Das Leben des Herakles. Ein Überblick


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

5 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung
1.3 Relevanz
1.4 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement
2.1.1 Definition und Relevanz
2.1.2 Theorie vs. Praxis
2.1.3 Corporate Sustainability vs. Corporate Social Responsibility
2.1.4 Weitere Ansätze und Auslegungen
2.2 Markenwert
2.2.1 Definition des Markenbegriffs
2.2.2 Verfahren zur Evaluation des Markenwertes
2.2.3 Markenaufbau und Markenführung
2.3 Großunternehmen
2.3.1 Definition und Abgrenzung
2.3.2 Betriebswirtschaftliche Besonderheiten
2.4 Zwischenfazit

3 Forschungsdesign und empirische Datenerhebung
3.1 Gewählte Erhebungsmethode
3.2 Auswahl und Akquise der Experten
3.3 Durchführung der Interviews
3.4 Aufbereitung und Analyse der Daten
3.5 Ergebnisse
3.5.1 Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext
3.5.2 Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement
3.5.3 Nachhaltige Markenführung
3.5.4 Nachhaltige Entwicklung

4 Erfolgsfaktoren des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements
4.1 Notwendige Voraussetzungen
4.2 Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette
4.3 Nachhaltigkeitscontrolling

5 Auswirkungen nachhaltiger Markenführung
5.1 Entwicklung und Pflege grüner Marken
5.2 Fakten vs. Greenwashing
5.3 Nachhaltige Markenidentität
5.4 Digitale Oppositionskulturen

6 Potenziale des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements
6.1 Use Cases
6.1.1 Fachkräftemangel
6.1.2 Umsatzrückgang und Marktverdrängung

7 Diskussion
7.1 Handlungsempfehlungen für Verantwortliche
7.2 Ausblick und Prognose zukünftiger Entwicklungen
Literaturverzeichnis
Erklärung
Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit

Abb. 2: Wahrgenommener Bekanntheitsgrad von Nachhaltigkeit und SDGs nach Branchen in den Ergebnissen des Global Survey

Abb. 3: Kumulierter Markenwert der 100 Best-Global-Brands in den Jahren 2001 (ca. 988 Mrd. USD, links) und 2019 (ca. 2,1 Bio. USD, rechts)

Abb. 4: Beschäftigungsanteile nach Unternehmensgrößenklassen in Deutschland 2018

Abb. 5: UN Sustainable Development Goals

Abb. 6: Auszug aus den Ergebnissen des IAB- Forschungsberichtes .Ökologische Nachhaltigkeit in deutschen Unternehmen'

Abb. 7: Jahresübergreifende Betrachtung der Ergebnisse der VuMA-Berichtsbände 2016 bis 2019

Abb. 8: Auszug aus den Ergebnissen der Oliver Wyman Studie .Zukunft von Retail: Die neue Kundschaft des Schweizer Detailhandels'

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Quantitative Abgrenzungskriterien des IfM Bonn

Tab. 2: Quantitative Abgrenzungskriterien der Europäischen Kommission

Tab. 3: Vergleich qualitativer und quantitativer Methoden

Tab. 4: Zuweisung von Fragen zu Aspekten sowie Einordnung der Kategorien in Dimensionen

Tab. 5: Persönliche SDG-Rankings der Experten

Tab. 6: SDGs, die nach persönlicher Meinung der Experten die dringendsten Maßnahmen erfordern

Tab. 7: Von Experten besonders hervorgehobene Unternehmen und Marken

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Die Nachhaltigkeitsdebatte wird seit mehreren Jahrzehnten und mit zu­nehmender Intensität länderübergreifend in politischen und wirtschaftli­chen Kreisen geführt.1 Während in den 1960er Jahren Umweltprobleme wie Verschmutzung und Ressourcenverschwendung die Diskussion be­herrschten, wurde der Diskurs im Laufe der letzten 60 Jahre um viele wei­tere Themen ergänzt.

Inzwischen ist Nachhaltigkeit in Teilen der Welt zu einem gesellschaftli­chen Trendthema avanciert. Man liest von Konsumverzicht, kritischen Verbrauchern, Flugscham und der Kommerzialisierung des Nachhaltig­keitsgedankens. Der Begriff Nachhaltigkeit ist im Mainstream angekom­men und wird durch vielfältige Nutzungs- und Auslegungsformen undurch­sichtiger denn je.

Besonders Großunternehmen sind seit jeher von der Nachhaltigkeitsde­batte betroffen, da sie mit ihrem Verhalten sowohl die Umwelt, als auch die Gesellschaft, in die sie eingebettet sind, in erheblichem Maße beein­flussen können. In der Vergangenheit ließ sich beobachten, dass dieses Thema von verschiedenen Unternehmen unterschiedlich, teils konträr, behandelt wurde. Bestimmte Konzerne haben sich in kurzer Zeit als Vor­reiter einer gesamten Branche entwickelt, während andere gesellschaftli­che Entwicklungen ignorieren und anscheinend darauf vertrauen, dass ihr Geschäftsmodell langfristig über fehlende Statements, ethische Zweifel oder unbequeme Fragen erhaben ist.

Genau hier soll die vorliegende Arbeit ansetzen. Bedient betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement einen, unter Umständen temporären, gesell­schaftlichen Trend oder handelt es sich um einen zwingend erforderlichen, strategischen Unternehmensbestandteil, sofern man als GU auch in Zu­kunft wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen anbieten will?

1.1 Problemstellung

Drohende Ressourcenknappheit und ein kontinuierlich fortschreitender Klimawandel stellen zwei Megatrends des 21. Jahrhunderts dar.2 Parallel dazu wirkt der Megatrend Digitalisierung als Veränderungsbeschleuniger, der mit alten Konventionen bricht und unter anderem völlig neue Arten der Kommunikation zwischen Unternehmen und Konsumenten ermöglicht.3

Unternehmen, die durch ihr Wirtschaften in besonderem Maße ihrer Um­welt schaden, haben es heute schwerer ihre Produkte zu vertreiben, als dies noch im 20. Jahrhundert der Fall war.4 Sie sehen sich großangeleg­ten Boykottaktionen, Social-Media-Shitstorms und langanhaltender, nega­tiver Publicity ausgesetzt. Die Vermutung liegt nahe, dass in den Köpfen der Verbraucher ein Umdenken stattfindet.

Während diese Entwicklung für bestimmte Branchen existenzbedrohende Umstände annimmt, gibt es auch Unternehmen, deren Image davon in großem Maße profitieren kann. Die Rede ist von Firmen, die scheinbar erfolgreich ein nachhaltiges Geschäftsmodell erarbeitet und umgesetzt haben und dies kommunizieren. Das Attribut .nachhaltig' ist in diesem Kontext nicht als lediglich .langfristig erfolgreich', sondern vielmehr als .gleichermaßen ökonomisch, ökologisch und sozial verantwortlich han­delnd' zu verstehen. Dieser Ansatz wird im Unternehmenskontext oft unter .Corporate Sustainability' zusammengefasst.

Ein Blick in die Literatur lässt allerdings vermuten, dass dem nachhaltigen Unternehmen Grenzen gesetzt sind. Es wird von energischen Ansätzen, halbherzigen Umsetzungen, fehlendem Bewusstsein und Fällen bewuss- ter Konsumententäuschung in der Praxis berichtet.5

Die Annahme, dass das steigende öffentliche Umweltbewusstsein dem Ansehen bestimmter Branchenvertreter schadet (z.B. Ölbranche) bzw. nutzt (z.B. Recycling), scheint logisch und vertretbar. Jedoch kann die Mehrzahl der Unternehmen nicht so offensichtlich den Gewinnern oder Verlierern der Nachhaltigkeitsdebatte zugeordnet werden. Da die Vergan­genheit schon oft gezeigt hat, dass Vorsätze und Verhalten der Verbrau­cher weit auseinanderklaffen können, kann die Annahme auch für Unter­nehmen aus der Öl- oder Recyclingbranche nicht pauschal getroffen werden.

1.2 Forschungsfrage und Zielsetzung

Die zentrale Forschungsfrage, der sich die Thesis widmet, lautet: Welchen positiven Einfluss kann betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement auf den Markenwert von Großunternehmen haben und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit sich dieser entfaltet?

Das Ziel der Arbeit soll eine Art theoretischer Leitfaden sein, der Marke­ting- & Nachhaltigkeitsverantwortlichen in Großunternehmen als Ratgeber und Handlungsempfehlung dient. Zudem soll der Begriff der Corporate Sustainability anhand verschiedener Praxisbeispiele greifbarer gemacht werden. Beim Studium der Thesis soll der Leser Anregungen und Antwor­ten auf die folgenden Fragen erhalten:

- Wie sollen sich Unternehmen zukünftig zum Thema Nachhaltigkeit positionieren?
- Wodurch zeichnet sich Corporate Sustainability bzw. ein nachhalti­ges Geschäftsmodell aus?
- Wie kann der Vorwurf des Greenwashings umgangen und öffentli­ches Vertrauen gewonnen werden?
- Wie wird erfolgreiches, betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement kommuniziert und zu einem echten Mehrwert für das Unterneh­mensimage?
- Welches Potenzial hat betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement für den Markenwert eines Großunternehmens?

1.3 Relevanz

Es ist eine Tendenz erkennbar, dass sowohl die Politik, als auch die Ge­sellschaft, von Unternehmen zunehmend eine Entwicklung erwarten, die nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten erfolgreich ist, sondern auch ökologische und soziale Wertvorstellungen erfüllt.6 Schach fasste 2015 wie folgt zusammen: „Shareholder und Stakeholder fordern von den Unternehmen eine ethisch vertretbare, ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Leistungserbringung.“7

Mit den 17 SDGs haben die UN ab dem Jahr 2016 konkrete Ziele verab­schiedet, die an die MDGs anknüpfen und eine globale nachhaltige Ent­wicklung bis 2030 sicherstellen sollen. Viele Ziele sind direkt oder indirekt an wirtschaftliche Bedingungen gekoppelt, so beispielsweise SDG 8 .Men­schenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum', SDG 9 .Industrie, Innova­tion und Infrastruktur' und SDG 12 ,Nachhaltige/r Konsum und Produkti­on.8 Auf kontinentaler sowie nationaler Ebene wurde in den vergangenen Jahren eine Vielzahl vertiefender Nachhaltigkeitsziele verfasst, die regio­nale Besonderheiten berücksichtigen und konkrete Zielzustände anstre­ben. Als Beispiele sind die nachhaltigen Wachstumsvorgaben der EU und die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) anzuführen.9

Aufgrund dieser Ziele, der in Kapitel 1.1 bereits angesprochenen aktuellen Megatrends und der hohen Medienpräsenz von Klima- und Umwelt­schutzdebatten ist eine Relevanz des Themas aus Unternehmenssicht definitiv gegeben.

Ein Indiz für die zunehmende Relevanz sämtlicher Nachhaltigkeitsthemen im Kontext der öffentlichen Unternehmenskommunikation ist zudem die wachsende Nachfrage bzgl. sozialer oder ökologischer Berichterstattung bei Großunternehmen in Form von Nachhaltigkeitsberichten.10 Im Ge­schäftsjahr 2017 traten mit dem CSR-RUG neue Berichtspflichten hin­sichtlich ökologischer und sozialer Aspekte in Kraft. Diese verpflichten börsennotierte Großunternehmen zu einer transparenteren Berichterstat­tung hinsichtlich sozialer und ökologischer Aspekte.11 Im August 2018 hat­ten 93 der 160 Unternehmen im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX eigen­ständige Nachhaltigkeitsberichte für Geschäftsjahre, die im Kalenderjahr 2017 oder später endeten, veröffentlicht.12

1.4 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit

Nach einer kurzen Einführung in das Thema sowie der Erläuterung der Forschungsfrage und des empirischen Ansatzes der Arbeit, sollen in Kapi­tel 2 zunächst erforderliche, theoretische Grundlagen vermittelt werden. Es werden die Begriffe betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, Mar­kenwert und Großunternehmen definiert und vorgestellt, da sie für das Verständnis der Zusammenhänge und der Inhalte der weiteren Kapitel notwendig sind. Aspekte dieser Grundlagen werden im weiteren Verlauf der Arbeit zusammengeführt, in den zu untersuchenden Kontext gesetzt und genauer betrachtet.

Als Untersuchungsmethode wird eine theoretische Literaturanalyse mit einer empirischen Datenerhebung in Form von qualitativen Experteninter­views kombiniert, deren Ergebnisse in Kapitel 3 vorgestellt werden. Die vorliegende Arbeit ist somit als konzeptionelle Arbeit zu verstehen, die aus wirtschafts- sowie kommunikationswissenschaftlicher Perspektive be­leuchtet wird und der ein analytischer und empirischer Ansatz zu Grunde liegt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleich­zeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet und stattdessen, soweit möglich, auf geschlechtsneutrale Formulierungen zurückgegriffen. Sollte stellenweise das generische Maskulinum verwen­det werden, so sind immer beide Geschlechter gleichermaßen gemeint.

Die Arbeit endet mit einer offenen Diskussion in Kapitel 7, in der die ge­wonnenen Erkenntnisse mit Blick in die Zukunft kritisch hinterfragt werden.

2 Theoretische Grundlagen

In den folgenden Kapiteln werden Begriffe vorgestellt, die für die Inhalte der vorliegenden Arbeit und die spätere Bearbeitung der offenen Aspekte und Fragen erforderlich sind. Im ersten Unterkapitel 2.1 wird das betriebli­che Nachhaltigkeitsmanagement veranschaulicht, indem der Ansatz defi­niert und auf verschiedene Umsetzungsformen eingegangen wird. Das folgende Unterkapitel 2.2 befasst sich mit dem Begriff Markenwert, mit dessen Aussagekraft als Kennzahl und mit verschiedenen Messmetho­den, um ihn möglichst objektiv zu erfassen. Im abschließenden Kapitel 2.3 wird die Bezeichnung Großunternehmen definiert sowie eine Abgrenzung gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen vorgenommen.

2.1 Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement

Die Analyse des Ansatzes und der Instrumente des betrieblichen Nachhal­tigkeitsmanagements setzt ein grundlegendes Verständnis des Nachhal­tigkeitsbegriffes und der Ziele nachhaltiger Entwicklung voraus. Daher wird die Auslegung dieser beiden Begriffe im Folgenden kurz erläutert.

Im Bezug auf Privatpersonen, Gesellschaften oder Unternehmen existie­ren verschiedene Ansichten in Politik und Wirtschaftswissenschaften, in welchen konkreten Handlungen sich Nachhaltigkeit äußert.13 Generell wird unter Nachhaltigkeit jedoch die integrative Berücksichtigung ökologischer, sozialer und ökonomischer Faktoren sowie verantwortungsvolles Handeln verstanden.14 15 Da sich die vorliegende Arbeit mit verhaltenswissenschaftli­chen Ansätzen befasst, wird diese Definition, die dem in der Bevölkerung vorherrschenden Nachhaltigkeitsverständnis am ehesten entspricht, nach­folgend verwendet.

Für nachhaltige Entwicklung wurde 1987 eine allgemeingültige Definition von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung formuliert: Sie wurde als Entwicklung, „[...] die den Bedürfnissen der heutigen Generation ent­spricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre 16 eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“16 be­zeichnet.

Abgeleitet aus dieser Definition wurden die sogenannten ,Managementre- geln der Nachhaltigkeit', die in der inzwischen unüberschaubaren Masse an (Neu-)Interpretationen und Nachhaltigkeitsrichtlinien als grundlegender Konsens angesehen werden können.17

Diese Regeln umfassen die drei folgenden Punkte:

- Regeneration: Erneuerbare, natürliche Ressourcen dürfen nur im Maße ihrer Regenerationsfähigkeit und nicht darüber hinaus ge­nutzt werden.
- Substitution: Nicht-erneuerbare, natürliche Ressourcen dürfen nur in einem Maße genutzt werden, das durch andere Ressourcen substituiert werden kann.
- Anpassungsfähigkeit: Stoffe und Energien dürfen nur im Maße der Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme und nicht darüber hinaus freigesetzt werden.18

Aufbauend auf diesen Richtlinien wurde, maßgeblich in den 1990er Jah­ren, das Konzept des betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements geformt, das im folgenden Kapitel vorgestellt wird.19

2.1.1 Definition und Relevanz

Wie für den Begriff Nachhaltigkeit wurden auch für das betriebliche Nach­haltigkeitsmanagement verschiedene Definitionen aufgestellt, die sich in den Grundsätzen stark ähneln, jedoch in Detailfragen unterscheiden oder nur auf bestimmte Einsatzbereiche begrenzt sind. Diese Begriffsvielfalt kann auf eine noch vergleichsweise geringe Reife der Diskussion und sich überschneidende Forschungen in der Praxis zurückgeführt werden.20 Schaltegger et al. äußern sich zu dieser Problematik schon 2007 wie folgt:

„Für das Nachhaltigkeitsmanagement wurden in den letzten 15 Jahren so viele Ansätze entwickelt, dass es [...] selbst Experten schwer fällt, die Übersicht über diese Ansätze, ihre Anwendungsbereiche, Stärken und Schwächen zu behalten.“21

Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement strebt generell unternehmeri­sche Nachhaltigkeit an. Auch unternehmerische Nachhaltigkeit ist nicht einheitlich definiert, beschreibt aber grundsätzlich den Zustand des, im Leitbild der Nachhaltigkeit enthaltenen, Gleichgewichtes der drei Dimensi­onen Ökologie, Ökonomie und soziales Engagement bei sämtlichen Un­ternehmensaktivitäten.22 Die Grundlage für unternehmerische Nachhaltig­keit ist eine entsprechende Gewichtung seitens Management bzw. Unternehmensführung sowie eine feste Verankerung der zu vertretenden Ideale in allen Führungsebenen und Unternehmensbereichen. Mayer be­schreibt Nachhaltigkeit im unternehmerischen Kontext als „[...] weit mehr als nur ökologisches oder gesellschaftliches Bewusstsein, das sich in der Durchführung von Einzelmaßnahmen, finanziert von bereits erwirtschafte­ten Gewinnen, widerspiegelt.“23

Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement ist nicht mit Nachhaltigkeits­marketing gleichzusetzen, welches die umwelt- und sozialorientierte Un­ternehmensführung in Marketingfragen beschreibt und somit deutlich kür­zer greift.24 Auf diese Thematik wird in den folgenden Kapiteln der Arbeit nochmals detaillierter eingegangen.

Die Notwendigkeit eines betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagements kann durch die unvermeidbaren Auswirkungen belegt werden, die unternehme­risches Handeln auf Umwelt, Märkte und Gesellschaft hat. Unternehmen beeinflussen z.B. Konsummuster, verbrauchen Ressourcen, geben Emis­sionen ab und haben so einen entscheidenden Einfluss auf die überregio­nale wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.25 26 Schaltegger kon­kretisiert: „Unternehmen leisten immer entweder einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung oder einen Beitrag für eine unnachhaltige Ent- wicklung.

2.1.2 Theorie und Praxis

Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement gewinnt sowohl im öffentlichen Diskurs, als auch in Managementkreisen, zunehmend an Bedeutung. Trotzdem war die Ableitung von individuellen Gestaltungsmodellen und Konzepten im Jahr 2011 bei den meisten Unternehmen noch wenig fort- geschritten.27 Auch 2015 wurde noch konstatiert, dass „[...] Begriffe wie Unternehmensethik, Corporate Citizenship, Unternehmensverantwortung oder Corporate Social Responsibility (CSR) reflexhaft Abwehrreaktionen aus[lösen, KS].“28

Betrachtet man die Ergebnisse des 2018 bis 2019 durchgeführten Global Survey, so scheint immerhin der Begriff Nachhaltigkeit dem Großteil der Befragten aus der Privatwirtschaft inzwischen geläufig zu sein. Es fallen jedoch auch Branchen auf, in denen der Netto-Bekanntheitsgrad von Nachhaltigkeit, der die Summe positiver Bewertungen abzüglich der Summe negativer Bewertungen abbildet, negativ ausfällt. Über 50% der weltweit Befragten aus Sektoren wie Gesundheit, Dienstleistungen und Handel gaben also an, dass ihnen der Nachhaltigkeitsbegriff eher unbe­kannt ist.29 Auf die in Abb. 2 ebenfalls aufgeführten SDGs wird in Kapitel 3 nochmals eingegangen.

Die angeführten Beispiele lassen auf eine tendenzielle Diskrepanz zwi­schen Wunsch und Wirklichkeit, bzw. Theorie und Praxis, schließen, was die ausgewogene Beachtung sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte in Organisationen betrifft. Außerdem bestätigen sie Schalteggers Aussage aus 2015, dass der Großteil der Unternehmen vor dem Hinter­grund der Ziele nachhaltiger Entwicklung mehr Schäden verursacht, als Werte schafft.30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Wahrgenommener Bekanntheitsgrad von Nachhaltigkeit und SDGs nach Branchen in den Ergebnissen des Global Survey31

Sailer sieht das grundlegende Problem darin, dass in der Betriebswirt­schaft seit jeher Entscheidungen auf Basis der Betrachtung von Kosten und Erlösen sowie Ein- und Auszahlungen getroffen wurden. Daten, die vom Rechnungswesen nicht erfasst werden, werden im Alltag schlichtweg übersehen. Als Beispiel führt er z.B. einen erhöhten Krankenstand durch Überbelastung und die daraus resultierenden Heilungskosten, die nicht das Unternehmen, sondern die Versichertengemeinschaft trägt, an.32

Mathieu sieht das Problem hingegen darin begründet, dass der Transfer theoretischer Nachhaltigkeitsmodelle in die individuelle Unternehmenspra­xis das Management schnell vor fundamentale Probleme stellt. Deren Ur­sprünge sind nicht nur in einer vielleicht fehlenden Agilität der Organisati­on zu vermuten, sondern vor allem in der fehlenden Anwendbarkeit der Richtlinien. Er äußert sich dazu folgendermaßen: „Die meisten Operationalisierungsversuche von SD sind derart allgemein und abstrakt, daß [sic] sie nicht als konkrete Handlungsanweisungen für Unternehmen [...] geeignet sind.“33

Die Unsicherheit bezüglich entscheidungsrelevanter Aspekte, die aus dem Abstraktum der nachhaltigkeitsorientierten Leitbilder resultiert, trägt somit in erheblichem Maße zu der bereits erwähnten Diskrepanz und einer zö­gerlichen Umsetzung konkreter Maßnahmen des betrieblichen Nachhal­tigkeitsmanagements bei.34 Schaltegger äußert sich zu dieser Problematik wie folgt: „Die Zielrichtung unternehmerischer Nachhaltigkeit ist [...] nur grob umschrieben, in der konkreten Umsetzung ist die Entwicklungslinie jedoch vielfach klarer als auf den ersten Blick vermutet.“35 Ackermann et al. bezeichnen nachhaltige Entwicklung im Unternehmenskontext generell als bloßes Leitbild, das zwingend individuell konkretisiert und operationali­siert werden muss.36 37

Das Studium von Fachliteratur und Studienergebnissen der jüngeren Ver­gangenheit lassen auf einen mangelnden Theorie-Praxis-Fit schließen, der aus vielleicht zu komplexen, ganzheitlichen Modellen auf der einen Seite und interessierten, mäßig informierten und daher vielleicht zögerli­chen Unternehmensvertretern auf der anderen Seite resultieren könnte.

2.1.3 Corporate Sustainability vs. Corporate Social Responsibility

Im Bezug auf betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement sind Corporate Sustainability (CS) und Corporate Social Responsibility (CSR) die beiden relevantesten Entwicklungsansätze.3' Beide Begriffe werden im öffentli­chen Diskurs häufig synonym verwendet, was zu weiteren Missverständ- nissen innerhalb der ohnehin schon schwer greifbaren Nachhaltigkeits­thematik führt.38 Auch zu Corporate Citizenship (CC), das vor allem das bürgerschaftliche Engagement eines Unternehmens fokussiert, gibt es keine allgemeingültig verfassten Abgrenzungen, was ebenfalls mit Wider­sprüchen in der internationalen CSR-Diskussion einhergeht.39

Der Begriff CSR ist nicht einheitlich definiert und zwischen den verschie­denen Interpretationsformen von Unternehmen, NGOs, Akademikern oder Beratern gibt es z.T. beachtliche Abgrenzungsunschärfen.40 So wird z.B. jegliches Engagement, das über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Unternehmens hinausgeht, stellenweise bereits als CSR bezeichnet. An­dere Definitionen grenzen CSR hingegen klar gegenüber Diversitäts- und Nachhaltigkeitsmanagement ab und betonen, dass es sich um grundver­schiedene Ansätze handelt.41

Zum Verhältnis von CSR zu CS fasst Fischler wie folgt zusammen: „Grundsätzlich ist das CSR-Konzept das ältere, wobei es ursprünglich primär den sozialen Kontext zwischen Unternehmen und der Gesellschaft beschreibt.“42 Der Aspekt der freiwilligen Unternehmenstätigkeit, die be­wusst auf gesellschaftliche und ökologische Ansprüche Rücksicht nimmt, scheint in dieser oder in abgewandelter Form den Kern der meisten Defini­tionen von CSR auszumachen.43 Mit der Verabschiedung der CSR- Richtlinie 2014 wurde der freiwillige Aspekt, zumindest für Großunterneh­men innerhalb der EU, jedoch teilweise verpflichtend. Durch zwingend erforderliche Berichterstattung sollen Dritte mehr Einsicht in das betriebli­che Nachhaltigkeitsmanagement erhalten. In Deutschland wurde die Richtlinie unter der Bezeichnung CSR-RUG umgesetzt.44

Im Gegensatz zu CSR ist CS ein Ansatz, der größtmögliche unternehme­rische Nachhaltigkeit durch das Einbinden ökologischer, ökonomischer und sozialer Faktoren in sämtliche Unternehmensaktivitäten sicherstellen will.45 CS geht daher über freiwilliges Engagement, das auch getrennt vom Kerngeschäft des Unternehmens betrieben werden könnte, hinaus, und fordert eine integrative und allumfassende Berücksichtigung der drei ge­nannten Nachhaltigkeitsdimensionen.46

Abschließend sei noch die Gegenüberstellung von Schaltegger et al. er­wähnt, die, stark verkürzt, CSR als verantwortliches Unternehmertum und CS als unternehmerische Nachhaltigkeit beschreibt.47 Somit kann CSR als Bestandteil einer unternehmerischen Nachhaltigkeit verstanden und dem weitreichenderen Ansatz der CS untergeordnet werden.48

2.1.4 Weitere Ansätze und Auslegungen

Neben den bereits vorgestellten, etablierten Modellen, gibt es weitere Überlegungen und Ansätze, die sich mit betrieblichem Nachhaltigkeitsma­nagement, unternehmerischer Verantwortung bzw. dem Beitrag von Un­ternehmen zu einem Gleichgewicht zwischen natürlichem und künstlichem Kapital, befassen.49 Dieses Kapitel soll sowohl einen Überblick über die vielfältigen Herangehensweisen liefern, als auch die Komplexität des Nachhaltigkeitsbegriffes im Unternehmenskontext verdeutlichen.

Schaltegger beschreibt, abseits jeden Modells, detailliert den Prototyp ei­nes rundum nachhaltigen Unternehmens, der z.B. über die folgende Ei­genschaft verfügen müsste: „Die nachhaltigkeitsnutzenstiftenden Produkte induzieren ausschließlich vorteilhafte Wirkungen in der Lieferkette und nachhaltiges Konsum- und Weiterverwertungsverhalten bei den Nut- zern.“50 Da es aktuell kein Unternehmen vermag, diese strengen Vorga­ben hinsichtlich des Nachhaltigkeitsmanagements einzuhalten, sollen die Formulierungen eher Ansporn und Orientierung als konkrete Handlungs­empfehlung darstellen.51

Porter und Kramer haben mit dem ,Shared-Value‘-Konzept einen Ansatz für betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt, der CSR um den entscheidenden Aspekt der Eigennützigkeit erweitern soll.52 Dem Konzept liegt der Gedanke zugrunde, dass das traditionelle Verständnis der Ver­pflichtung von Unternehmen, ökologisch und sozial zu Handeln, eher hemmend als fördernd wirken kann und die Unternehmensentwicklung demzufolge negativ beeinflusst. Begreift das Management Nachhaltigkeit stattdessen als Möglichkeit, wechselwirksamen Mehrwert zwischen Wirt­schaft und Gesellschaft zu schaffen, so soll sich dieser Gesinnungswandel in innovativeren Ideen und wirksameren, operativen Maßnahmen manifes- tieren können.53

Griese ergänzt die Ausführungen des Brundtland-Berichtes um drei weite­re Prinzipien, deren unternehmensseitige Beachtung maßgeblich ist für das Erreichen einer nachhaltigen Entwicklung.54

- Verantwortungsprinzip: Jedes Mitglied einer Gesellschaft ist für sein Handeln verantwortlich. Für Unternehmen heißt das, dass die ge­samte Wertschöpfungskette zum eigenen Verantwortungsbereich gehört.
- Kreislaufprinzip: Maßloser Ressourcenverbrauch ist keine Dauerlö­sung. Nur eine Kreislaufwirtschaft, die möglichst viele Bestandteile von Rohstoffen effizient verwertet und eine Recyclingkultur lebt, ist langfristig zukunftsfähig.
- Kooperationsprinzip: Nur durch partnerschaftliche Zusammen­schlüsse und verpflichtende Abkommen lassen sich unternehmeri­sche Lösungen schaffen, die eine nachhaltige Entwicklung fördern und den Raubbau Einzelner verhindern.

2.2 Markenwert

Der Markenwert ist ein immaterieller Vermögensgegenstand, dem Unter­nehmen und Forschung seit Anfang der 2000er Jahre zunehmende Be- deutung beimessen.55 Er wird generell als zentrale Steuerungsgröße des Markenmanagements betrachtet.56

Bevor in den folgenden Kapiteln verschiedene Aspekte des Markenwertes vorgestellt werden, ist jedoch eine kurze Definition der Marke angebracht. Wie Nachhaltigkeit ist auch die Marke eine Bezeichnung, die sich im Laufe der Jahre zu einem komplexen, weitreichenden und schwer zu fassenden Abstraktum weiterentwickelt hat.57 '

2.2.1 Definition des Markenbegriffs

In den 1960er Jahren entschieden klar definierte Kriterien darüber, ob ein Artikel als Markenartikel zu bezeichnen ist oder nicht.58 Zu diesen Eigen­schaften zählten z.B. das Aussehen, der Geschmack oder die grundsätzli­che Qualität eines Produktes. Solche Merkmale können auch heute noch kennzeichnend für Markenprodukte sein, allerdings stellen sie keine allei­nigen und allgemeingültigen Erfolgsfaktoren mehr dar.59

In den 1980er Jahren wurde von Hätty festgehalten, dass im allgemeinen Sprachgebrauch besonders gekennzeichnete oder hervorgehobene Wa­ren häufig als Marken, Markenartikel oder Markenware bezeichnet wer­den.60 Bereits 2002 stellte Bruhn fest, dass diese Bezeichnungen sowie der generelle Markenbegriff inzwischen so viele verschiedene und wider­sprüchliche Definitionen auf sich vereinen, dass man vom Zustand einer .Sprachverwirrung' sprechen müsse.61

Esch et al. konstatierten 2019 eine .Inflation der Marken' und stellten eine unübersichtliche Angebotsvielfalt, überlastete Informationsverarbeitungs­kapazitäten auf Konsumentenseite sowie eine stark rückläufige Kommuni­kationseffizienz fest. Das Herausstellen der eigenen Marke aus dem .An­gebotsmeer' bezeichneten sie als elementare Herausforderung an das Markenmanagement eines Unternehmens.62 Auch Schaltegger und Peter­sen sprachen 2017 von einem „[...] harten Verdrängungswettbewerbs [sic] um das knappe Gut der öffentlichen Aufmerksamkeit.“63

Die Marke ist ein Sammelbegriff für unzählige Faktoren geworden, deren Summe dem dazugehörigen Unternehmen seine Identität verleiht und dessen Produkte und Dienstleistungen sowohl kennzeichnet, als auch mit bestimmten Assoziationen und Eigenschaften auflädt.64 So wird die Marke in der Fachliteratur z.B. als in der Öffentlichkeit verankertes Vorstellungs­bild, als Leistungsversprechen und als entscheidender Wettbewerbsfaktor beschrieben.65 Zudem besitzen Marken eine Signalwirkung, die perma­nent verunsicherten Konsumenten ein Gefühl von Sicherheit, Angehörig- keit und Heimat vermitteln können.66 Auch der ideelle Nutzen, der Konsu­menten durch den aus der Verwendung von Markenartikeln resultierenden Image- und Statusgewinn entsteht, wird in der Literatur erwähnt.67 68

Neben der Vielzahl betriebswirtschaftlicher Definitionen, die vor allem die Beziehung zwischen Marke und Konsumenten beleuchten, wird der Mar­kenbegriff im juristischen Kontext formal und einheitlich bestimmt. Im Mar­kenG wird unter einer Marke jede Form von „[...] Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge[n], dreidimensionale[n] Gestaltungen [...] verstanden, „[...] die geeignet [ist, KS], Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“69

2.2.2 Verfahren zur Evaluation des Markenwertes

Die Assoziationen, Werte und Vorstellungen, die Konsumenten mit einer Marke verbinden, stellen für das zugehörige Unternehmen einen immate­riellen Vermögensgegenstand in Form des Markenwertes dar. Wie der Markenbegriff wird auch der Markenwert je nach Anwendungsbereich oder Forschungsgebiet unterschiedlich definiert. In diesem Kapitel werden un­terschiedliche Bewertungsansätze sowie deren Vor- und Nachteile vorge­stellt.

Verfahren, die sich mit der Evaluation des Markenwertes befassen, kön­nen auf einem finanzwirtschaftlichen, einem verhaltenswissenschaftlichen oder einem hybriden Ansatz, der beide genannten Perspektiven berück­sichtigt, basieren. Das Verständnis, die Ansätze und die darauf aufbauen­den Methoden sollen nachfolgend kurz vorgestellt werden.

Unter finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten stellt der Markenwert den Teil des Unternehmenswertes dar, der den monetären Wert einer zu dem Unternehmen gehörenden Marke angibt.70 Dieser Geldwert ergibt sich grundsätzlich durch die Summe der durch die Marke erwirtschafteten Überschüsse. Diese wiederum entsprechen den der Marke eindeutig zu­rechenbaren Erlösen, abzüglich den der Marke zurechenbaren Kosten. Obwohl die Trennungsunschärfe ein Problem darstellen kann, wird der Markenwert in der Praxis häufig als Kennzahl zur Erfolgsmessung von Markenstrategien herangezogen.71

Praktische, finanzwirtschaftliche Bewertungsverfahren, deren Ergebnis eine konkrete Bezifferung des Markenwertes ist, lassen sich in kosten-, preis- und kapitalmarktorientiert unterteilen.72 Der entscheidende Vorteil dieser Methoden ist deren Anwendbarkeit sowie die vergleichsweise güns­tige und schnelle Erhebung aller benötigten Daten, da es sich ausschließ­lich um Unternehmensinterna handelt. Der Nachteil ist die Tatsache, dass die Konsumentenperspektive bei der Ermittlung in keiner Weise berück­sichtigt wird. Dies ist ein kritischer Nachteil, da der Markenwert in ent- 73 scheidendem Maße durch Reaktionen der Konsumenten geprägt wird. Verhaltenswissenschaftlich gesehen ist der Markenwert hingegen eine Kennzahl, die mit dem Konsumentenverhalten in ständiger Wechselwir­kung steht: „Der Markenwert wird vor allem durch die Reaktionen der Konsumenten auf strategische und taktische Maßnahmen zur Gestaltung des Marketing-Mix geprägt.“73 74 Dieser Ansatz hat nicht die Berechnung eines ökonomischen, genau zu beziffernden Wertes zum Ziel, sondern das Schaffen eines Indikators für Wettbewerbsvergleiche und zur Produk- tivitätssteigerung der eigenen Marketingaktivitäten.'75

Mit dem geringeren Zahlenfokus geht teilweise auch ein Objektivitätsver­lust einher, was die Vergleichbarkeit des Markenwertes verschiedener Unternehmen erschwert. Für eine Annäherung an das Thema empfiehlt sich das jährliche ,Best Global Brands' Ranking, das die Top 100 der wertvollsten Marken im globalen Kontext listet. Der Herausgeber Inter­brand weist jedoch auf subjektive Tendenzen in der Methodik hin, daher ist die Rangliste für einen Überblick, nicht aber als Argumentationsgrund­lage geeignet.76

Die folgende Grafik zeigt eine Gegenüberstellung der wertvollsten Marken aus den Jahren 2001 und 2019. Anhand der Branchenzuordnung, die über die Hintergrundfarbe der Markenlogos vorgenommen wurde, ist die deut­lich gestiegene Relevanz der Technologiebranche gut zu erkennen.

Bevor der Wert einer Marke jedoch ermittelt werden kann, muss diese erst einmal geschaffen werden bzw. entstehen. Aus diesem Grund befasst sich das folgende Unterkapitel mit dem Markenaufbau und dem Führen von Marken.

2.2.3 Markenaufbau und Markenführung

Das Ziel des Markenmanagements eines Unternehmens ist eine erfolgrei­che Marke aufzubauen und zu erhalten.77 78 Bevor dieser Aufbau- und Erhal­tungsprozess beleuchtet wird, soll zunächst genauer verdeutlicht werden, welchen gravierenden Unterschied die Marke ausmachen kann und wa­rum viele Unternehmen nach starken Marken streben.

Errichiello und Zschiesche führen das Beispiel einer Hugo Boss Jeans und der gleichwertigen Eigenmarke eines Textileinzelhändlers an. Die Frage, warum sich viele gebildete, informierte und intelligente Konsumenten für Erstere entscheiden würden, obwohl Letztere maximal die Hälfte der Erst­genannten kostet, kann nur mit der Macht der Marke erklärt werden.79 Munzinger erläutert das gleiche Phänomen anhand von Lätta und einer beliebigen, unmarkierten Margarine.80 Marken können demnach das Preis-Leistungs-Verhältnis entkräften und Konsumenten zu eigentlich irra­tionalen Entscheidungen veranlassen.

Offensichtliche Grundvoraussetzung für den Markenaufbau ist die Markie­rung einer Leistung, das sogenannte Branding. So können Konsumenten die Leistung eindeutig identifizieren, zuordnen und bewerten. Die Praxis zeigt jedoch, dass die eindeutige Identifikation durch die Konsumenten heute nicht mehr selbstverständlich ist. In Kapitel 2.2.1 wurde bereits auf 81 die Problematik der herrschenden ,Markenflut‘ eingegangen.81 Es ist da­von auszugehen, dass dieser Zustand den Aufbau einer erfolgreichen Marke erschwert. Munzinger führt aus: „Markenaufbau wird oft mit teuren Werbekampagnen gleichgesetzt. Und meistens bedarf es in der Tat er­heblicher Aufwendungen, um sich als Marke im immer intensiveren und fragmentierten Wettbewerb erfolgreich behaupten zu können.“82

Zwar haben Unternehmen mit hohen Werbebudgets gute Chancen, zu ihrer Zielgruppe durchzudringen und somit die Brand Awareness zu för­dern, trotzdem ist Geld allein kein Erfolgsgarant für den Aufbau oder die Führung einer erfolgreichen Marke.83 Elementar ist hingegen, dass die Marke untrennbar mit bestimmten Eigenschaften verbunden wird und in den Köpfen der Konsumenten dauerhafte Assoziationen hervorruft.84 Dies entsteht vor allem durch Beständigkeit, weshalb man Marken auch als das Ergebnis von Leistungen bezeichnen kann, die Unternehmen kontinuier­lich und über längere Zeiträume hinweg erfolgreich vorgelegt haben.85

Fasst man zusammen, so scheint das Aufladen von Unternehmensleis­tungen mit Emotionen, Werten und Assoziationen sowie das Erreichen einer Markenbekanntheit das zentrale Element des Markenaufbaus zu sein. Die Markenführung stellt anschließend sicher, dass die ökonomi- schen Vorteile, die einem Unternehmen aus einer erfolgreich etablierten Marke resultieren, gewahrt und gesteigert werden. Verhaltenswissen­schaftlich orientierte Optimierungsvorschläge können dabei z.B. aus den Ergebnissen der Markenwertbestimmung abgeleitet werden.86

Nach dem betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagement und dem Marken­wert wird in den folgenden Kapiteln mit dem Großunternehmen der dritte und letzte, zentrale Begriff des Arbeitstitels definiert.

2.3 Großunternehmen

Um Organisationen hinsichtlich ihrer Dimension besser vergleichen zu können, haben sich verschiedene Abstufungen der Unternehmensgröße etabliert. Diese reichen vom Einzelunternehmer über das Kleinstunternehmen, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bis hin zu den Großunternehmen (GU), die die größte Organisationsform darstel­len.

Es existieren keine allgemeingültigen Definitionen für die verschiedenen Abstufungen, sondern verschiedene Auslegungen, die im internationalen Vergleich abweichend verwendet werden und eine Trennungsunschärfe aufweisen.87

Allerdings beruhen die gängigen Auslegungen auf grundlegenden Kriteri­en, die im nachfolgenden Kapitel vorgestellt werden, um das Großunter­nehmen und dessen Spezifika greifbarer werden zu lassen.

2.3.1 Definition und Abgrenzung

Die Kriterien, nach welchen ein Unternehmen den GU oder der nächst kleineren Abstufung, den mittelgroßen Unternehmen, zugeordnet wird, lassen sich in zwei Gruppen aufteilen: quantitative und qualitative Abgren­zungskriterien.

Die quantitativen Kriterien lassen wenig Interpretationsspielraum und ver­mitteln eine klare Vorstellung davon, was unter einem GU zu verstehen ist. Durch die bereits erwähnten, abweichenden Auslegungen auf interna­tionaler Ebene entstehen jedoch Unschärfen, wie die folgende Gegen­überstellung der quantitativen Abgrenzungskriterien des IfM Bonn (Tab. 1) und der Europäischen Kommission (Tab. 2) zeigt.88 89

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Quantitative Abgrenzungskriterien des IfM Bonn90

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Quantitative Abgrenzungskriterien der Europäischen Kommission

Im Jahr 2018 waren in Deutschland 42,8% der Beschäftigten in Großun­ternehmen angestellt, wie die folgende Abbildung verdeutlicht.91 Gemes­sen an der Gesamtanzahl der Unternehmen in Deutschland machten die ca. 16.000 Großunternehmen einen Anteil von 0,6% an der Gesamtunter­nehmensanzahl aus.92 93 Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Beschäf­tigtenanzahl von ca. 832 pro Großunternehmen in Deutschland.

Die qualitativen Abgrenzungskriterien entsprechen eher dem Charakter flexibler Richtlinien als starrer Vorgaben und sind von Ausnahmeregelun­gen geprägt. So werden beispielsweise das Vorhandensein zahlreicher Hierarchieebenen und ein Fokus auf kurzfristige Gewinne als Merkmale von GU angeführt.94 Des Weiteren werden eine formelle Trennung zwi­schen strategisch-orientierter Unternehmensleitung und operativer Ge­schäftsführung, eine kapitalintensive Produktion und der Streubesitz als mögliche Erkennungsmerkmale eines GU genannt.95

In der Praxis ist die kombinierte Betrachtung quantitativer und qualitativer Kriterien empfehlenswert. So kann beispielsweise die Inhaberführung, die unter qualitativen Gesichtspunkten ein mittelständisches Familienunter­nehmen und damit wahrscheinlich auch ein KMU andeuten würde, durch Milliardenumsätze, die quantitativ ein klarer Indikator für GU sind, in den Hintergrund geraten. Die Zugehörigkeit zum Mittelstand stellt keinen ein­deutigen Indikator für ein KMU dar und kann auch auf GU zutreffen.96 Welchen Kriterien bei einer unklaren Zuordnung die höchste Priorität bei­gemessen wird, hängt somit im Zweifel von der Einzelfallbetrachtung ab.

Abschließend sei noch § 267 HGB erwähnt, wo im Zuge der Umschrei­bung der Größenklassen zwei der drei nachstehenden Merkmale über­schritten werden müssen, damit eine Kapitalgesellschaft als große Kapi­talgesellschaft gilt: 20 Mio. Euro Bilanzsumme, 20 Mio. Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag und im Jahresdurch­schnitt 250 Arbeitnehmer.97

Da im Rahmen dieser Arbeit eine vertiefende Begriffs- und Abgrenzungs­diskussion der Bezeichnung GU nicht zielführend ist, soll sich grundsätz­lich an den quantitativen Kriterien der Europäischen Kommission sowie den genannten, qualitativen Merkmalen orientiert werden.

2.3.2 Betriebswirtschaftliche Besonderheiten

Konzerne und andere GU zeichnen sich nicht nur durch viele Mitarbeiter und hohe Umsätze aus, sondern verfügen über bestimmte Eigenheiten, auf die in diesem Unterkapitel verkürzt eingegangen wird.

[...]


1 vgl. dazu vertiefend Mayer 2017, S. 2f

2 vgl. Becke 2003, S. 533

3 vgl. Schaltegger/Petersen 2017

4 vgl. Becke 2003, S. 533

5 vgl. Sailer 2020, S. 17ff; Bergius 2014, S. 36ff; Erichiello/Zschiesche 2017, S. 1ff; dazu vertiefend BearingPoint 2013, S. 20ff

6 vgl. Promberger et al. 2006, S. VII

7 Schach 2015, S. 183

8 vgl. United Nations 2016; Bundesregierung o.J.

9 vgl. dazu vertiefend Mayer 2017, S. 5f; Bundesregierung 2018

10 vgl. Schach 2015, S. 183

11 § 289b HGB

12 vgl. Kirchhoff/BDO 2018, S. 3

13 vgl. dazu vertiefend Schaltegger/Burritt 2005, S. 186; Lülfs 2013, S. 15ff; Zentes et al. 2014, S. 17

14 vgl. Zentes et al. 2010, S. 35

15 Schulz 2020

16 United Nations 1987, S. 15

17 vgl. Kanning 2013, S. 33f

18 vgl. Kanning 2013, S. 33f

19 vgl. ebenda, S. 32

20 vgl. Beschorner/Hajduk 2015, S. 269

21 Schaltegger et al. 2007b, S. 6

22 vgl. Schaltegger 2015, S. 200

23 Mayer 2017, S. 8

24 vgl. Griese 2015, S. 3

25 vgl. Lülfs 2013, S. 1; Schaltegger 2015, S. 199; Ackermann et al. 2013, S. 59ff

26 Schaltegger 2015, S. 200

27 vgl. Jänicke 2011, S. 5

28 Beschorner/Hajduk 2015, S. 269

29 vgl. Schlange & Co. 2020 S. 29f

30 vgl. Schaltegger 2015, S. 200

31 Schlange & Co. 2020 S. 30

32 vgl. Sailer 2020, S. 30f

33 Mathieu 2002, S. 4f

34 vgl. Günter/Schuh 2003, S. 199

35 vgl. Schaltegger 2015, S. 202

36 vgl. Ackermann et al. 2013, S. 63

37 vgl. Schaltegger 2015, S. 201f

38 vgl. Fischler 2007, S.37ff

39 vgl. Beschorner/Hajduk 2015, S. 269

40 vgl. Crane et al. 2008, S. 3

41 vgl. Schneider 2015, S. 21

42 Fischler 2007, S. 37

43 vgl. Joyner/Payne 2002, S. 300

44 vgl. S. 5

45 vgl. Schaltegger 2015, S. 202

46 vgl. ebenda

47 vgl. Schaltegger et al. 2007b, S. 6f

48 vgl. dazu vertiefend Weber 2008, S. 44

49 vgl. dazu vertiefend Kanning 2013, S. 32ff

50 Schaltegger 2015, S. 201

51 vgl. Schaltegger 2015, S. 201

52 vgl. Porter/Kramer 2015, S. 145f; dazu vertiefend Porter/Kramer 2011

53 vgl. Porter/Kramer 2015, S. 147

54 vgl. Griese 2015, S. 9; dazu vertiefend United Nations 1987

55 vgl. Wirtz/Roth 2004, S. 269

56 vgl. Esch et al. 2019, S. 28

57 vgl. Errichiello/Zschiesche 2017, S. 73

58 vgl. dazu vertiefend Mellerowicz 1963, S. 2ff

59 vgl. Adjouri 2002, S. 11

60 vgl. Hätty 1989, S. 6

61 vgl. Bruhn/GEM 2002, S. 4

62 vgl. Esch et al. 2019, S. 9f; dazu vertiefend Munzinger 2016, S.102ff

63 Schaltegger/Petersen 2017

64 vgl. Munzinger 2016, S. 34f

65 vgl. Meffert et al. 2005, S. 6; Masciadri/Zupancic 2013, S. 4f

66 vgl. Errichiello/Zschiesche 2017, S. 8f; dazu vertiefend Rosa 2005, S. 187f

67 vgl. Munzinger 2016, S. 36

68 § 3 Abs. 1 MarkenG

69 ebenda

70 vgl. Bauer et al. 2006, S. 68

71 vgl. Lin/Kao 2004, S. 37; Bauer et al. 2006, S. 68; Esch et al. 2019, S. 29

72 vgl. dazu vertiefend Burmann et al. 2005

73 vgl. Esch et al. 2019, S. 29

74 ebenda

75 vgl. ebenda

76 vgl. Interbrand 2019, S. 18, 34

77 Interbrand 2019, S. 6f

78 vgl. Esch et al. 2019, S. 28

79 vgl. Erichiello/Zschiesche 2017, S. 76

80 vgl. Munzinger 2016, S. 34

81 vgl. S. 16f

82 Munzinger 2016, S. 102

83 vgl. ebenda, S. 103

84 vgl. S. 17

85 vgl. Errichiello/Zschiesche 2017, S. 71

86 vgl. Esch et al. 2019, S. 28

87 vgl. Bussiek 2018, S. 16

88 Eigene Darstellung in Anlehnung an IfM Bonn 2016

89 Die genannten Schwellenwerte bei Umsatz und Bilanzsumme sind als ,Entweder-Oder‘-Kriterien definiert.

90 Eigene Darstellung in Anlehnung an EC 2005

91 Die Einordnung des Statistischen Bundesamtes erfolgte unter Berücksichtigung der quantitativen Abgren­zungskriterien der EC; vgl. dazu vertiefend Statistisches Bundesamt 2019

92 vgl. Statistisches Bundesamt 2020a

93 Eigene Darstellung in Anlehnung an Statistisches Bundesamt 2020b

94 vgl. Karcher 2018, S. 22f

95 vgl. Pfohl 2006, S. 18ff

96 vgl. IfM Bonn o.J.

97 § 267 Abs. 3 HGB

Ende der Leseprobe aus 5 Seiten

Details

Titel
Das Leben des Herakles. Ein Überblick
Autor
Jahr
2000
Seiten
5
Katalognummer
V97249
ISBN (eBook)
9783638099240
Dateigröße
391 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herakles
Arbeit zitieren
Grünberger Dagmar (Autor:in), 2000, Das Leben des Herakles. Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97249

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