote für Geflüchtete: Ergebnisse des DBS-Blitzlichts 2022
Das einschneidende Ereignis des Jahre 2022 war zweifellos der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Konsequenzen dieses weltpolitischen Ereignisses waren in fast jedem Lebensbereich zu spüren. Eine Folge des Krieges war eine Fluchtwelle von Frauen und Kindern aus der Ukraine in viele europäische Länder, auch nach Deutschland. Dadurch wurde die Frage, wie Geflüchtete bei der Orientierung in der neuen Umgebung und bei den ersten Schritten in einer fremden Sprache unterstützt werden können, so virulent wie seit 2015 nicht mehr. Der erste Teil des Blitzlichts bezog sich daher auf Maßnahmen der Bibliotheken in diesem Bereich.
Von den 4.085 Bibliotheken, die sich am Blitzlicht beteiligten, gab ein Drittel (33,19 Prozent) an, dass sie konkrete Maßnahmen für Geflüchtete durchgeführt haben, bei den hauptamtlich geleiteten Bibliotheken liegt der Anteil bei 60 Prozent. Worin bestanden die Maßnahmen? Tabelle 2 zeigt: Ganz klar geht die Aktivität der Bibliotheken vom Kerngeschäft aus und bezieht sich auf den Bereich Sprache und Informationsversorgung: 80 Prozent der Bibliotheken, die Maßnahmen durchführten, taten dies durch Bestände in den Herkunftssprachen und durch Sprachlernangebote. Dies war auch die häufigste Einzelmaßnahme: Wenn eine Bibliothek nur eine Maßnahme durchführen konnte, dann war es meist diese. Seltener waren Anpassungen bei den Benutzungsregeln, z. B. Informationsmaterial in häufigen Herkunftssprachen oder vereinfachte Benutzungsregeln, die auf eine Ausnahmesituation ausgerichtet sind. 40 Prozent der Bibliotheken haben diese Maßnahmen genutzt. Spezielle didaktische Angebote, Führungen, Kooperationen usw. machte ein gutes Drittel der Bibliotheken (35 Prozent); bei der Veranstaltungsarbeit bezogen 12 Prozent das Thema ein.
Bei dieser Frage waren mehrere Antworten möglich, und knapp 60 Prozent der betreffenden Bibliotheken führten mehr als eine Maßnahme an. Die häufigste Kombination war die von Bestands- und Benutzungsmaßnahmen.
Maßnahmenbereich |
Anzahl Bibliotheken |
In Prozent aller Bibliotheken mit Maßnahmen n=1.356 |
Beim Bestandsaufbau (z. B. Aufbau von Beständen in den Herkunftssprachen, Sprachlernangebote u. a.) |
1.103 |
81,34 % |
Benutzungsbezogene Maßnahmen (z. B. vereinfachte Regeln für einen Benutzerausweis, Infomaterial oder Beschilderung in den Herkunftssprachen) |
542 |
39,97 % |
In Form von speziellen didaktischen Angeboten (z. B. Einführungen, Kooperation mit betreuenden Organisationen, Begegnungsgruppen, Willkommensklassen u. a.) |
475 |
35,03 % |
In Form von thematischen und Kulturveranstaltungen |
175 |
12,91 % |
Sonstige Maßnahmen |
246 |
18,14 % |
Keine Angabe |
8 |
0,59 % |
Die Bibliotheksgröße (Personal-Vollzeitäquivalente) spielt natürlich eine Rolle bei derartigen akuten Herausforderungen: Je mehr Personal, umso mehr Möglichkeiten für spontane Aktivitäten gibt es. Allerdings ist bemerkenswert, dass fast die Hälfte der kleinen Einrichtungen mit nur ein bis zwei Personalstellen und sogar ein Viertel der Bibliotheken mit weniger als einer Personalstelle noch Maßnahmen gemeldet haben (vgl. Tabelle 3).
Personalstellen (VZÄ) |
Maßnahmen für Geflüchtete |
Alle teilnehmenden Bibliotheken |
Prozent „ja“ |
100 und mehr |
11 |
11 |
100 % |
50 bis unter 100 |
19 |
19 |
100 % |
25 bis unter 50 |
42 |
42 |
100 % |
10 bis unter 25 |
79 |
95 |
83 % |
5 bis unter 10 |
186 |
223 |
83 % |
2 bis unter 5 |
412 |
606 |
68 % |
1 bis unter 2 |
209 |
458 |
46 % |
0,5 bis unter 1 |
100 |
379 |
26 % |
Unter 0,5 |
72 |
414 |
17 % |
Ehrenamtlich |
216 |
1794 |
12 % |
N |
10 |
44 |
23 % |
Gesamt |
1.356 |
4.085 |
33 % |
Insgesamt zeigt sich hier ein beeindruckendes Engagement von Bibliotheken jeder Größe und ein hervorragender Ansatzpunkt für die Vernetzung zwischen Einrichtungen, die in diesem Bereich aktiv sind: Mit den publizierten Rohdaten lassen sich z. B. Bibliotheken mit Angeboten für Geflüchtete in ländlichen Gemeinden identifizieren, die unter ähnlichen Bedingung arbeiten, aber oft nichts von einander wissen. Wer sich über Kooperationen mit Organisationen für Geflüchtete in anderen Kommunen des eigenen Bundeslands austauschen will, kann anhand der Daten nahegelegene Bibliotheken ermitteln, die in diesem Bereich aktiv sind.
Bibliotheken und Nachhaltigkeit: Ergebnisse des DBS-Blitzlichts 2022
Nachhaltigkeit war das zweite Thema des DBS-Blitzlichts 2022. Dieses Thema stellt aktuell eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen dar und wird in Strategien auf allen Ebenen von den Vereinten Nationen bis zur Kommune in der ein oder anderen Form bearbeitet. Der Deutsche Bibliotheksverband hat es sich zum Ziel gemacht, den Beitrag der Bibliotheken zur nachhaltigen Entwicklung sichtbarer zu machen und in die Strategien einzubringen (dbv 2020). Mit Hilfe des DBS-Blitzlichts ist eine erste einigermaßen flächendeckende Bestandsaufnahme dazu möglich.
Bibliotheken sind per se als „sharing“-Institutionen angelegt – aber mit welchen Aktivitäten tragen sie darüber hinaus zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung bei? Darüber gibt das Blitzlicht Auskunft. Bei der Erarbeitung der Antwortoptionen für diesen Teil wurde das Netzwerk „Grüne Bibliothek“ konsultiert[4], da hier die nötige Expertise vorhanden ist, um relevante Aktionsbereiche schlüssig zu benennen. Eine detaillierte Auswertung und Interpretation der Ergebnisse sollte auch durch diese Expert*innen erfolgen.
Insgesamt berichtete die Hälfte aller Bibliotheken über Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit (50,72 Prozent), vgl. Abbildung 1. Drei Maßnahmenbereiche stehen hier im Mittelpunkt (vgl. Tabelle 4), und zwei davon beziehen sich auf das eigene Wirtschaften der Bibliothek: Nämlich die Verwendung nachhaltiger Materialien (56 Prozent) und Maßnahmen, die den eigenen Energieverbrauch reduzieren sollen (51 Prozent). Der Bibliotheks-Bestand folgt auf Platz 3, hier sind ebenfalls noch fast die Hälfte aller Bibliotheken aktiv – sei es durch Erwerbung und Präsentation klassischer Medien mit dem Themenbezug Nachhaltigkeit oder durch Non-Medien-Bestände wie eine Saatgutbibliothek oder eine „Bibliothek der Dinge“. Immer noch gut ein Fünftel der meldenden Bibliotheken (22 Prozent) berücksichtigen das Thema in ihrer Veranstaltungs- und Bildungsarbeit. Erwartungsgemäß sind es erst wenige Bibliotheken (6,6 Prozent), die das Thema Nachhaltigkeit in Form von Strategien, Arbeitsgruppen oder Zertifizierungen in ihre internen Management-Strukturen eingebaut haben. Bedenkenswert ist aber ein anderes Ergebnis: Nur knapp 15 Prozent der aktiven Bibliotheken sind in Nachhaltigkeits-Aktivitäten ihrer Träger eingebunden. Hier wäre sicher noch eine stärkere Beteiligung der Bibliotheken anzustreben, denn in Bezug auf alle Bibliotheken bedeutet das ja, dass nur ca. 7–8 Prozent von ihnen in den Nachhaltigkeitsinitiativen von Kommunen und Kirchen sichtbar sind.
Maßnahmenbereich |
Anzahl Bibliotheken mit Maßnahmen |
In Prozent aller Bibliotheken mit Maßnahmen n=2.072 |
Verwendung nachhaltiger Materialien (z. B. bei Buchfoliierung, Büromaterialien, Café, Inneneinrichtung, Fair-Trade-Produkte, Taschenausleihe etc.) |
1.168 |
56,37 % |
Maßnahmen bez. des Energieverbrauchs (z. B. LED-Leuchten, Heizung und Strom aus erneuerbaren Energien, Solaranlagen) |
1.052 |
50,77 % |
Schwerpunkt beim Bestandsaufbau (Medienerwerbung, Themenregal/-sammlung, Bibliothek der Dinge, Saatgutbibliothek etc.) |
994 |
47,97 % |
Veranstaltungen, Projekte und Kooperationen zum Thema, (z. B. Bildung für Nachhaltige Entwicklung) |
463 |
22,35 % |
Teilnahme an Initiativen des Trägers/der Kommune (z. B. Nachhaltigkeitsagenda, -berichterstattung, Aktionstagen usw.) |
307 |
14,82 % |
In Organisation und Management (z. B. Nachhaltigkeitsbeauftragte, -Arbeitsgruppe, -Strategiepapier, Zertifizierung etc.) |
137 |
6,61 % |
Sonstige Maßnahmen |
314 |
15,15 % |
Keine Angabe |
7 |
0,34 % |
Bei der Angabe der konkreten Maßnahmen waren Mehrfachnennungen möglich. 38 Prozent der Bibliotheken sind in einem der genannten Bereiche aktiv, die Hälfte (49 Prozent) nimmt Maßnahmen in zwei oder drei Bereichen vor. Nur 13 Prozent der Bibliotheken sind in mehr als 3 Bereichen aktiv (vgl. Tabelle 5). Eine mögliche Konsequenz aus diesem Ergebnis könnte darin bestehen, dass sich die Bibliotheken mit den meisten Aktivitäten – die offensichtlich einen Schwerpunkt in den Bereich Nachhaltigkeit legen – mit einander vernetzen.
Anzahl Maßnahmenbereiche, in denen eine Bibliothek aktiv ist |
Anzahl Bibliotheken |
In Prozent an allen Bibliotheken mit Maßnahmen (n= 2.093) |
1 |
792 |
37,8 % |
2 |
654 |
31,2 % |
3 |
372 |
17,8 % |
4 |
152 |
7,3 % |
5 |
82 |
3,9 % |
6 |
34 |
1,6 % |
7 |
7 |
0,3 % |
Bibliotheken mit Maßnahmen insgesamt |
2.093 |
Bei der Betrachtung der Maßnahmen auf der Ebene der Betriebsgrößen zeigt sich (vgl. Tabelle 6), dass im Bereich der personalintensiven Veranstaltungen, der Bestandsarbeit und bei der Mitwirkung an Initiativen des Trägers ein deutlicher Vorteil der Bibliotheken mit viel Personalkapazität zu bemerken ist. Hier hat auch bereits die Hälfte Maßnahmen im Bereich einer Nachhaltigkeits-Strategie oder Management umgesetzt. Weniger ausgeprägt sind die Unterschiede, wenn es um die eigene betriebliche Nachhaltigkeit geht; hier sind auch viele kleinere und ehrenamtlich geleitete Bibliotheken bereits aktiv.
Maßnahmen Personalstellen (VZÄ) |
Anzahl n |
Nachhaltige Materialien (3.1_1) |
Energieverbrauch (3.1_2) |
Bestand (3.1._4) |
Veranstaltungen Projekte (F3.1_5) |
Initiativen des Trägers (F3.1_6) |
Management (F3.1_3) |
Sonstiges (F3.1_7) |
50 und mehr |
30 |
57 % |
50 % |
83 % |
80 % |
47 % |
50 % |
10 % |
10 bis unter 50 |
137 |
55 % |
47 % |
58 % |
53 % |
39 % |
24 % |
9 % |
5 bis unter 10 |
223 |
52 % |
43 % |
56 % |
34 % |
26 % |
9 % |
8 % |
2 bis unter 5 |
606 |
40 % |
37 % |
47 % |
22 % |
12 % |
4 % |
8 % |
Unter 2 |
1.251 |
25 % |
27 % |
22 % |
8 % |
5 % |
2 % |
8 % |
Ehrenamtlich |
1.794 |
23 % |
19 % |
12 % |
3 % |
2 % |
1 % |
8 % |
K.A. |
44 |
14 % |
11 % |
9 % |
2 % |
0 % |
2 % |
7 % |
Gesamt n |
4.085 |
1.182 |
1.067 |
1.007 |
466 |
309 |
138 |
318 |
Inwiefern waren Bibliotheken 2022 durch Corona-Maßnahmen eingeschränkt?
Zwei Fragen im Blitzlicht bezogen sich auf die Einschränkungen durch Corona-Schutzmaßnahmen, die Bibliotheken 2022 umsetzen mussten, und zwar a) ob dies überhaupt der Fall war und b) wie lange. Natürlich ist bekannt, dass 2022 Maßnahmen galten und umgesetzt werden mussten. Die beiden Fragen sollten aber auch zur Erläuterung von Ausleih- und Nutzungsdaten für das Jahr 2022 dienen: Diese lagen nämlich – trotz Ausklang der Pandemie – noch deutlich unter den Daten von 2019. Mit der Information, dass 90 Prozent der Bibliotheken Phasen mit eingeschränktem Zugang hatten, davon ein gutes Viertel länger als 6 Monate (vgl. Abbildung 2), lassen sich unterdurchschnittliche Zahlen besser kontextualisieren.
Fazit
Das DBS-Blitzlicht ermöglicht es, aktuell und kurzfristig relevante Aktivitäten und Sachverhalte im Bibliotheksfeld zu erheben, ohne dabei die langfristige Konsistenz der DBS aufzulösen und ohne die Bibliotheken durch stets wachsende Fragebögen zu überlasten.
Das Bild, das die kurzen, ohne laufende Datenerhebung beantwortbaren Fragen ergeben, kann zwar im ersten Schritt nur grob und holzschnittartig sein. Die Einzeldaten erlauben dann aber eine Differenzierung nach Bibliotheksgröße, Bundesland und ggf. anderen Variablen bis hin zur betreuenden Fachstelle. Und sie können einen Ansatzpunkt für tiefergehende Untersuchungen bei Bibliotheken bieten, z. B. mit Hilfe qualitativer Methoden.
Die Ergebnisse des DBS-Blitzlichts 2022 zeigen, dass bereits ein Drittel aller Öffentlichen Bibliotheken mit konkreten Maßnahmen für Geflüchtete zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen beiträgt. Die Hälfte der Bibliotheken leistet einen Beitrag zur eigenen Nachhaltigkeit (durch die Nutzung entsprechender Materialien und den Versuch, den Energieverbrauch zu senken) und zu Nachhaltigkeitsbildung und Nachhaltigkeitsbewusstsein bei den Nutzer*innen (durch entsprechende Bestände, Veranstaltungen und Projekte). Erst in der Anfangsphase sind dabei Methoden, die Nachhaltigkeitsarbeit in die eigene Organisation zu integrieren und sich an den Nachhaltigkeitsinitiativen des Trägers zu beteiligen. Das DBS-Blitzlicht kann den Erfahrungsaustausch von Bibliotheken fördern, die in diesen noch nicht weit verbreiteten Bereichen tätig sind.
Auf dieselbe Art und Weise wird die DBS auch in Zukunft aktuelle Themen, Herausforderungen und Entwicklungen abbilden, um schnell Überblickwissen zu diesen Themen bereitzustellen.
Über den Autor / die Autorin
Dr. Ulla Wimmer
URL: https://www.ibi.hu-berlin.de/de/institut/personen/wimmer
Literatur und Quellen
dbv (2020): Strategie des Deutschen Bibliotheksverbandes 2021–2025. Punkt 2.5 – S. 4, https://www.bibliotheksverband.de/sites/default/files/2020-12/2020_11_Strategie%202021-2025_mit%20Pr%C3%A4ambel%20und%20Mission_final.pdf [Zugriff: 31.07.2023].Search in Google Scholar
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