Anamnese

Fall 1.

Eine 60-jährige Patientin berichtete bei ihrer Vorstellung über seit 4 Monaten bestehende, schmerzlose, größenprogrediente Knoten an der Unterlippe nach Applikation eines Permanent-Make-ups am Lippenrand 16 Monate zuvor (Abb. 1a–c).

Abb. 1
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Klinik. Fall 1: Krustige und narbige Veränderungen im Bereich der Ober- und Unterlippe bei Erstvorstellung (a). Rückbildung der Knoten 7 Wochen (b) sowie knapp 2,5 Jahre (c) nach kortikosteroidhaltiger Injektion. Fall 2: Multiple Knoten im roten Bereich des Tattoos am linken Unterschenkel bei Erstvorstellung (d,e). Unauffälliges Tattoo 4 Wochen nach Behandlung (f)

Fall 2.

Die Vorstellung einer 56-jährigen Patientin erfolgte wegen seit 6 Monaten bestehender, juckender Knoten innerhalb roter Areale eines Tattoos am linken Unterschenkel, das vor 7 Jahren in Thailand gestochen wurde (Abb. 1d–f).

Beide Patientinnen verneinten relevante Vorerkrankungen, eine Dauermedikation, Schmerzen oder Krankheitsgefühl.

Klinik

Fall 1.

Bei der Inspektion des Gesichtes zeigten sich eine randbetonte weißliche Schuppung und gelbliche Krusten am Lippenrot der Ober- und Unterlippe (Abb. 1a). Zudem imponierten infiltrierte Knoten und narbige Atrophien sowie eine rote, linienförmige Tätowierung entlang der Lippenkontur.

Fall 2.

Am linken Unterschenkel distal lateral fanden sich multiple, derbe Knoten ausschließlich in den roten Arealen einer Tätowierung (Abb. 1d).

Das übrige Integument inklusive der Mundschleimhaut war in beiden Fällen unauffällig.

Diagnostik

Bei Verdacht auf eine allergische Typ-IV-Reaktion auf Bestandteile des Tattoofarbstoffes sowie zum differenzialdiagnostischen Ausschluss einer granulomatösen Entzündungsreaktion infektiöser Genese wurde jeweils eine Probebiopsie entnommen.

Histopathologischer und laborchemischer Befund

Fall 1.

Die Histologie zeigte unter einem hyperplastischen, spongiotisch aufgelockerten Epithel eine granulomatöse Entzündungsreaktion um exogenes rotes und schwarzes Pigment in der oberen Dermis sowie begleitend ein plasmazellreiches, lymphozytäres Infiltrat (Abb. 2a, b).

Abb. 2
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Histologischer Befund. Fall 1: Die Histologie zeigt ein hyperplastisches Epithel sowie rote und schwarze Pigmenteinschlüsse in der oberen Dermis. Zudem findet sich ein lymphozytäres Infiltrat mit Plasmazellen (a HE[Hämatoxylin-Eosin]-Färbung, Originalvergr. 50:1). b Darstellung des Infiltrats, bestehend auf Plasmazellen und Lymphozyten, bei 200-facher Vergrößerung. Fall 2: Histologisch lassen sich im Korium knotig imponierende Infiltrate aus Lymphozyten, Histiozyten und Plasmazellen erkennen, die von einem fibrosierten Bindegewebe umgeben sind. Teils intrazellulär, teils extrazellulär gelegenes rotes, feingranuläres Pigment (c HE-Färbung, Originalvergr. 50:1). Der Auswahlkasten in c wird in d bei 100-facher Vergrößerung dargestellt

Die Treponemen‑, PAS(„periodic acid-Schiff reaction“)- und Ziehl-Neelsen-Färbung ergaben keinen Anhalt auf pathogene Organismen. Eine aufgrund des Plasmazellreichtums durchgeführte Luesserologie und ein Quantiferon-Test (Quantiferon-TB-Gold-Test, Qiagen GmbH, Hilden, Deutschland) waren unauffällig.

Fall 2.

Histologisch fanden sich von einer Fibrose umgebene knotige Ansammlungen von Lymphozyten, Histiozyten und Plasmazellen. Zudem war im Corium feingranuläres, rotes, intra- und extrazelluläres Pigment erkennbar (Abb. 2c, d).

Diagnose

Granulomatöse Entzündungsreaktion nach Permanent-Make-up bzw. Tätowierung mit rotem Farbstoff.

Therapie und Verlauf

Fall 1.

Der Patientin wurde Mometasonfuroat-Creme 2‑mal täglich über 2 Wochen an den betroffenen Hautarealen verordnet. Bei nur mäßigem Therapieansprechen erhielt die Patientin eine intraläsionale Probeinjektion mit Triamcinolonacetonid 40 mg und Scandicain (Aspen Pharma Trading Limited, Dublin, Irland) 1 % im Verhältnis 1:2 in den unteren linken Quadranten der Lippe. Aufgrund einer Befundbesserung im behandelten Bereich erfolgte 16 Tage später eine Injektion der Ober- und Unterlippe. Sieben Wochen nach der einmaligen Injektion war die gewohnte Lippenform zu verzeichnen (Abb. 1b); 28 Monate später zeigte sich der Befund weiterhin unauffällig (Abb. 1c).

Fall 2.

Auch hier wurde wegen fehlenden Therapieansprechens auf Mometasonfuroat-Creme (2-mal täglich über 4 Wochen) eine Injektion nach obigem Schema im betroffenen Areal am linken Unterschenkel durchgeführt. Bereits nach 5 Wochen war kein knotiger Anteil mehr sichtbar (Abb. 1f). Die Patientin berichtete auch 10 Monate nach erfolgter Injektion über einen stabilen Befund.

Diskussion

In den letzten Jahren hat die Inzidenz von Tätowierungen stetig zugenommen [1, 10]. Die Prävalenz liegt mittlerweile bei 3–8 % der Weltbevölkerung [6]. Das Permanent-Make-up stellt eine besondere Form der Tätowierung dar, bei der die Augenbrauen oder die Lippenkontur nachgezeichnet werden [2, 3]. Infolge steigender Beliebtheit von Tattoos sind Dermatologen zunehmend mit unerwünschten Hautreaktionen nach Einbringen verschiedener Farbstoffe in die Haut konfrontiert [7, 8]. Komplikationen treten mit unterschiedlicher Latenz bis mehrere Jahre nach Applikation des Tattoos auf [1, 5, 8, 10]. Neben viralen oder bakteriellen Infektionen wurde auch ein erhöhtes Aufkommen kutaner Tumoren berichtet [4, 9, 10], wie beispielsweise Plattenepithel- oder Basalzellkarzinome [9]. Darüber hinaus können akute und chronische Entzündungen sowie allergische Reaktionen auf Inhaltsstoffe eines Tattoos auftreten [1]. Auch sind nichtinfektiöse, granulomatöse inflammatorische Reaktionen nach Tätowierungen beschrieben [1], für die eine Fremdkörperreaktion auf Pigment als ursächlich angenommen wird [6, 9]. Granulomatöse Reaktion treten insgesamt selten, am wahrscheinlichsten jedoch nach Einbringen von rotem und schwarzem Pigment auf [1, 4, 5, 8]. Sarkoidale Fremdkörperreaktionen finden sich sogar häufiger nach schwarzen Tätowierungen. Wegen oftmals bestehender Unkenntnis über die genauen Inhaltsstoffe führt eine allergische Testung selten zu aussagekräftigen Ergebnissen [10]. Vereinzelt gibt es Berichte über eine fast vollständige Rückbildung der entzündlichen Reaktion nach Tätowierung durch eine anschließende topische oder intraläsionale Lokaltherapie mit Kortikosteroiden [2, 6]. Eine Exzision stellt eine alternative Therapieoption dar [2]. Jones et al. [3] berichten über eine Totalremission einer granulomatösen Entzündungsreaktion an der Lippe innerhalb von 4 Wochen nach erfolgter Biopsie. In den vorliegenden Fällen erwiesen sich die angewandten intraläsionalen kortikosteroidhaltigen Injektionen bei granulomatöser Reaktion als erfolgreich und komplikationslos.

Fazit für die Praxis

  • Tätowierungen können unterschiedliche Komplikationen wie Infektionen oder entzündliche sowie allergische Reaktionen nach sich ziehen.

  • Insbesondere nach Tätowierungen mit roten Farbstoffen treten Entzündungsreaktionen auf.

  • Intraläsionale kortikosteroidhaltige Injektionen stellen eine effektive Therapieoption dar.