Hungersnöte mit Millionen Todesopfern gehörten bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zur Lebenswirklichkeit Russlands und der Sowjetunion. Sie wurden bisher in der Forschung überwiegend als Einzelereignisse und vor allem unter ökonomischen und politischen Aspekten sowie in gesamtstaatlicher oder makroökonomischer Perspektive betrachtet. Die Autoren des vorliegenden Bandes nehmen einen längeren Zeitraum in den Blick und wechseln die Perspektive: Sie untersuchen, wie sich Hungersnöte auf lokaler und regionaler Ebene auswirkten, wie massiv sie in das Leben der Menschen eingriffen und Behörden und Experten zum Agieren veranlassten. Der Fokus liegt auf zwei in historischer Beziehung multiethnischen und multikonfessionellen Regionen: dem Wolgagebiet und der Südukraine. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Frage, inwiefern diese ethnischen und konfessionellen Gruppen von Hungersnöten betroffen waren und wie sie reagierten.