Die vorliegende Publikation entstand infolge eines Forschungsaufenthaltes der Autorin im Sommer 2019 in der Huttererkolonie Fairholme in Manitoba/Kanada und greift ein Thema auf, das in der Literatur bislang wenig oder nur einseitig behandelt wurde: die Rolle der Musik, insbesondere des Gesangs, bei den Hutterern, einer nun vorwiegend in Kanada beheimateten deutschsprachigen Täufergemeinschaft, deren Wurzeln im 16. Jahrhundert in Tirol liegen. Wenngleich die Tradition der hutterischen Gesänge, die auf die Gründungszeit dieser Gemeinschaft zurückgeht, vor allem in den Gottesdiensten noch äußerst vital ist, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten doch vieles verändert. Welche Lieder singen die Hutterer heute und zu welchen Anlässen? Welche Rolle spielt bereits das Internet bei der Tradierung des Liedrepertoires? Primär diesen Fragen ging Judith Rubatscher nach, mit ihrem Aufnahmegerät in der Gemeinschaftsküche von Fairholme, in der Kirche, in der Schule, auf dem Feld und im Schlachthaus, wo sie, in teilnehmender Beobachtung, auch mitarbeitete. Im vorliegenden Band werden die dabei entstandenen Musikaufnahmen, in Auswahl online verfügbar gemacht, vor dem Hintergrund der hutterischen Singanlässe, musikalischen Praktiken und ihrer Funktionen im Fest- und Alltag erörtert. Letztlich münden die Analysen in der Frage, welche Auswirkungen die beobachteten Veränderungen auf die Gemeinschaft der Hutterer und ihr Identitätsbewusstsein im 21. Jahrhundert haben.