Zusammenfassung
Tätowierungen inklusive Permanent-Make-up können diverse Komplikationen wie virale oder bakterielle Infektionen sowie allergische und entzündliche Reaktionen nach sich ziehen. Bei Letzteren weist die Histologie neben exogenem Pigment ein Entzündungsinfiltrat auf, das je nach Reaktionsmuster lymphozytär oder histiozytär-granulomatös dominiert sein kann. Nachfolgend wird über die erfolgreiche Therapie mittels intraläsionaler Triamcinolonacetonid-Injektionen bei granulomatöser Entzündungsreaktion nach Tätowierungen in 2 Fällen berichtet.
Abstract
Tattoos, including permanent makeup, may entail diverse complications like viral or bacterial infections and allergic and inflammatory reactions. In the latter case, besides exogenous pigment, histology shows an either lymphocytic or histiocytic-granulomatous infiltrate, depending on the predominant reaction pattern. We report successful treatment with intralesional triamcinolone acetonide injections in two individuals who developed granulomatous inflammation after tattooing.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Anamnese
Fall 1.
Eine 60-jährige Patientin berichtete bei ihrer Vorstellung über seit 4 Monaten bestehende, schmerzlose, größenprogrediente Knoten an der Unterlippe nach Applikation eines Permanent-Make-ups am Lippenrand 16 Monate zuvor (Abb. 1a–c).
Fall 2.
Die Vorstellung einer 56-jährigen Patientin erfolgte wegen seit 6 Monaten bestehender, juckender Knoten innerhalb roter Areale eines Tattoos am linken Unterschenkel, das vor 7 Jahren in Thailand gestochen wurde (Abb. 1d–f).
Beide Patientinnen verneinten relevante Vorerkrankungen, eine Dauermedikation, Schmerzen oder Krankheitsgefühl.
Klinik
Fall 1.
Bei der Inspektion des Gesichtes zeigten sich eine randbetonte weißliche Schuppung und gelbliche Krusten am Lippenrot der Ober- und Unterlippe (Abb. 1a). Zudem imponierten infiltrierte Knoten und narbige Atrophien sowie eine rote, linienförmige Tätowierung entlang der Lippenkontur.
Fall 2.
Am linken Unterschenkel distal lateral fanden sich multiple, derbe Knoten ausschließlich in den roten Arealen einer Tätowierung (Abb. 1d).
Das übrige Integument inklusive der Mundschleimhaut war in beiden Fällen unauffällig.
Diagnostik
Bei Verdacht auf eine allergische Typ-IV-Reaktion auf Bestandteile des Tattoofarbstoffes sowie zum differenzialdiagnostischen Ausschluss einer granulomatösen Entzündungsreaktion infektiöser Genese wurde jeweils eine Probebiopsie entnommen.
Histopathologischer und laborchemischer Befund
Fall 1.
Die Histologie zeigte unter einem hyperplastischen, spongiotisch aufgelockerten Epithel eine granulomatöse Entzündungsreaktion um exogenes rotes und schwarzes Pigment in der oberen Dermis sowie begleitend ein plasmazellreiches, lymphozytäres Infiltrat (Abb. 2a, b).
Die Treponemen‑, PAS(„periodic acid-Schiff reaction“)- und Ziehl-Neelsen-Färbung ergaben keinen Anhalt auf pathogene Organismen. Eine aufgrund des Plasmazellreichtums durchgeführte Luesserologie und ein Quantiferon-Test (Quantiferon-TB-Gold-Test, Qiagen GmbH, Hilden, Deutschland) waren unauffällig.
Fall 2.
Histologisch fanden sich von einer Fibrose umgebene knotige Ansammlungen von Lymphozyten, Histiozyten und Plasmazellen. Zudem war im Corium feingranuläres, rotes, intra- und extrazelluläres Pigment erkennbar (Abb. 2c, d).
Diagnose
Granulomatöse Entzündungsreaktion nach Permanent-Make-up bzw. Tätowierung mit rotem Farbstoff.
Therapie und Verlauf
Fall 1.
Der Patientin wurde Mometasonfuroat-Creme 2‑mal täglich über 2 Wochen an den betroffenen Hautarealen verordnet. Bei nur mäßigem Therapieansprechen erhielt die Patientin eine intraläsionale Probeinjektion mit Triamcinolonacetonid 40 mg und Scandicain (Aspen Pharma Trading Limited, Dublin, Irland) 1 % im Verhältnis 1:2 in den unteren linken Quadranten der Lippe. Aufgrund einer Befundbesserung im behandelten Bereich erfolgte 16 Tage später eine Injektion der Ober- und Unterlippe. Sieben Wochen nach der einmaligen Injektion war die gewohnte Lippenform zu verzeichnen (Abb. 1b); 28 Monate später zeigte sich der Befund weiterhin unauffällig (Abb. 1c).
Fall 2.
Auch hier wurde wegen fehlenden Therapieansprechens auf Mometasonfuroat-Creme (2-mal täglich über 4 Wochen) eine Injektion nach obigem Schema im betroffenen Areal am linken Unterschenkel durchgeführt. Bereits nach 5 Wochen war kein knotiger Anteil mehr sichtbar (Abb. 1f). Die Patientin berichtete auch 10 Monate nach erfolgter Injektion über einen stabilen Befund.
Diskussion
In den letzten Jahren hat die Inzidenz von Tätowierungen stetig zugenommen [1, 10]. Die Prävalenz liegt mittlerweile bei 3–8 % der Weltbevölkerung [6]. Das Permanent-Make-up stellt eine besondere Form der Tätowierung dar, bei der die Augenbrauen oder die Lippenkontur nachgezeichnet werden [2, 3]. Infolge steigender Beliebtheit von Tattoos sind Dermatologen zunehmend mit unerwünschten Hautreaktionen nach Einbringen verschiedener Farbstoffe in die Haut konfrontiert [7, 8]. Komplikationen treten mit unterschiedlicher Latenz bis mehrere Jahre nach Applikation des Tattoos auf [1, 5, 8, 10]. Neben viralen oder bakteriellen Infektionen wurde auch ein erhöhtes Aufkommen kutaner Tumoren berichtet [4, 9, 10], wie beispielsweise Plattenepithel- oder Basalzellkarzinome [9]. Darüber hinaus können akute und chronische Entzündungen sowie allergische Reaktionen auf Inhaltsstoffe eines Tattoos auftreten [1]. Auch sind nichtinfektiöse, granulomatöse inflammatorische Reaktionen nach Tätowierungen beschrieben [1], für die eine Fremdkörperreaktion auf Pigment als ursächlich angenommen wird [6, 9]. Granulomatöse Reaktion treten insgesamt selten, am wahrscheinlichsten jedoch nach Einbringen von rotem und schwarzem Pigment auf [1, 4, 5, 8]. Sarkoidale Fremdkörperreaktionen finden sich sogar häufiger nach schwarzen Tätowierungen. Wegen oftmals bestehender Unkenntnis über die genauen Inhaltsstoffe führt eine allergische Testung selten zu aussagekräftigen Ergebnissen [10]. Vereinzelt gibt es Berichte über eine fast vollständige Rückbildung der entzündlichen Reaktion nach Tätowierung durch eine anschließende topische oder intraläsionale Lokaltherapie mit Kortikosteroiden [2, 6]. Eine Exzision stellt eine alternative Therapieoption dar [2]. Jones et al. [3] berichten über eine Totalremission einer granulomatösen Entzündungsreaktion an der Lippe innerhalb von 4 Wochen nach erfolgter Biopsie. In den vorliegenden Fällen erwiesen sich die angewandten intraläsionalen kortikosteroidhaltigen Injektionen bei granulomatöser Reaktion als erfolgreich und komplikationslos.
Fazit für die Praxis
-
Tätowierungen können unterschiedliche Komplikationen wie Infektionen oder entzündliche sowie allergische Reaktionen nach sich ziehen.
-
Insbesondere nach Tätowierungen mit roten Farbstoffen treten Entzündungsreaktionen auf.
-
Intraläsionale kortikosteroidhaltige Injektionen stellen eine effektive Therapieoption dar.
Literatur
González-Villanueva I, Silvestre Salvador J (2018) ¿Qué procedimientos diagnósticos deberíamos realizar ante una sospecha de reacción alérgica a un tatuaje? Propuesta basada en nuestra casuística. Actas Dermosifiliogr 109:162–172
Huisman S, van der Bent SAS, Wolkerstorfer A, Rustemeyer T (2019) Granulomatous tattoo reactions in permanent makeup of the eyebrows. J Cosmet Dermatol 18:212–214
Jones B, Oh C, Egan CA (2008) Spontaneous resolution of a delayed granulomatous reaction to cosmetic tattoo. Int J Dermatol 47:59–60
Kluger N (2015) Tattooed people, who are you? Demographic and behavioral characteristics of tattooed individuals. Ann Dermatol Venereol 142(6/7):410–420
Mortimer NJ, Chave TA, Johnston GA (2003) Red tattoo reactions. Clin Exp Dermatol 28:508–510
Quint KD, Genders RE, Vermeer MH (2012) A delayed granulomatous reaction to a cosmetic tattoo of the eyebrows: a report of total regression after intralesional corticosteroid injections. Dermatol Surg 38:951–953
Serup J, Sepehri M, Hutton Carlsen K (2016) Classification of tattoo complications in a hospital material of 493 adverse events. Dermatology 232:668–678
Shinohara MM (2016) Complications of decorative tattoo. Clin Dermatol 34:287–292
Sweeney SA, Hicks LD, Ranallo N, Snyder N 4th, Soldano AC (2013) Perforating granulomatous dermatitis reaction to exogenous tattoo pigment: a case report and review of the literature. Am J Dermatopathol 35:754–756
Wenzel SM, Rittmann I, Landthaler M, Bäumler W (2013) Adverse reactions after tattooing: review of the literature and comparison to results of a survey. Dermatology 22:138–147
Funding
Open Access funding provided by Projekt DEAL.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
C.S. Cussigh, F. Toberer, A. Enk, H.A. Haenssle und C. Fink geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben.
Rights and permissions
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Cussigh, C.S., Toberer, F., Enk, A. et al. Therapieansprechen auf intraläsionale Steroidinjektionen bei granulomatöser Entzündungsreaktion nach Tätowierungen. Hautarzt 71, 805–808 (2020). https://doi.org/10.1007/s00105-020-04654-8
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00105-020-04654-8